Digitale Ökosysteme als Chance für VR-Banken

Genossenschaftliche Start-ups sind im Kommen

Digitale Ökosysteme als Chance für VR-Banken

Klaus-Peter BrunsVorsitzender des Vorstands bei der Fiducia & GAD IT AGDie Digitalisierung stärkt das Selbstbewusstsein der Verbraucher: Dank Online-Vergleichbarkeit im Netz agieren sie heute auf Augenhöhe mit Anbietern aller Art. Das Internet macht Kunden anspruchsvoller und ermöglicht es ihnen zugleich, sich interaktiv an der Gestaltung von Waren und Dienstleistungen zu beteiligen. Mittlerweile ist bereits von “Prosumenten” die Rede – eine Anspielung darauf, dass die klare Grenze zwischen Konsument und Produzent zusehends verschwimmt. In der digitalen Ära ist der Verbraucher somit nicht mehr nur Empfänger, sondern wird zu einem aktiven Part in der Wertschöpfungskette. Die Möglichkeit zur interaktiven Mitgestaltung hängt eng mit dem Trend der gemeinschaftlichen Nutzung materieller Güter zusammen, die den Eigentumsgedanken in vielen Lebensbereichen verdrängt: Carsharing und online vermittelte Unterkünfte sind zwei Beispiele für kollektiven Ko-Konsum, den insbesondere die junge Generation als eine nachhaltige Alternative zu individuellem Besitz empfindet. Via App teilen Menschen heute nicht nur Meinungen und Fotos, sondern auch Wohnungen und Autos oder tauschen Bücher und zu klein gewordene Kinderkleidung aus.Die Sharing Economy ist in aller Munde, doch bleibt es zweifelhaft, ob milliardenschwere Plattformen wie Airbnb und Uber wirklich die Exponenten dieser neuen Ökonomie des Teilens und der Teilhabe sind. Zwar resultiert die Wertschöpfung auch bei ihnen aus der Kollaboration vieler Millionen User – die Gewinne indes teilen sich nur wenige. Anders verhält es sich bei Plattformen, die denjenigen gehören, die sie tatsächlich auch nutzen – wie beispielsweise bei Fairmondo: Der genossenschaftlich organisierte Online-Marktplatz will es mit globalen Playern im Online-Handel aufnehmen und versteht sich selbst als eine Alternative zu Ebay und Amazon. Inzwischen bietet Fairmondo in der Kategorie Bücher schon weit über zwei Millionen Titel an. Mehr als 2 000 Prosumenten haben bereits Anteile an dieser Genossenschaft 2.0 gezeichnet. Sie sind als User damit zugleich Eigentümer von Fairmondo.Weltweit formiert sich derzeit eine genossenschaftliche Start-up-Szene, deren digitales Partizipationsgeschäftsmodell die Ideen von Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch für das digitale Zeitalter neu interpretiert. Anders als bei einer konventionellen Genossenschaft etwa in der Landwirtschaft spielen geografische Distanzen aufgrund der digitalen Vernetzung dabei keine Rolle mehr. Milchbauern, die gemeinsam eine Molkerei betreiben, kennen sich noch persönlich. Bei Usern einer überregionalen Online-Börse gilt das nur in seltenen Ausnahmefällen. Deshalb müssen sich Digitalplattformen das Vertrauen ihrer User erst einmal erwerben.Dieses Vertrauenskapital können Volks- und Raiffeisenbanken in großem Maßstab einbringen. Denn sie kennen jeden Kunden und jedes Mitglied durch persönliche Legitimation. Ihre Reputation hat dem Imageverlust in der Bankenbranche zum Trotz keinerlei Schaden genommen. Hinzu kommt die regionale Verankerung, die manche Genossenschaftsbank schon heute als Grundlage für den Aufbau lokaler Ökosysteme nutzt. In der Zukunft wird es darum gehen, all diese lokalen Ökosysteme mit einer überregionalen Genossenschaftsplattform zu vernetzen, so dass eine überall zugängliche digitale Vertrauensbörse entsteht. Menschen, die sich aktiv in digitale Finanz-Ökosysteme wie eine Crowdfunding-Plattform einbringen, wünschen sich vermutlich auch mehr Selbstständigkeit beim Management ihrer eigenen Finanzen. Die Fiducia & GAD antwortet auf diesen Bedarf mit der Weiterentwicklung des digitalen Haushaltsbuchs: Mit dem agree21 eFinanzmanager können Bankkunden jederzeit und von überall her auf sämtliche Inhalte zugreifen – egal ob VR-BankingApp, E-Banking oder SB-Terminal. Die Zeiten, in denen E-Banking wie eine Einbahnstraße funktionierte, sind in der genossenschaftlichen FinanzGruppe endgültig vorbei. Banken können mit dem optionalen Haushaltsbuch ihr E-Banking-Angebot zu einem vollwertigen interaktiven Vertriebskanal mit bilateralem Postfach für jeden Kunden und seinen Berater inklusive Chat-Möglichkeit ausbauen. Sie bieten ihren Kunden damit den Mehrwert einer verbesserten Steuerung der persönlichen Finanzen. Gleichzeitig lernen VR-Banken den individuellen Kundenbedarf immer besser kennen – und können ihren Kunden folglich situationsgerechte Allfinanz-Angebote noch passgenauer auf den Leib schneidern.Die deutschen Genossenschaftsbanken sind prädestiniert dafür, den Trend in Richtung digitaler Ökosysteme an vorderster Front mitzugestalten. Gelingen kann das am besten mit einer gemeinsamen genossenschaftlichen Digitalplattform, die offen für andere Communities ist. Eine solche Plattform stärkt die regionale Verwurzelung, vertieft Kundenbeziehungen und verbessert somit die Wettbewerbsfähigkeit der Volks- und Raiffeisenbanken.