Do it yourself! - Bankgründung im Mittelstand als Kundenservice
Von Matthias KopkaVerantwortlicher Partner bei Ebner Stolz für den Bereich Financial Services StuttgartNein, die neue, eigene Bank sei keine Ohrfeige für die Bankwirtschaft, stellt Nicola Leibinger-Kammüller klar. “Unsere Kernkompetenz bleibt bei Werkzeugmaschinen und Lasern”, betonte die Vorsitzende der Geschäftsführung der Stuttgarter Trumpf GmbH + Co. KG auf einer Podiumsdiskussion mit Bankern. Die Eurokrise und die missliche Lage der Kunden vor allem in Südeuropa waren der Auslöser, dass das Unternehmen jetzt als erster deutscher Maschinenbauer eine hauseigene vollwertige Bank aufbaut.Mit dem Leasinggeschäft hat Trumpf schon lange gute Erfahrungen gesammelt. Es öffnete Märkte, brachte neue Kunden und verstärkte die Kundenbindung. Das möchte Trumpf nun europaweit ausweiten. Dafür war ein sogenannter EU-Passport nötig, und dafür wiederum wurde eine Vollbanklizenz gebraucht. Die Zielgruppe der neuen Bank sind zum größten Teil kleinere Mittelständler, Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 3 und 5 Mill. Euro. Trumpf kennt seine Kunden gut, kann in vielen Fällen schneller als Finanzierungspartner einspringen als eine klassische Geschäftsbank und das damit verbundene Risiko präziser einschätzen und managen.Seit der Finanzmarktkrise ist die Nachfrage nach Banklizenzen in Deutschland gestiegen. Darunter sind Einkaufsverbünde, Energiehändler, Factoringgesellschaften oder Zahlungsdienstleister. Neben Trumpf als erstem deutschen Maschinenbauer ist mit Siemens und Airbus aber auch das produzierende Gewerbe und Würth aus dem Mittelstand mit eigenen Banken oder maßgeblichen Beteiligungen an Kleinbanken vertreten. Weitere Kandidaten stehen in den Startlöchern.Eine eigene Bank lohnt sich für Unternehmen ab einem Finanzierungsvolumen von 100 Mill. Euro. Dann lassen sich die Fixkosten durch die günstigere Einlagenrefinanzierung mehr als ausgleichen. Die Kosten für die aufsichtsrechtlichen Auflagen einschließlich der Prüfung können bis zu 1 Mill. Euro betragen. Dafür muss der Mittelständler für das benötigte Einlagenkapital aber auch nur erheblich reduzierte Zinsen zahlen.Die Vollbanklizenz wird von der Bonner Aufsichtsbehörde erteilt. Diese prüft vor allem den Geschäftsplan mit sämtlichen vorgesehenen Prozessen, unter anderem zur Risikosteuerung, und die Zuverlässigkeit der Geschäftsleitung. Jeder einzelne Geschäftsprozess muss vorab individuell definiert und dokumentiert werden, die Geschäftsleitung muss Erfahrung im Kreditgewerbe mitbringen. Wegen des großen Andrangs kann die Genehmigung eine Weile dauern. Im Fall von Trumpf benötigte die Behörde fast drei Jahre, bis sie das Vorhaben genehmigte. Wenn es schneller gehen soll, ist der Kauf einer Bank nach dem Vorbild von Würth und Airbus eine Option. Solche kleineren Geschäftsbanken, die sich oftmals nur in Nischen behaupten können, sind für größere Mittelständler durchaus zu haben.Auch die Siemens AG bietet Finanzierungsleistungen nicht erst seit November 2010, als der Konzern seine Vollbanklizenz erlangte. Einer der Auslöser, sich um eine solche Lizenz zu bemühen, war die Sorge, die erhebliche Liquidität des Konzerns im Zuge der Finanzmarktkrise sicher anzulegen. 8 Mrd. Euro wollte Siemens vor vier Jahren nicht ausschließlich den damals kriselnden Geschäftsbanken anvertrauen.Im Investitionsgüterbereich ist die eigene Bank eine wirtschaftliche und brauchbare Alternative zum Leasing. Daneben können Unternehmen mit eigener Bank auch weitere Dienstleistungen in Eigenregie erledigen, ohne eine Geschäftsbank einschalten zu müssen. So kann Kunden Zugang zu Förderbanken und Existenzgründerangeboten verschafft werden. Ähnliches hatte der Wohnungskonzern Deutsche Annington im Blick: Für die Modernisierung zahlreicher Wohnungen kann das Unternehmen Förderkredite beantragen. Den Antrag dafür darf freilich nur eine Bank stellen. Daher mussten die Bochumer ein Kreditinstitut dafür bezahlen, 70 Mill. Euro an Fördermitteln durchzureichen. Diese Ausgabe könnte sich der Wohnungskonzern sparen. Die für eine Banklizenz nötigen Einlagen könnte der Wohnungsriese bei seinen mehr als 200 000 Mietern einwerben.Beinahe wichtiger noch ist der positive Effekt für die Kunden. Wenn ein potenzieller Abnehmer keinen Kredit im Inland erhält, könnte eine Unternehmensbank künftig mit einer Finanzierung einspringen. Vor allem für Kunden aus Italien und Spanien ist diese Unterstützung derzeit wichtig, heißt es beim Bankpionier Trumpf. Viele Unternehmen haben nach Jahren der Schuldenkrise Bilanzen, die jeden Banker abschrecken. Eine Herstellerbank kann jedoch die Geschäftschancen besser einschätzen als so mancher Firmenkundenbetreuer in den Zentralen der Kreditinstitute. Auch Schnelligkeit ist ein Plus, eine unternehmenseigene Bank hat meist kürzere Entscheidungswege.Das damit verbundene Risiko können Unternehmen gut steuern. Sie kennen die typischen Zyklen ihres Geschäfts viel besser als jede Geschäftsbank. Großrisiken sollten sie freilich vermeiden. Empfehlenswert ist, die gesetzlichen Ober-grenzen nur zur Hälfte auszuschöpfen und nicht mehr als 15 % der anrechenbaren Eigenmittel an eine Adresse auszugeben. Besser ist es, viele kleine Risiken einzugehen. Wenn die Branchenkonjunktur schlecht läuft, trifft es alle Kreditnehmer des Kreditportefeuilles. Schlagende Ausfallrisiken können im ungünstigen Fall in engem zeitlichen Zusammenhang eintreten. Das muss dann das Eigenkapital noch abfedern können.