Digitaler Euro gefährdet Giralgeld der Banken

Positionspapier des DSGV: Digitales Zentralbankgeld darf Intermediäre nicht obsolet machen - Depositen elementar für Kredite

Digitaler Euro gefährdet Giralgeld der Banken

Notenbanken erforschen Konzepte zur Einführung einer digitalen Zentralbankwährung, was nun auch die Sparkassen auf den Plan ruft. In einem wohltemperierten Positionspapier analysieren sie die Lage und stellen klar: Den Giralgeld-Guthaben bei den Banken darf das nicht schaden.bg Frankfurt – Die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe haben mögliche Auswirkungen bei der Einführung von digitalem Zentralbankgeld (CBDC) unter die Lupe genommen und kommen zu dem Schluss, dass im Sinne der Finanzstabilität eine gewisse Vorsicht walten sollte. Denn ein CBDC-System wäre “zumindest partiell Substitut zu Giralgeld”. Giralgeld ist das auf Bankkonten verbuchte Geld, das dann im elektronischen Zahlungsverkehr benutzt wird. Das Giralgeldsystem wird von den Geschäftsbanken im Frontend gesteuert und betrieben, sie setzen dabei auf Backend-Systeme der Notenbanken (Sepa) auf. Auf das Konzept kommt es anDie Chefvolkswirte der Sparkassen plädieren für eine sorgfältige Abwägung “aller Auswirkungen von digitalem Zentralbankgeld” und haben dabei auch gesamtgesellschaftliche Aspekte im Blick – so etwa, ob es überhaupt eine Akzeptanz für CBDC gibt und ob eine Notenbank mit erweitertem Aufgabenspektrum ihre politische, finanzielle sowie technische Unabhängigkeit wahrt. Diese Ordnung dürfe “durch die konkrete Ausgestaltung einer digitalen Währung nicht verletzt werden”, heißt es in dem beim DSGV in der Rubrik “Standpunkte” veröffentlichten Papier.Die Chefvolkswirte des Sparkassensektors werden tätig, da die Notenbanken in Reaktion auf die private Digitalwährung Libra eigene Pläne zur Ausgabe von Digitalwährungen vorantreiben. Dabei ist der Grundgedanke von CBDC zwar nur die Überführung von physischem Bargeld in die digitale Welt – aber wenn diese mit einem erweiterten Zugang zu Zentralbankkonten einherginge, wäre die Rolle der Geschäftsbanken als Bindeglied für den Retail- und Corporate-Sektor möglicherweise gefährdet. Um das zu eruieren, führen die Notenbanken Auswirkungsstudien durch. Die Europäische Zentralbank (EZB) will zur Jahresmitte konzeptuelle Klarheit besitzen über die Machbarkeit eines CBDC-Konzeptes. Von allem, was bislang publiziert wurde, ist davon auszugehen, dass die EZB an der Arbeitsteilung mit den Banken nicht rütteln will.Gleichwohl müssen die Banken natürlich ihre Antennen ausfahren und sich aktiv in die Diskussion einbringen – was die Chefvolkswirte mit ihrem Positionspapier ja tun. Dabei betonen sie naturgemäß die Gefahren, räumen aber, wie zum Beispiel Jürgen Michels, Chefvolkswirt der BayernLB, ein, dass die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung “technologische Vorteile” haben könnte. Reinhold Rickes, Leiter Volkswirtschaft beim DSGV, betont, die Intermediationsfunktion des zweistufigen Bankensystems dürfe nicht gefährdet werden. Die Banken fungierten als “Risk Taker” in der Kreditvergabe, wobei Ausleihungen wiederum von lang- und kurzfristigen Depositen gedeckt sein müssen. Würden Einlagen in größeren Mengen direkt auf Zentralbankkonten gehalten, könnte dies die Fähigkeit der Banken zur Kreditvergabe einschränken – ein Problem, das die EZB für den Zahlungsverkehr bereits adressiert hat und das System wohl so gestalten würde, dass die Konten nur für den unmittelbaren Bedarf des elektronischen Zahlungsverkehrs befüllt sein müssten.Rund 80 % der Zentralbanken untersuchen Implikationen einer CBDC-Einführung. Rund 40 % davon sind bereits den Schritt von grundsätzlicher Forschung hin zu konkreteren Untersuchungen gegangen und 10 % haben Pilotprojekte entwickelt.Die Chefvolkswirte des Sparkassensektors erwarten, dass noch in diesem Jahr “erste Festlegungen” erfolgen werden. Neben Reserven der Banken bei der EZB und physischem Bargeld würde CBDC eine dritte Form von Zentralbankgeld darstellen. Dabei gibt es verschiedene Varianten von CBDC, es sei dann entscheidend, welche Definitionen und Abgrenzungen Notenbanken dann wählen, heißt es. Eine gängige Klassifizierung der Merkmale bezieht sich auf die sogenannte “operationelle Einrichtung”. Dazu heißt es im Paper: “Eine CBDC kann entweder konto- oder wertbasiert ausgestaltet sein. Im Falle einer kontobasierten CBDC (Account-Based CBDC) halten Kunden ihre Gelder auf einem Konto bei der Zentralbank. Im Falle einer wertbasierten CBDC (Value- oder Token-Based CBDC) würde die CBDC ähnlich wie physisches Bargeld direkt als Wertgutschein in die Realwirtschaft emittiert werden.”Der Zugang zur CBDC könnte auch auf Banken beschränkt werden – diese Option hatte die Bundesbank vor einiger Zeit diskutiert und eine gewisse Präferenz für “tokenisiertes Giralgeld” gezeigt – die bestehende Ordnung bliebe gewahrt, ohne dass die Marktteilnehmer auf die Vorzüge digitalisierter Assets verzichten müssten. – Wertberichtigt Seite 8