EIOPA will Nullgewichtung beenden

Vorsitzender Bernardino fordert Kapitalunterlegung für EU-Staatsanleihen

EIOPA will Nullgewichtung beenden

tl Frankfurt – Nach dem Bankensektor steht auch der Versicherungswirtschaft eine Debatte über das Ende der Nullgewichtung von Staatsanleihen bevor. Für den Vorsitzenden der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA, Gabriel Bernardino, hat die fehlende Kapitalunterlegung bei Staatsanleihen aus unterschiedlos allen EU-Staaten, die im Anfang 2016 in Kraft tretenden Regelwerk Solvency II aus dem bisher gültigen Standard Solvency I fortgeschrieben wurde, keine Zukunft. Im Standardmodell werde sich das Ende der Risikolosigkeit “in irgendeiner Form” niederschlagen, erklärt der 51-Jährige, den das EU-Parlament am Mittwoch für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt hat, im Interview der Börsen-Zeitung. Wann das sein wird, lässt er aber offen.Der EIOPA-Chef pocht bei einer Änderung auf eine für die gesamte Finanzindustrie konsistente Lösung – also unter Einschluss der Banken. Außerdem gelte es, “übertriebene Konzentrationen in einem Land zu verhindern”. Bei den internen Modellen von Solvency II muss von Anfang an risikogerecht Eigenkapital vorgehalten werden.Solvency II tritt am 1. Januar 2016 in Kraft. “Der 1. Januar 2016 wird kein Big Bang mit unbekannten Anforderungen sein”, tritt Bernardino Sorgen entgegen, die Einführung des neuen Aufsichtsregimes könne allzu abrupte Veränderungen nach sich ziehen. Immerhin sei das Regelwerk aus vielen Jahren der Diskussion, mehreren Auswirkungsstudien und einer zweijährigen Vorbereitungsphase Aufsehern und Versicherern gut bekannt.Der Portugiese will jetzt das Hauptaugenmerk seiner Behörde auf eine einheitliche Aufsichtspraxis in allen EU-Mitgliedsstaaten legen. “Der Aufbau einer europäischen Aufsichtskultur ist eine große Herausforderung, der wir uns aber sehr gerne stellen.” Mit der Einführung von Solvency II wird geprüft, ob es zu unbeabsichtigten Konsequenzen führt – dabei geht es beispielsweise um gleichgerichtetes Anlageverhalten in Krisen, die diese noch verstärken -, ob die Komplexität reduziert werden kann und ob der Grundsatz der Proportionalität gewahrt wurde.Befürchtungen kleinerer Versicherer wegen der sehr umfangreichen Berichtspflichten tritt Bernardino mit dem Hinweis entgegen, wer ein einfaches Geschäftsmodell habe, müsse deutlich weniger berichten als ein größerer Versicherer mit einem komplexen Geschäftsmodell.Die Kapitalanlage werde sich aufgrund der neuen Regeln nicht verändern. Änderungen ergäben sich “vielmehr aus der wirtschaftlichen Lage, vor allem aus den niedrigen Zinsen”. Infrastrukturinvestitionen begrüßt er aus Gründen der Diversifikation, ohne aber zu vergessen, eine entsprechende Expertise bei den Versicherern einzufordern.—– Interview Seite 4