Digitalisierung im Finanzsektor - Chance für die Region

Hessische Landesregierung arbeitet gemeinsam mit allen Akteuren am Finanzplatz daran, Frankfurt zum Fintech-Hub auszubauen

Digitalisierung im Finanzsektor - Chance für die Region

Die Digitalisierung hat die Welt der Banken, Börsen und Versicherungen erfasst. Mit einer enormen Dynamik stellt sie bewährte Geschäftsmodelle in Frage. Fintechs – moderne Finanz-Technologie-Dienstleister – sind ein eindrucksvolles Beispiel, wie langjährige und fest etablierte Strukturen innerhalb kürzester Zeit einem fundamentalen Wandel unterworfen werden. Dies erfasst zentrale Bereiche wie Zahlungsverkehr, Anlagenverwaltung, Kreditgeschäft, Kapitalmarktfinanzierung, Wertpapierhandel und dessen Abwicklung, Versicherungsgeschäfte. Zunehmend wird klar: Mit den veränderten technologischen Möglichkeiten verändern sich auch die Bedürfnisse der Kunden. Auch für die Zukunft des Finanzplatzes wird das eine zentrale Rolle spielen. Frankfurt ist Bankenhauptstadt. Aber wird es auch Hauptstadt der Fintechs in Deutschland? Potenzial nutzenFür die hessische Landesregierung ist es daher ein logischer Schritt, den Finanzplatz Frankfurt dabei zu unterstützen, sein bestehendes Potenzial als Fintech-Standort zu nutzen und sich zu einem international führenden Fintech-Hub weiterzuentwickeln. Und ich bin davon überzeugt, dass wir das schaffen werden.Frankfurt und die Rhein-Main-Region bieten ein einmaliges Fundament für Innovationsprozesse und Innovationszentren. Im Hinblick auf die geografische Nähe und die Verknüpfung von Informations- und Kommunikationstechnologien mit Finanzdienstleistungen ist die Region selbst aus europäischer Perspektive einzigartig. Dies gilt sowohl für Ausbildung und Forschung – die Keimzelle von Innovationen – als auch für die Industrien selbst. Für Fintech, Financial Technology im materiellen Sinne, dürfte Frankfurt in Europa sehr gut positioniert sein. Internationale FakultätenDie Region beheimatet international anerkannte wirtschaftswissenschaftliche Fakultäten wie die Goethe-Universität Frankfurt oder die Frankfurt School of Finance & Management sowie herausragende Adressen für IT mit der Universität und der Hochschule Darmstadt. Hinzu kommen Forschungszentren, die im Bereich IT-Sicherheit, dem Schlüsselthema im Zeitalter digitaler Finanzdienstleistungen, weltweit Maßstäbe setzen. Diese akademische Expertise verfügt mit dem Finanzplatz über einen direkten Zugang zu enormem Investitionskapital und zur Finanzkraft der Banken und Investoren.Aber der Finanzplatz ist weit mehr als ein potenzieller Geldgeber und Wachstumsförderer der Fintechs. Auch die Nachfrage nach innovativen Finanzdienstleistungen wächst – sei es zur Nutzung innovativer B2B-Lösungen, die Geschäftsprozesse vereinfachen und optimieren, oder seien es B2C-Lösungen, die Geschäftsprozesse den veränderten Bedürfnissen der Kunden anpassen und zukunftsfähig machen. Hier lockt Geschäft. Kurzum: In Frankfurt trifft die Innovationskraft von Fintechs auf die Finanzkraft und das Know-how des wichtigsten Finanzplatzes der Eurozone. Größter InternetknotenAuch im Hinblick auf die IT-Infrastruktur verfügt die Region über außergewöhnliche Rahmenbedingungen. Mit DE-CIX sitzt in Frankfurt der weltweit größte Internetknoten, der einen Datenverkehr von bis zu 5 Terabits pro Sekunde verarbeitet. Deutschlandweit stehen 40 % der Groß-Rechenzentren in Frankfurt – das ist mehr als in jeder anderen Stadt. Das sind harte Standortvorteile für Big-Data-Technologien. Immer mehr Global Player im Cloud-Computing-Markt bauen ihre Rechenzentren in Frankfurt. In der zentralen globalen operativen Einheit des Global Legal Entity Identifier System (GLEIS) laufen die digitalen Barcodes der Marktteilnehmer von Finanztransaktionen weltweit zusammen – auch diese Zentrale eines von der G 20 initiierten Projektes hier in Frankfurt ist Financial Technology im materiellen Sinne.Allzu oft wird allerdings das Thema Fintech allein auf die Anzahl entsprechender Start-ups reduziert. Das halte ich für einen Fehler, denn dies wird weder der vom innovativen Mittelstand geprägten Wirtschaft in Deutschland noch der tatsächlichen wirtschaftlichen Bedeutung moderner Finanztechnologie gerecht. Für uns endet das Thema daher nicht, wenn ein Unternehmen sechs, zwölf oder 24 Monate am Markt aktiv ist – im Gegenteil. Bezieht man auch länger bestehende, hochinnovative Unternehmen mit in die Betrachtung ein, so ist die Region bereits heute erheblich erfolgreicher aufgestellt als oftmals behauptet.Dennoch müssen und wollen wir auch gezielt den Start-up-Bereich und die Gründerszene fördern, um die Talente aus den Hochschulen sowie die hochkompetenten Mitarbeiter der Finanzindustrie mit eigener Geschäftsidee am Standort zu halten. Hervorragende ArbeitGemeinsam mit allen Akteuren am Finanzplatz – insbesondere den Fintechs, Gründerzentren, der Stadt Frankfurt, den Hochschulen sowie den etablierten Finanzdienstleistern, Frankfurt Main Finance – arbeitet die hessische Landesregierung daran, Frankfurt zum Fintech-Hub auszubauen. Dank der Vielzahl sehr engagierter Akteure hat sich das Ökosystem in den letzten Jahren erheblich entwickelt. Die Frankfurter Fintechs, Organisatoren von Fintech-Veranstaltungen sowie universitäre und private Inkubatoren leisten bereits hervorragende Arbeit. Das Erfolgsrezept des Standortes ist es, dass unsere gemeinsame Zielsetzung und der darauf ausgerichtete Prozess nicht von oben verordnet, sondern von unten – aus der Szene selbst – getrieben werden.Das Land Hessen als Partner zur Förderung des Fintech-Hubs folgt daher ebenfalls diesem Bottom-up-Ansatz. Wir wollen die Erfordernisse der hochdynamischen Fintech-Branche kennenlernen und herausfinden, wie wir den Fintech-Hub bestmöglich unterstützen können. Gleichzeitig möchten wir dazu beitragen, die Vielzahl der bestehenden Aktivitäten zu koordinieren und zu bündeln, um das Ökosystem weiter voranzubringen.Unsere vielfältigen Diskussionen mit Fintech-Unternehmen in den letzten Monaten haben gezeigt, dass neben dem Thema “Regulierung” insbesondere die Einrichtung und Etablierung eines zentralen Ortes, der Fintechs unter anderem günstigen und attraktiven Büroraum, Möglichkeiten zur Vernetzung und zum Austausch sowie Zugang zu Beratung und Investoren bietet, als entscheidend für die Entwicklung Frankfurts zum Fintech-Hub erachtet wird. Ich bin sehr zuversichtlich, dass uns dies zeitnah gelingt und wir noch in diesem Jahr ein von mehreren Seiten getragenes Fintech-Zentrum eröffnen können.Insgesamt sollte ein lebendiges Ökosystem entstehen, das verschiedene von Finanzplatzakteuren betriebene Start-up-Zentren beinhaltet, die unterschiedliche Ausrichtungen und Profile vorweisen und sich gegenseitig Anregung geben können. Der Bereich Financial Technology soll enger zusammenwachsen und von den angrenzenden Bereichen, in denen Frankfurt Rhein-Main führend ist, Cyber Security, Software und IT profitieren. Finanzielle UnterstützungNeben der Moderation des Prozesses zum Aufbau eines Fintech-Zentrums stellt das Land eine Vielzahl an Instrumenten zur Verfügung, um den Fintech-Standort und seine Unternehmen zu unterstützen. Dies beinhaltet zum einen die finanzielle Unterstützung und Förderung von Fintechs. Insbesondere in der Früh- und Wachstumsphase stellen wir Start-ups und Ausgründungen zinsvergünstigte Darlehen, Gründerfonds, Beteiligungen und Bürgschaften zur Verfügung. Stärken sichtbar machenZweitens wollen wir die Vernetzung der Fintech-Aktivitäten der Region stärken. Sowohl die Förderung von Forschung und Kooperation zwischen Hochschulen und Forschungszentren an der Schnittstelle von Finance und IT als auch die Unterstützung beim Aufbau und Betrieb eines Fintech-Clusters durch Programme in Rhein-Main sind dabei umfasst. Drittens arbeiten wir an einer verbesserten nationalen und internationalen Vermarktung der vorhandenen Stärken und der Vorteile, die die Region bereits heute bietet.Das Thema Entwicklung des Fintech-Hubs bietet eine besondere Chance, die bestehenden Stärken unserer Region zusammenzuführen, sie sichtbar zu machen und damit die Region in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Wenn wir weiter an einem Strang ziehen, bin ich mir sicher, dass uns das gelingt.—Tarek Al-Wazir, Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung