DSGV bangt um Altersvorsorge

Fahrenschon mahnt EZB - Neue Koalition soll Vermögensbildung stärker fördern

DSGV bangt um Altersvorsorge

ge Berlin – Die Null- und Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hinterlässt immer tiefere Spuren. Nach einer Umfrage zum bevorstehenden Weltspartag zeigen sich drei von vier Deutschen in Hinblick auf ihre Ersparnisse besorgt – und diese Besorgnis bezieht sich bei mehr als der Hälfte der Befragten auf die Niedrigzinsen und die Geldpolitik der EZB. “Es ist jetzt wirklich an der Zeit, dass diese Sorge von den Notenbankern gehört und entsprechend gehandelt wird”, forderte Georg Fahrenschon gestern in Berlin. Entsprechend erwartet der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) von dem morgen tagenden EZB-Rat, dass die Zentralbank erste klare Angaben darüber macht, wie ab Januar 2018 der massenhafte Anleiheankauf vermindert werden soll, damit der Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes endlich in Sicht kommt.Als Vorbild nennt Fahrenschon die US-Notenbank, die erste Leitzinsanhebungen vorgenommen hat und Teilbeträge auslaufender Staatsanleihen nicht mehr in Gänze durch Neukäufe ausgleicht. Wichtig sei zudem, dass die erhofften ersten EZB-Signale auf Bundesebene durch wachstumsstärkende Vorhaben, wie den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur, flankiert werden, mahnt der DSGV-Chef in Richtung Politik.Das zum inzwischen 92. Weltspartag vorgelegte Vermögensbarometer dokumentiert, dass parallel zur guten wirtschaftlichen Lage fast sechs von zehn Bundesbürgern ihre eigene finanzielle Situation als gut oder sehr gut bewerten. Das sei der höchste Wert seit zehn Jahren. Dennoch betreibe fast ein Viertel der Bevölkerung keinerlei Vorsorge für das Alter, mahnt Fahrenschon. 13 % der Befragten gäben an, dazu finanziell nicht in der Lage zu sein. Dabei müssten angesichts des ausbleibenden Zins- und Zinseszinseffekts gerade diejenigen mit einem geringeren Einkommen ihre Sparanstrengungen noch verstärken, um nicht sehenden Auges in eine Versorgungslücke im Rentenalter zu schlittern.Sollte die Niedrigzinsphase bis ins Jahr 2030 anhalten, müsste nach einer Analyse von Prognos die Sparquote der privaten Haushalte auf mehr als 17 % im Jahr 2030 steigen, um das gleiche Vermögen wie in einem Szenario mit wieder steigenden Zinsen zu erreichen. Der höchste Wert der zurückliegenden Jahre lag 1991 bei 12,6 %. Im vergangenen Jahr waren es gerade einmal 9,7 %. Um den ausgefallenen Zinseszinseffekt zu kompensieren, müssten die Deutschen in diesem Zeitraum knapp 700 Mrd. Euro zusätzlich sparen, listete Fahrenschon auf – “ein ziemlich unwahrscheinlicher Wert”. Lebensversicherung ist outIn diesem Zusammenhang mahnt der Sparkassenchef die künftige Bundesregierung, in Zeiten niedriger Zinsen die Bildung von Wohneigentum wieder stärker zu fördern, um das Alter besser finanziell abzusichern. Darüber hinaus sollte die Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch vermögenswirksame Leistungen wieder mehr gefördert werden. Nur 28 % der Befragten nehme diese Möglichkeit wahr. Fast ein Drittel nutze sie dagegen nicht, und für gut ein Drittel sei sie gar nicht erst verfügbar. Vor allem bei Beschäftigten mit niedrigem Einkommen und bei Jüngeren herrsche Nachholbedarf.”Hier ist ein deutliches Signal zur Stärkung der Sparkultur notwendig”, fordert Fahrenschon. Notwendig sei die Neuauflage einer Vermögensbildungspolitik für breite Gesellschaftsschichten mit einer Anpassung der Einkommensgrenzen an die allgemeine Preissteigerung, einer Verdopplung der Anlagehöchstbeträge sowie einer Erhöhung der Fördersätze um 5 Prozentpunkte. Dies alles würde die öffentlichen Haushalte lediglich 224 Mill. Euro jährlich kosten.Damit und mit günstigeren Bedingungen für Häuslebauer und Immobilienkäufer “könnte der neue Bundestag viel für den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland tun”, ist Fahrenschon überzeugt. Dies sei umso wichtiger, als Lebens- oder Rentenversicherungen, die vor zehn Jahren noch von zwei Dritteln der Deutschen als geeignet für den Vermögensaufbau galten, heute nur noch von einem Viertel als gut geeignet gesehen werden.