"Ein Akt unerhörter Hegemonialpolitik"

Chef der Deutschen Bank Luxembourg erhebt wegen Fatca schwere Vorwürfe gegen die USA - Hommage auf den Finanzplatz

"Ein Akt unerhörter Hegemonialpolitik"

Banker, die US-Steuergesetze einhalten, stehen in Luxemburg mit einem Bein im Gefängnis, beklagt die dortige Tochter der Deutschen Bank. Den Finanzplatz Luxemburg lobt ihr Chef in den höchsten Tönen.ski Luxemburg – Der CEO der Deutschen Bank Luxembourg, Ernst Wilhelm Contzen, hat massive Kritik an der Steuergesetzgebung der USA geübt. Der Foreign Account Tax Compliance Act (Fatca), der ausländischen Instituten umfangreiche Melde- und Auskunftspflichten über Konten von US-Bürgern auferlegt, sei “ein Akt unerhörter Hegemonialpolitik”, sagte Contzen auf dem Luxemburger Finanzmarkt-Forum, das zum 23. Mal von der dortigen Tochter der Deutschen Bank und der Börsen-Zeitung veranstaltet wurde. Mit diesem Gesetz würden einer Vielzahl von Staaten unilateral Informationspflichten aufgezwungen. “Der Staat, welcher Steueroasen in Delaware oder Florida beheimatet, aus denen keinerlei Information nach außen fließt, sieht sich berechtigt, von anderen Staaten ebensolche Informationen einzufordern – und dringt damit auch noch durch”, beklagte Contzen.Die EU habe sich hier ganz klar über den Tisch ziehen lassen. Es gehe nicht nur um Steuern, sondern auch um eine Wettbewerbsverzerrung. Luxemburger Banken könnten faktisch keine US-Kunden mehr betreuen, weil die Institute nach US-Recht Angaben machen müssten, wofür sie in Luxemburg ins Gefängnis gingen, weil diese Meldungen dort verboten seien.Vor allem Fatca und das Scheitern des geplanten Steuerabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz sieht Contzen als Gründe dafür, dass der automatische Austausch von Steuerinformationen zwischen Staaten sich zum internationalen Standard entwickelt. Die Luxemburger Regierung hat angekündigt, den automatischen Austausch Anfang 2015 einzuführen, verlangt aber, dass dieser sich nicht auf die EU beschränken darf, sondern auch Drittstaaten umfassen muss.Die Auswirkungen des Informationsaustauschs auf den Finanzplatz Luxemburg werden aus Contzens Sicht relativ begrenzt bleiben. Schon der Austausch auf Anfrage auf Basis der 2009 übernommenen OECD-Regeln habe die Abschaffung des Luxemburger Steuergeheimnisses bedeutet. Seitdem habe sich die dortige Vermögensverwaltung strukturell erheblich verändert. Während das verwaltete Vermögen im Private Banking stabil bei 300 Mrd. Euro liege, machten Vermögen bis 500 000 Euro nur noch 14 % des Gesamtbetrages aus, wohingegen schon 59 % auf Anlagesummen von mehr als 5 Mill. Euro entfielen. Zugleich sei der Anteil von Kunden aus Staaten außerhalb der EU auf 40 (2008: 33) % gestiegen. Der Strukturwandel des Bankenplatzes werde sich nun lediglich noch beschleunigen. “Unsere Banken und unsere Kunden wissen seit langem, dass steuerliche Transparenz unumgänglich ist und das Zukunftsmodell jedes seriösen Finanzplatzes sein muss”, sagte Contzen, der auch Präsident der Luxemburger Bankenvereinigung ABBL ist. Papierberge statt GeldEr wisse jedoch nicht, ob sich die EU-Finanzminister wirklich im Klaren seien, was sie künftig von Luxemburg erhalten: Sei bisher Geld geflossen, das per Abgeltungsteuer im Großherzogtum erhoben und in die Herkunftsländer der Anleger überwiesen worden sei, würden künftig Berge von Papier geliefert, das mühsam ausgewertet werden müsse.In Zukunft werde es weniger als die zurzeit 143 Banken in Luxemburg (vgl. Grafik) geben, dafür aber umso mehr qualitativ hochwertige Institute. Etwa 70 – meist Töchter ausländischer Großbanken – fielen unter die Aufsicht der EZB. Eine Herausforderung werde darin bestehen, dass die Aufsicht auch EU-weit trotz verschiedener zuständiger Behörden weiter nach denselben Maßstäben ablaufe.Contzen, der sich, wie bereits bekannt, am Jahresende aus dem aktiven Geschäft zurückzieht (an der ABBL-Spitze bleibt er bis April 2014), nutzte seinen letzten Auftritt als Veranstalter des Forums für eine Hommage auf den Finanzplatz Luxemburg, das siebtgrößte internationale Finanzzentrum, weltweit zweitgrößter Fondsstandort nach den USA und Nummer 1 im Private Banking in der Eurozone. Zugleich sei Luxemburg ein Kompetenzzentrum der Versicherungswirtschaft (mehr als 340 Gesellschaften). Der Platz, der sich unter anderem durch eine solide Gesetzgebung, Planungssicherheit und “eine strenge, aber businessbezogene Finanzaufsicht” auszeichne, habe sich während seiner bisher fast 50-jährigen Erfolgsgeschichte immer wieder neu erfunden. Auch heute gebe es Raum und Anlass für kreative, wohlgemerkt legale Lösungen. Contzen nannte als aktuelle Beispiele die Einführung einer neuen Gesellschaftsform für Private-Equity-Häuser, die für 2014 geplante Schaffung einer Freihandelszone für die Verwahrung wertvoller Güter oder das Gesetzesvorhaben für private Vermögensstiftungen (“Fondation patrimoniale”).