EBA verschiebt Stresstest-Publikation

Banken erhalten mehr Zeit für Lieferung von Daten - EZB muss ihre aufsichtliche Überprüfung und Bewertung anpassen

EBA verschiebt Stresstest-Publikation

Im kommenden Jahr wird sich die Publikation der Stresstestergebnisse der European Banking Authority (EBA) um mehrere Monate verschieben. Grund: Europas Banken können nicht rechtzeitig valide Daten für die Berechnung der Belastungsprobe liefern. Die EZB-Bankenaufsicht muss deshalb nun den Ablauf ihrer aufsichtsrechtlichen Überprüfung (SREP) im kommenden Jahr anpassen. Von Bernd Neubacher, FrankfurtDie Vorbereitungen für den nächsten Stresstest der European Banking Authority (EBA) sind gerade erst angelaufen, da gibt es schon wieder Probleme. Diesmal ziehen sie eine Verschiebung des Resultats der Belastungsprobe um mehrere Monate nach sich. Der ursprüngliche Zeitplan ist nicht zu halten, da die Banken zuvor keine belastbaren Daten unter Berücksichtigung der Bilanznorm IFRS 9 liefern können. Die Lieferung zieht sichNach einer Diskussion mit der Branche habe das Board of Supervisors der EBA entschieden, den Zeitplan auszudehnen, um “die Herausforderungen zu berücksichtigen, welche die Einführung von IFRS 9 hinsichtlich der Verfügbarkeit von Startpunktdaten Anfang 2018 darstellt”, teilt die Londoner Behörde mit. Der Standard IFRS 9 tritt mit Beginn des kommenden Jahres in Kraft und sieht vor, dass sich die Bildung von Risikovorsorge nicht mehr an bereits entstandenen, sondern an erwarteten Belastungen im Kreditgeschäft orientiert. Dies wird die Ergebnisse und die Kapitaldecke der Banken den Erwartungen zufolge schmälern. Gemäß dem Zeitplan, den die EBA zu Wochenbeginn vorgelegt hat, müssen die Banken erste Daten zum im Januar anlaufenden Stresstest erst Anfang Juni einreichen, mit weiteren Lieferungen können sie sich Zeit lassen bis weit in den Oktober hinein. Am 2. November steht dann die Publikation der Ergebnisse an (siehe Grafik). Die Methodik will die EBA dagegen schon in diesem November präsentieren. Im Februar hatte die Behörde noch angekündigt, der Stresstest dürfte im Januar 2018 beginnen, und seine Ergebnisse sollten Mitte des Jahres öffentlich werden.Gegen diesen Zeitplan aber sind die Banken letztlich erfolgreich auf die Barrikaden gegangen. Nach dem ursprünglichen Zeitplan hätten die Institute schon in den ersten Monaten des Jahres ihre die Effekte von IFRS 9 berücksichtigenden Daten zum Stresstest mit dessen Startzeitpunkt Ende 2017 an die EBA bzw. an ihre nationalen Aufseher liefern müssen. In ihren Abschlüssen werden die Banken erstmals aber erst Ende 2018 nach der neuen Norm bilanzieren müssen. Tatsächlich stecken viele Häuser noch in ihren Projekten zur Umsetzung von IFRS 9, obwohl es an Mahnungen von Aufsehern, die Bilanzreform frühzeitig anzugehen, zu keinem Zeitpunkt mangelte. Die Folge: Früh im Jahr 2018 hätten die Institute kaum brauchbare Daten liefern können.Möglicherweise hätte daher manch solide Bank infolge dieses Effekts Besorgnis erregende Resultate gezeigt, während klammere Banken besser ausgesehen hätten, wie es bei Beobachtern heißt. Der mehrmonatige Aufschub für die Banken soll nun eine bessere Datenbasis gewährleisten, obwohl die Institute nach dem neuen Zeitplan mit der ersten Lieferung im Juni schon IFRS-9-Daten einreichen müssen, wie die EBA auf Anfrage mitteilt.Nach Informationen der Börsen-Zeitung hatte wegen des Problems auf Ebene der EU-Länder bereits vor zwei Monaten gar eine Verschiebung des Stresstests um ein ganzes Jahr zur Debatte gestanden. Vor allem mit den Stimmen kleinerer Länder war dies verworfen worden. Daraufhin hatten die großen Banken der Eurozone schriftlich bei der für Finanzstabilität und Kapitalmärkte zuständigen Generaldirektion der EU-Kommission (GD Fisma), der EBA sowie der EZB interveniert und erklärt, sie könnten für die Qualität vorzeitig gelieferter Daten nicht garantieren.Nicht zuletzt befürchteten die Großbanken enorme Rechtsrisiken. Ein Brandbrief des in Brüssel ansässigen Prüferverbands Accountancy Europa hatte den Vorstoß flankiert. Unter keinem guten SternFür die EBA, welche, wie ihr im Markt zugestanden wird, ihren ursprünglichen Zeitplan beizeiten bekannt gegeben und dabei auch über die Berücksichtigung von IFRS 9 informiert hatte, zunächst ohne einen Aufschrei aus der Branche zu ernten, ist die jüngste Episode ein weiteres Kapitel einer Historie an Stresstests, die einfach nicht unter einem guten Stern zu stehen scheinen. So hatte die Behörde nach ihrem Stresstest 2010 die beiden größten Banken Irlands durchgewunken, nur Monate bevor das gesamte Bankensystem auf der Insel kollabieren sollte. Im Jahr darauf hatte sie Dexia als überdurchschnittlich sicher eingeordnet. Kurz darauf war die französisch-belgische Bank ein zweites Mal auf staatliche Hilfe angewiesen. 2013 dann hatte die EBA die Belastungsprobe vorzeitig um ein Jahr verschoben, um zunächst den Bilanz-Check zum Start der europäischen Bankenaufsicht durch die EZB abzuwarten. 2015 waren die Ergebnisse, vermutlich dank inzwischen vereinheitlichter Bewertungsmaßstäbe, konsistenter. Am schlechtesten schnitten 2015 damals unter anderem Banco Popular und Monte dei Paschi di Siena (MPS) ab. Banco Popular schlug die EU-Bankenabwicklungsbehörde SRB vor einigen Monaten Santander zu, MPS bewahrte der italienische Staat vor dem Untergang. Am Stresstest 2018 werden in Deutschland die Bayerische Landesbank, Commerzbank, Deutsche Bank, DZ Bank, LBBW, Helaba, Nord/LB, NRW.Bank und Volkswagen Financial Services teilnehmen.Während die Verschiebung des Stresstests für die EBA kein größeres Problem darstellen dürfte, hat diese nun Folgen für die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB). Denn sie greifen neben anderem auf die Ergebnisse der zweijährlichen EBA-Stresstests zurück, um im Zuge ihrer aufsichtlichen Überprüfung und Bewertung (Supervisory Review and Evaluation Process/SREP) individuelle Eigenkapitalanforderungen an die Banken zu formulieren.In diesem Jahr lief dieser Prozess Ende August an und gilt am heutigen Donnerstag, exakt ein Jahr vor der geplanten Veröffentlichung der Stresstestergebnisse 2018, schon als so gut wie abgeschlossen – dabei hat sich die EZB zur Ermittlung ihrer Kapitalanforderungen mangels EBA-Stresstests der Resultate ihrer jüngsten Erhebung zu den Folgen des Zinstiefs bedient. Suche nach Alternativen2018 dürften die Stresstestergebnisse für den SREP zu spät kommen. Ein Sprecher der EZB, die im Board of Supervisors der EBA vertreten ist, erklärte am Mittwoch denn auch auf Anfrage, der Zeitablauf des SREP im kommenden Jahr werde angepasst. Nicht nur die EZB, auch die Aufseher etwa in Polen und Großbritannien, die ebenso auf den EBA-Test zurückgreifen, müssen sich nun Lösungen überlegen.Wie die EZB ihren SREP anpassen wird, ist noch offen. Eine Lösung, um die Verzögerung zu begrenzen, könnte darin bestehen, die individuellen Kapitalquoten zunächst auf Basis vorläufiger Daten zu ermitteln, mit dem Versand der entsprechenden Bescheide aber zu warten, bis die Stresstestergebnisse berücksichtigt werden konnten.