Im GesprächFlorian Witt, Oddo BHF

„Einfluss afrikanischer Finanzinstitute wächst“

Im Mittelpunkt des German-African Business Summit 2024 stand die Schlüsselrolle von Banken für Afrikas wirtschaftliche Entwicklung. Diskutiert wurden Themen wie Finanzsouveränität, Digitalisierung im Bankensektor, internationale Kooperationen und neue Finanzmärkte.

„Einfluss afrikanischer Finanzinstitute wächst“

Im Gespräch: Florian Witt

„Einfluss afrikanischer Finanzinstitute wächst“

Mobile Banking und moderne Kernbankensysteme machen Banken in Afrika effizient – Oddo-BHF-Banker plädiert für mehr Offenheit in Europa

Im Dezember 2024 fand der 5. German-African Business Summit statt. Im Mittelpunkt stand die Schlüsselrolle von Banken für Afrikas wirtschaftliche Entwicklung. Über 900 Teilnehmende diskutierten Themen wie Finanzsouveränität, Digitalisierung im Bankensektor, internationale Kooperationen und neue Finanzmärkte.

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Im Mittelpunkt des 5. German-African Business Summit (GABS) standen die Finanzwirtschaft und die zentrale Rolle von Banken bei der Gestaltung der wirtschaftlichen Zukunft Afrikas. Mit mehr als 900 Teilnehmenden aus 36 afrikanischen Ländern sowie Vertretern aus Deutschland bot die Veranstaltung eine Plattform für den Aufbau nachhaltiger Geschäftsbeziehungen. Florian Witt, Afrika-Experte der Bank Oddo BHF: „Die Wahrnehmung von Risiken in Afrika ist in Deutschland oft von Vorurteilen geprägt. Doch wer sich die Fakten ansieht, erkennt: Afrikas Finanzsystem hat sich in den letzten 25 Jahren enorm entwickelt.“

Ein Beispiel sei die Veränderung der Bankenlandschaft in der Elfenbeinküste. Vor 25 Jahren waren 75% der Bankaktiva in der Hand französischer Banken. Heute sind sie fast ausschließlich in ivorischer Hand. „Das ist ein Gewinn an finanzieller Souveränität, der es den Ländern erlaubt, ihre Ressourcen gezielter und gemäß ihren Prioritäten einzusetzen“, sagt Witt.

Chancen der Fragmentierung

Mit 54 Staaten ist Afrika ein diversifizierter Kontinent mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Diese Fragmentierung wird oft als Herausforderung gesehen, birgt aber laut Witt auch Vorteile: „Afrika bietet durch seine Vielfalt die Möglichkeit, unabhängige Lieferketten aufzubauen und die Abhängigkeit von Einzelmärkten zu reduzieren.“ Auch die fortschreitende Digitalisierung spiele eine entscheidende Rolle. Mobile Banking und moderne Kernbankensysteme würden afrikanische Banken zum Teil effizienter und wettbewerbsfähiger machen als ihre europäischen Institute. „Viele afrikanische Banken haben den Vorteil, mit moderner Technologie von Grund auf neu aufgebaut worden zu sein“, so Witt.

Kooperation statt Konkurrenz

Ein zentrales Thema auf dem GABS war die Frage, wie europäische Banken mit afrikanischen Partnern zusammenarbeiten können. Florian Witt: „Wir treten nicht in Konkurrenz zu afrikanischen Banken, sondern unterstützen sie durch Korrespondenzbankbeziehungen und den Zugang zu internationalen Finanzmärkten.“ Oddo BHF ist in 40 afrikanischen Ländern aktiv: „Unsere Aufgabe ist es, finanzielle Inklusion zu fördern und Länder mit den globalen Finanzmärkten zu verbinden. Das ist ein essenzieller Beitrag zur nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung“, so Witt.

Vierte Phase afrikanischer Banken

Afrikanische Banken befinden sich laut Witt in einer entscheidenden Phase ihrer Entwicklung. Nach der Konsolidierung der lokalen Märkte, der Stärkung des Eigenkapitals und der regionalen Expansion steht nun die Internationalisierung an. „Banken wie die Equity Bank aus Kenia oder die Bank of Africa expandieren bereits nach Europa. Das zeigt den wachsenden Einfluss afrikanischer Finanzinstitute auf die globale Wirtschaft“, erklärte Witt.

Die Expansion stößt jedoch auf Hürden, insbesondere in Deutschland. Während Frankreich aktiv um afrikanische Banken wirbt, werden in Deutschland oft Bedenken wie Korruption und Geldwäsche angeführt. „Wenn Deutschland seinen Finanzplatz Frankfurt stärken will, sollte es die Tür für afrikanische Banken weiter öffnen“, appellierte Witt.

Notwendige Neujustierung

Ein weiterer Schwerpunkt war die Diskussion über ESG-Kriterien. Witt plädierte für eine „Neukalibrierung“ dieser Standards: „Mit dem moralischen Zeigefinger kommen wir in Afrika nicht weiter. Stattdessen sollten wir prüfen, ob unsere Handelspartner sich in die richtige Richtung entwickeln.“ Dabei gehe es nicht darum, Standards aufzugeben, sondern sie flexibel anzuwenden. „Der Geschäftsverkehr mit Unternehmen in Afrika muss unseren europäischen Rechtsrahmen als Basis haben“, so Witt.

Kontinent der Möglichkeiten

Der German-African Business Summit 2024 hat gezeigt, dass Afrika ein Kontinent voller Möglichkeiten ist – für Banken, Unternehmen und Investoren. Um diese Potenziale zu nutzen, müssen jedoch alte Vorurteile überwunden und neue Wege der Zusammenarbeit gefunden werden. „Afrika wird in den nächsten Jahrzehnten zunehmend Einfluss auf Europa haben“, prognostizierte Witt. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Partnerschaften auf Augenhöhe aufzubauen, das Zeitfenster wird sich bald schließen.“

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