Dritter Cum-ex-Prozess in Bonn gestartet
ak Bonn
Vor dem Landgericht Bonn hat am Donnerstag ein weiterer Cum-ex-Prozess begonnen. Angeklagt ist erneut ein Ex-Banker von M.M.Warburg. Der 63-Jährige war Geschäftsführer der Kapitalanlagetochter Warburg Invest. Es geht um zwei Fonds, die in den Jahren 2009 und 2010 laut Anklage ausschließlich für abgesprochene Aktienkreisgeschäfte rund um den Dividendenstichtag aufgelegt worden waren und deren Gewinn allein aus der doppelten Erstattung nur einmal gezahlter Kapitalertragssteuern resultierte. Investoren in den Fonds waren reiche Privatanleger.
Die Staatsanwaltschaft Köln, bei der die meisten Cum-ex-Fälle in Deutschland gebündelt sind, wirft dem Angeklagten vor, für einen Steuerschaden von knapp 157 Mill. Euro mitverantwortlich zu sein. Sie hatte zunächst Anklage gegen vier ehemalige Banker von Warburg erhoben, deren Verfahren jedoch vom Landgericht coronabedingt getrennt worden waren. Anfang Juni war bereits ein ehemaliger Generalbevollmächtigter des Instituts, damals die rechte Hand von Partner und Mitinhaber Christian Olearius, zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden.
Die Prozesse gegen die beiden weiteren Banker aus der Warburg-Gruppe, die ebenfalls in der zweiten Reihe tätig waren, sind noch nicht terminiert. Gegen die ehemaligen Partner Christian Olearius und Max Warburg wird ebenfalls schon lange ermittelt, Anklageschriften liegen hier aber noch nicht vor. Im allerersten Cum-ex-Strafprozess in Bonn waren im März 2020 zwei geständige britische Aktienhändler zu Bewährungsstrafen verurteilt worden, die zunächst in Diensten der HVB und später auf eigene Rechnung mit der in Gibraltar angesiedelten Ballance-Gruppe für Warburg und andere Finanzdienstleister Cum-ex-Geschäfte orchestriert hatten.
Die Warburg-Gruppe war 2007 zunächst mit Eigenhandelsgeschäften in Cum-ex-Transaktionen eingestiegen. 2009 dehnte sie die Aktivitäten auch auf die Fondstochter Warburg Invest aus, die für die Dividendensaison 2009 den „BC German Equity Special Fund“ und ein Jahr später den „BC German Hedge Fund“ auflegte. Beraten wurde Warburg von Ballance und dem Steuerrechtler Hanno Berger, der in der Schweiz in Auslieferungshaft sitzt. Beide Fonds soll der Angeklagte nach Angaben der Ermittler maßgeblich mit geplant haben. In Gesprächen mit der BaFin im Vorfeld der Genehmigung der Fonds habe er die wahren Handelsstrukturen verschleiert.
Nach dem ersten Verhandlungstag ist klar: Auch der frühere Warburg-Invest-Manager will wie sein im Juni verurteilter Ex-Kollege nicht mit dem Gericht kooperieren. „Den Vorwürfen der Anklageschrift tritt die Verteidigung entgegen“, sagte sein Anwalt Ingo Heuel in einer ersten Stellungnahme. Der Angeklagte werde sich gegenwärtig nicht äußern – „mit der Betonung auf gegenwärtig“.
Konkret müsse festgestellt werden, wie die Vorstellung des Angeklagten zu der damaligen Rechtslage gewesen sei. Heuel warf auch die Frage nach dem Motiv des Angeklagten auf. Warum hätte dieser als angestellter Geschäftsführer das Risiko eingehen sollen, für Steuern in Höhe von mehr als 100 Mill. Euro gegebenenfalls in Haftung genommen zu werden und sich strafbar zu machen, fragte der Verteidiger. Auch die Anklage behaupte nicht, dass der Angeklagte auch nur einen Euro an den Geschäften verdient habe.
Bei der Kölner Staatsanwaltschaft wird aktuell gegen etwa 1100 Beschuldigte ermittelt, die an Cum-ex-Geschäften beteiligt gewesen sein sollen. In Frankfurt zählt die Generalstaatsanwaltschaft 96 Beschuldigte in 13 Komplexen. Die Staatsanwaltschaft München I untersucht in zwei Komplexen Cum-ex-Geschäfte. Das Bankhaus Warburg hat 2020 insgesamt 155 Mill. Euro wegen Cum-ex an den Fiskus zurückgezahlt.