Enria geht Banken scharf an

Chefaufseher kritisiert Platzierungspraktiken bei Finanzinstrumenten zur Stärkung des Kernkapitals

Enria geht Banken scharf an

Der Chef der Bankenaufsicht EBA, Andrea Enria, kritisiert die Kreditinstitute für ihr Vorgehen bei der Platzierung von Instrumenten zum Kapitalaufbau.hip London – Europas führender Bankenaufseher Andrea Enria hat die Art und Weise, wie Kreditinstitute Instrumente zur Stärkung ihres Kernkapitals bei Anlegern platzieren, scharf kritisiert. Bei der Überprüfung dieser Praktiken durch die drei europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities, ESA) sei “eine Reihe von Mängeln” festgestellt worden, sagte deren Chairman auf dem Verbraucherschutztag der ESA in London.So habe man Fälle registriert, in denen Kleinanleger “keine, unzureichende oder irreführende Informationen über Produktcharakteristika, Preise oder Risiken” erhalten hätten. Es sei auch vorgekommen, dass Bestandskunden mit aggressiven Verkaufstechniken angegangen worden seien. Manchen Kontoinhabern sei fälschlicherweise der Eindruck vermittelt worden, die Produkte seien so sicher wie Bankeinlagen oder sie fielen unter die Einlagensicherung. Dabei handelte es sich um komplexe Instrumente wie Zwangswandelanleihen oder Cocos (Contingent Convertibles).”Diese Beobachtungen legen nahe, dass die Finanzinstitute an die bestehenden aufsichtsrechtlichen Verpflichtungen erinnert werden müssen, die für jedes Instrument gelten, das sie platzieren wollen”, sagte Enria auf der Veranstaltung im Royal Institute of British Architects, an der auch zahlreiche Vertreter von Verbraucherorganisationen teilnahmen.Die beobachteten Praktiken stellten nicht nur für die Anleger eine Gefahr dar, sondern auch für Verbraucher, Kontoinhaber und Versicherungskunden. Sie seien aber ein billigerer und einfacherer Weg für die Banken, den Kapitalanforderungen zu entsprechen, als der Verkauf von Sparten, die nicht zum Kerngeschäft gehören. Manche Institute hätten vielleicht auch keinen Zugang zu alternativen Finanzierungsquellen. Andere wollten vielleicht auch nur den Renditehunger der Anleger im aktuellen Niedrigzinsumfeld für sich nutzen.Die drei Behörden werden sich noch in diesem Monat zu den Platzierungspraktiken äußern, wie Enria ankündigte. Ein weiteres Thema für das laufende Jahr sei das sogenannte Cross Selling von Bank-, Anlage- und Versicherungsprodukten. “Wir sollten nicht vergessen, dass wir letztlich alle Verbraucher sind”, sagte Enria. Schlechter GeruchDer Gastredner Roger McCormick, der mit seinem “LSE Conduct Costs Project” von der London School of Economics zur Denkfabrik New City Agenda wechselte, bemühte ein Gleichnis: Auf einem Wochenmarkt mache keiner am Fischstand halt, weil dieser zum Himmel stinke. “Wenn keiner kaufen will, ändert man besser sein Verhalten”, sagte McCormick. Die Kosten dafür versucht er durch seine Forschung zu ermitteln. Bei Gabriel Bernardino, dem Chairman der Versicherungsaufsicht EIOPA (European Insurance and Occupational Pensions Authority), kam der Vergleich mit dem Fischstand gut an. “Manche dieser Dinge riechen wirklich schlecht”, sagte Bernardino. Es reiche nicht aus, das Kernkapital aufzustocken. “Wenn Dinge nicht ordentlich funktionieren, müssen sie geändert werden.”McCormick sprach den Vertrauensverlust an, mit dem die Finanzbranche zu kämpfen hat. In Großbritannien taten sich immer neue Abgründe auf – von missbräuchlich verkauften Zinsswaps und Restschuldversicherungen über den Libor-Skandal bis hin zu den Problemen der “ethischen” Co-operative Bank. “Wenn Banken Vertrauen haben wollen, müssen sie begreifen, dass das mit gewissen Verpflichtungen verbunden ist”, sagte der ehemalige Dozent der Eliteuni. “Alle wesentlichen Fakten müssen vollständig offengelegt werden.” Er bemängelte, dass “die konventionelle Bilanzierung nicht das liefert, was im öffentlichen Interesse wäre”.