DWS will Einfluss auf Hauptversammlungen geltend machen

ESG-Anträge haben in Deutschland bislang Seltenheitswert - Vergütungs- und Entlastungsabstimmungen werden als Hebel genutzt

DWS will Einfluss auf Hauptversammlungen geltend machen

Von Christiane Lang, FrankfurtUmwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) nehmen nicht nur in der Kapitalanlage, sondern auch auf Hauptversammlungen einen breiteren Raum ein. Vermögensverwalter und Fondsgesellschaften, die eigene ESG-Standards entwickeln, können nicht nur im direkten Dialog Einfluss auf die Unternehmenspolitik nehmen, sondern auch durch öffentlichkeitswirksame Auftritte in der Aktionärsversammlung. Wie die Unternehmensberatung HKP Group festgestellt hat, nehmen Fragen der Nachhaltigkeit inzwischen verstärkt Einfluss auf das Stimmverhalten in Hauptversammlungen.In der diesjährigen Hauptversammlungssaison haben sich institutionelle Anleger vor allem im sogenannten G-Bereich, also den Governance-Themen, positioniert. Das zeigte sich vor allem dort, wo die Entlastungsbeschlüsse für Vorstand oder Aufsichtsrat nicht die üblichen 99-Prozent-Ergebnisse erreichten. Für besonderes Aufsehen sorgten die Aktionäre von Bayer und UBS, indem sie deren Gremien Entlastung verweigerten. Bei anderen, wie der Deutschen Bank und Fresenius Medical Care, fielen die Voten zum Teil ungewöhnlich knapp aus.Für Nicolas Huber, Head of Corporate Governance bei der DWS, ist der Fokus auf die gute Unternehmensführung kein Zufall: “Wenn ein Unternehmen eine gute Governance hat, dann treten erfahrungsgemäß auch deutlich weniger Umwelt- und Sozialprobleme auf.” Die DWS habe im laufenden Jahr in Deutschland auf 195 Aktionärstreffen abgestimmt, in 34 % der Fälle die Verwaltungsvorschläge abgelehnt und sich in 4 % enthalten. Bei der Wahl und Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat habe die Fondstochter der Deutschen Bank in 34 % der Fälle mit Nein gestimmt und in 37 % die Wahl des Abschlussprüfers abgelehnt.ESG-Themen würden auf deutschen Hauptversammlungen zwar durchaus angesprochen, aber es gebe dazu nur wenige Abstimmungen. Huber: “Oftmals handelt es sich dabei dann um Transparenzforderungen bezüglich der nachhaltigen Aktivitäten.” Der DWS-Manager sieht neben Entlastung und Wiederwahl von Vorstand und Aufsichtsrat auch die Abstimmung über die Vorstandsvergütungen als Ansatzpunkt für die Durchsetzung von ESG-Themen auf Hauptversammlungen und bestätigt damit eine Beobachtung von HKP.Es reiche eben nicht, ESG-Themen allein im Investmentprozess zu adressieren, sondern diese Themen müssten auch in eine Abstimmung auf Hauptversammlungen münden, betont Huber. In den USA gibt es Beobachtern zufolge mehr konkrete Aktionärsanträge zu ESG-Themen als hierzulande. Diese sogenannten Shareholder Proposals werden vor allem von Nichtregierungsorganisationen in die Aktionärsabstimmungen eingebracht.Dies führt jedoch offenbar selten zu konkreten Erfolgen. Am Rande der diesjährigen Responsible Investment Conference PRI in Paris sagte DWS-Chef Asoka Wöhrmann, die Mehrheit der Beschlüsse zu Umwelt- und Sozialthemen auf US-Hauptversammlungen hätten im vergangenen Jahr weniger als 30 % der Ja-Stimmen erhalten. Für ihn sei das “nicht akzeptabel”. Die Branche müsse ihren Einfluss als treuhänderischer Vermögensverwalter nutzen, um die Unternehmen, in die sie investiert, nachhaltiger zu machen.