Ein starkes Land im Wandel zu mehr Nachhaltigkeit

Coronakrise stellt alle vor ungeahnte Herausforderungen - Das in vielen Bereichen notwendige Umdenken eröffnet aber auch neue Chancen

Ein starkes Land im Wandel zu mehr Nachhaltigkeit

Nordrhein-Westfalen ist ein Wirtschaftsraum im Herzen Europas, der sich ständig im Wandel befindet und doch bemerkenswerte Kontinuitäten aufweist. So trägt unser Land mit seiner wirtschaftlichen Stärke seit Jahrzehnten maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands und vieler europäischer Regionen bei. 17,9 Millionen Nordrhein-Westfalen haben 2019 ein Bruttoinlandsprodukt von über 700 Mrd. Euro erwirtschaftet – so viel wie kein anderes Bundesland. Wäre Nordrhein-Westfalen ein eigener Staat, läge er auf Rang 19 der Welt – vor der Schweiz, Schweden, Polen oder Belgien.Rund 120 000 neue Unternehmen werden hier jedes Jahr gegründet. Ein Fünftel aller Start-ups bundesweit und acht von 30 Dax-Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Nordrhein-Westfalen. Unsere 63 Universitäten und Hochschulen haben 2019 rund 110 000 Absolventen hervorgebracht und gehören – wie zum Beispiel die Exzellenzuniversität Bonn – zu den besten Deutschlands. Große HerausforderungenBei dieser guten Ausgangslage könnte man meinen, unser wirtschaftlicher Erfolg sei ein Selbstläufer. Das aber ist ein Trugschluss. Das wirtschaftliche, kulturelle und politische “Ökosystem”, das dem Erfolg zugrunde liegt, muss nachhaltig gepflegt werden. Das sehen wir gerade in der aktuellen Situation, in der wir mehreren großen, sehr unterschiedlichen Herausforderungen gegenüberstehen: Ich nenne vor allem die Corona-Pandemie, den Klimawandel und den Brexit. Für die Politik heißt eine wichtige Frage in dieser Lage: Wie schaffen wir die richtigen Rahmenbedingungen, um schnelle Investitionen in Deutschland zu ermöglichen und Klimaschutz, Wettbewerbsfähigkeit und sozialen Ausgleich zusammenzubringen?In Nordrhein-Westfalen steht nach dem jahrzehntelangen Strukturwandel in der Steinkohleförderung nun – in viel kürzerer Zeit – der Ausstieg aus der Braunkohleförderung und der Kohleverstromung insgesamt an. Das ist eine historische Aufgabe, an der sich zeigen muss, wie in einem Industrieland der Wandel zu einer klimaneutralen Wirtschaft gelingen kann und wir dabei gleichwohl ein leistungsfähiger und attraktiver Industriestandort bleiben.Deshalb intensivieren wir gemeinsam mit dem Bund und der Europäischen Union (EU) unsere Bemühungen, den Transformationsprozess der Industrie erfolgreich und nachhaltig zu gestalten – etwa durch einen Ausbau der Wasserstoffwirtschaft. Dabei werden in Zukunft auch nachhaltige Anleihen eine größere Rolle spielen. Nordrhein-Westfalen ist hier Vorreiter und hat im Oktober 2020 bereits seine siebte Nachhaltigkeitsanleihe ausgegeben. Abbau von BürokratieAber wir brauchen in der aktuellen Transformation unserer Wirtschaft auch weitere Impulse für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand. Vor allem müssen wir es in vielen Bereichen Unternehmern einfacher machen, zum Beispiel durch den Abbau von zeit- und kostenintensiver Bürokratie. In Nordrhein-Westfalen haben wir deshalb seit 2017 mit bisher insgesamt fünf Gesetzespaketen den Abbau von bürokratischen Hemmnissen vorangetrieben. Mit diesen Entfesselungspaketen haben wir bereits 60 Regelungen abgeschafft oder vereinfacht und beispielsweise Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt.Auch die Digitalisierung der Verwaltung schieben wir mit Hochdruck an – mit dem Ziel, bis 2025 vollständig digital zu sein. Wir haben zum Beispiel die digitale Gewerbeanmeldung eingeführt, um neuen Unternehmen den Start zu erleichtern. Unser Ziel ist es, das Land mit den besten Bedingungen für Gründerinnen und Gründer und den geringsten bürokratischen Hürden für alle Unternehmer zu sein. Konzept ist VorbildDieses Konzept aus Nordrhein-Westfalen ist Vorbild. Wir wollen es jetzt in einer Bundesratsinitiative mit 48 konkreten Vorschlägen auf den Bund übertragen. Denn für ganz Deutschland ist beim Bürokratieabbau mehr möglich. Ein Bürokratieabbauprogramm wäre auch eine effektive dritte Säule zur Abfederung der Folgen der Coronakrise neben den Rettungs- und Konjunkturprogrammen.Die Coronakrise stellt uns vor immense, vor einigen Monaten noch ungeahnte Herausforderungen. Sie zwingt uns in vielen Bereichen zum Umdenken, eröffnet aber auch neue Chancen, um Dinge möglich zu machen. Daraus können innovative Projekte entstehen, wie zum Beispiel die “Task Force-Banken” in Nordrhein-Westfalen. Hier tauschen sich die Verbände der Kreditwirtschaft, die Hauptverwaltung der Bundesbank in Nordrhein-Westfalen, die NRW.Bank und Vertreter des Landes aus und geben wichtige Impulse im Hinblick auf Liquiditätshilfen und weitere regulatorische Erleichterungen. VernetzungsinitiativeDie Task Force ist auch die Grundlage für Fin.Connect.NRW, eine am 15. Juni 2020 gestartete, branchenübergreifende Initiative unseres Ministers für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, Prof. Dr. Andreas Pinkwart. Hier geht es um die Vernetzung der Kreditwirtschaft, der Bundesbank, der Industrie- und Handelskammern, der Wissenschaft und von allen, die an den Zukunftsthemen des Finanzplatzes Nordrhein-Westfalen mitwirken wollen.Über diese Vernetzungsinitiative freue ich mich sehr und hoffe, dass sich noch mehr Akteure beteiligen. Finanzplätze wie Stuttgart haben gezeigt, dass durch Vernetzung und Kooperation an einem Finanzplatz ein “Ökosystem” für Unternehmen und Investitionen entstehen kann, das einen echten Vorteil für alle bietet. Das wollen wir auch in Nordrhein-Westfalen erreichen, und ich bin gespannt auf viele neue Ideen und Entwicklungen in unserem Land und an unserem Finanzplatz. Damit wir auch in Zukunft ein starkes Land sind, das auf dem Weg zu noch mehr Nachhaltigkeit vorangeht. Armin Laschet, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen