DVFA: Immobilienmarkt anfällig für Trugschlüsse

Kommission warnt Investoren vor Risikoappetit

DVFA: Immobilienmarkt anfällig für Trugschlüsse

jsc Frankfurt – Immobilienanleger in Deutschland schätzen Risiken und eigene Fähigkeiten nach Auffassung eines Expertengremiums der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) womöglich falsch ein und neigen zu Risiken. Nach Jahren steigender Immobilienpreise haben Investoren das Gefühl für tatsächliche Gefahren mitunter verloren, wie die Immobilien-Kommission des Berufsverbands in einem aktuellen Bericht nahelegt. Die Autoren Thomas Beyerle von der Immobilienfirma Catella und Timo Tschammler und Markus Fehrenbacher von Jones Lang LaSalle distanzieren sich von dem Modell rational handelnder Akteure. Auch stehe die tatsächliche Risikobereitschaft im Kontrast zu den Angaben von Marktteilnehmern, die sich in Umfragen meistens als vorsichtig einstufen, wie der Bericht “Investorenverhalten am Ende (?) des Zyklus” darlegt.Ein höherer Risikoappetit zeigt sich demnach erstens durch neue Anlageklassen. Das Transaktionsvolumen von Logistik- und Industrieobjekten etwa stieg seit 2013 deutlich schneller an als von klassischen Büroimmobilien. Zweitens neigen Investoren weiter zu einer ABBA-Strategie: Sie wählen verstärkt in den führenden Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Düsseldorf, Stuttgart und Frankfurt (A-Städte) Objekte in weniger guter Lage (B) aus, während sie zugleich in weniger großen B-Städten auf Immobilien in guter A-Lage setzen. Dieser Trend besteht demnach schon länger und hat sich zuletzt teils abgeschwächt, ist aber kennzeichnend für den Markt. Drittens hat sich der Anteil von Immobilien, die nach Erwerb noch entwickelt werden müssen (“Core plus”, “Value Add” und “opportunistisch”) seit 2010 vergrößert. “Anleger gehen im aktuellen Zyklus eher höhere Risiken ein, als auf Rendite zu verzichten”, fasst die DVFA die Ergebnisse zusammen.Der Bericht warnt vor einer Reihe an Trugschlüssen, die in der Verhaltensökonomie beschrieben werden: Menschen verlieren demnach in lang anhaltenden Aufschwungphasen leicht das Gespür für Risiken, werten Informationen einseitig gemäß ihrer Weltsicht aus, orientieren sich zu sehr an der Meinung der breiten Masse oder etablierter Autoritäten, überschätzen leicht ihre Fähigkeiten und schreiben einen Anlageerfolg voreilig sich selbst zu. Die Autoren analysieren das Verhalten der Investoren “vor diesem Hintergrund”. Vielstimmiges GremiumDer Kommission, die von Professor Sven Bienert des IRE/BS-Instituts für Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg geleitet wird, gehören insgesamt knapp 40 Immobilienfachleute aus diversen Fondsadressen, Immobiliengesellschaften und Beratungshäusern an – entsprechend vage fällt das Fazit des vielstimmigen DVFA-Gremiums in dem Bericht aus. So lässt das Papier offen, ob und inwiefern professionelle Anleger bereits diversen Trugschlüssen aufsitzen – tatsächlich sind die Strategien der Investoren nach Darstellung der Autoren rational begründbar. Auch auf ein Ende des Booms legt sich der Bericht nicht fest. Ein möglicher Wendepunkt wäre demnach eine Zinswende, die ab 2020 denkbar wäre und Investoren wie Versicherer und Pensionskassen bewegen könnte, wieder verstärkt in klassische Anleihen statt in Immobilien zu investieren. Allerdings sei ein Ende der Aufschwungphase nicht absehbar, relativieren die Autoren.