Emissionshäuser fürchten Übergangschaos

Mit dem neuen Kapitalanlagegesetzbuch drohen komplizierte Regelungen und Zusatzkosten für Fonds

Emissionshäuser fürchten Übergangschaos

Von Julia Roebke, Frankfurt Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Diese Frage stellt sich ganz automatisch wohl jeder, der in die Untiefen der geplanten Übergangsvorschriften für geschlossene Fonds und deren Manager blickt, die mit der Umsetzung der europäischen AIFM-Richtlinie in deutsches Recht, sprich mit dem Kapitalanlagegesetzbuch, gerade am Entstehen sind. Dabei könnte alles so problemlos sein: Ein Stichtag und die neuen Regeln gelten für die neu aufgelegten Fonds und deren Manager. Die bestehenden geschlossenen Fonds haben ja sowieso eine fest definierte Laufzeit. Im Schnitt beträgt die Gesamtlaufzeit der derzeit aufgelegten Fonds in Deutschland mit einem Gesamtvolumen von rund 200 Mrd. Euro nach Angaben des Branchenverbands VGF 12 bis 13 Jahre. One size fits allDoch so übersichtlich ist es leider nicht, was insbesondere auch damit zusammenhängt, dass man bereits bei der Formulierung der AIFM-Richtlinie, der Regulierungsanforderungen für die Manager alternativer Investments, auf europäischer Ebene nicht gewillt war, zwischen verschiedenen Produktgruppen, etwa Private-Equity-Fonds, Hedgefonds und geschlossenen Fonds, zu unterscheiden. Doch der One-size-fits-all-Ansatz für sogenannte Evergreen-Fonds, also Fonds mit unbegrenzter Laufzeit und ohne vordefiniertes Volumen, und geschlossene Fonds mit definiertem Start- und Enddatum passt mit Blick auf die Übergangsvorschriften vorne und hinten nicht und lässt die Branchenvertreter im Moment mit einer ganzen Reihe von Unklarheiten zurück.Problem Nummer 1 ist dabei, dass der Bestandsschutz für bereits existierende geschlossene Fonds kompliziert geregelt ist. Vorgesehen ist nach § 353 des Entwurfs für ein Kapitalanlagegesetzbuch, dass die bestehenden Regelungen für geschlossene Fonds weiter gelten, wenn die Kapitalverwaltungsgesellschaften “ausschließlich geschlossene AIF (Alternative Investment Funds, Anm. der Redaktion) verwalten, die nach dem 21. Juli 2013 keine zusätzlichen Anlagen tätigen”. Das kleine Wörtchen “ausschließlich” schafft in der Folge eine ganze Menge Probleme für die Emissionshäuser. “Nach dem jetzigen Gesetzentwurf ist es nicht möglich, dass eine Kapitalverwaltungsgesellschaft künftig Altfonds nach den bestehenden Regeln und Neufonds nach den neuen Regeln zusammen verwaltet”, erläutert VGF-Hauptgeschäftsführer Eric Romba. Dabei sei es doch gerade im Sinne des Anlegers, dass ein beaufsichtigtes Unternehmen auch die bereits bestehenden Fonds verwalte.In der Folge wird es in der Praxis wohl so aussehen, dass die Emissionshäuser zwei Gesellschaften vorhalten, von denen eine als regulierte Einheit das Neugeschäft tätigt und eine weitere den Bestand verwaltet. “Wir werden eine Tochtergesellschaft gründen, die sich um die Lizenz bemühen wird”, bestätigt etwa Gert Waltenbauer, Mitglied der Geschäftsführung des Emissionshauses KGAL, der Börsen-Zeitung. Diese Trennung sei bei der KGAL allein schon deshalb nötig, weil die Kapitalverwaltungsgesellschaft nach neuem Recht das Leasinggeschäft der KGAL nicht tätigen dürfe.Auch die Real IS, einer der großen Anbieter geschlossener Immobilienfonds hierzulande, wird das Geschäft künftig auf zwei Gesellschaften aufteilen. Doch Jochen Schenk, Vorstand der Real IS, wird mit Blick auf die künftigen Strukturen deutlich: “Es ergibt aus unserer Sicht keinen Sinn, die Branche in eine Abspaltung von Alt- und Neugeschäft zu treiben. Das liegt weder im Interesse einer Finanzmarktregulierung noch im Interesse eines Verbraucherschutzes.” Als “wenig sinnvoll” bezeichnet auch Romba das parallele Vorhalten von zwei Gesellschaften. Der Branchenvertreter hofft, dass das Wort “ausschließlich” im Rahmen der gerade anlaufenden Beratungen des Finanzausschusses des Bundestages noch aus dem Gesetzestext verschwindet. InfektionsgefahrDoch bei den ohnehin schon durch die Abstinenz der Privatanleger und die Zurückhaltung der Banken bei der Finanzierung geplagten Emissionshäuser drücken auch zwei weitere Worte aus dem Gesetzentwurf auf die Stimmung. Konkret geht es dabei um die Definition von “zusätzlichen Anlagen”. Bestehende Fonds, die keine zusätzlichen Anlagen tätigen, sollen dem bisherigen Regime unterliegen. Wenn diese aber doch getätigt werden, gilt der Fonds als “infiziert” und fällt unter die neuen Vorschriften. Damit nicht genug: “Wenn ein Fonds infiziert ist, fallen automatisch alle Altfonds der Gesellschaft unter das neue Regime”, erläutert Romba. “In der Konsequenz brauchen auch die Altfonds eine lizenzierte Kapitalverwaltungsgesellschaft mit Depotbank und bestimmten Bewertungsintervallen”, sagt Herbert Thomas, Head of Legal Services bei KGAL. “Das ist teuer und in den bestehenden Gebührenstrukturen nicht drin.” Damit gehen diese Gebühren wohl zulasten der Anleger, da ihnen weniger Ertrag ausgeschüttet werden kann. “Missliche Lage”Für Zündstoff sorgt zudem die Frage, was genau denn eigentlich eine “zusätzliche Anlage” ist. “Nehmen Sie Renovierungsarbeiten an einem Gebäude oder neue Panels für einen bestehenden Solarpark – sind das zusätzliche Anlagen?”, bringt es Thomas auf den Punkt. Die Finanzaufsicht BaFin habe diesbezüglich reagiert und vorgegeben, dass die Investition die Schwelle von 20 % des Gesamtwertes des Fonds nicht überschreiten und zudem nur werterhaltend und nicht werterhöhend sein dürfe. “Diese Begrifflichkeiten helfen uns nicht wirklich weiter. Ziel des Asset Management bei Sachinvestitionen ist doch immer die Wertsteigerung”, urteilt KGAL-Geschäftsführer Waltenbauer.”Wir sind froh, dass es einen Bestandsschutz gibt, doch in der jetzigen Form kommen wir in eine missliche Lage”, resümiert Branchenvertreter Romba. Er plädiert dafür, möglichst schon im Gesetzestext die “zusätzlichen Anlagen” genau und eng gefasst zu definieren, damit das “Infizierungsrisiko” gering bleibt. “Wir sind im ständigen Austausch mit Abgeordneten, Ministerien und BaFin, da ist noch Bewegung drin”, zeigt sich der VGF-Hauptgeschäftsführer zuversichtlich. Die AIFM-Richtlinie muss nach den Vorgaben der EU bis zum 22. Juli in deutsches Recht gegossen werden.