Enria mahnt Vorsicht an
Reuters Frankfurt
Die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelte Bankenaufsicht hat Bedenken wegen möglicherweise zu rosiger Prognosen der Institute über die Entwicklung des Anteils der ausfallgefährdeten Kredite in den Bilanzen. Alle Institute erwarteten im Kern einen anhaltenden Rückgang der Wackelkredite bis mindestens Ende 2022, sagte EZB-Chefbankenaufseher Andrea Enria am Dienstag auf einer Konferenz der finnischen Aufsichtsbehörde. „Und wir sind natürlich besorgt, dass die Erwartung ein bisschen zu optimistisch ist“, fügte er hinzu.
Zuletzt ist der Anteil der faulen Kredite an der Bruttokreditsumme, der von der EZB beaufsichtigten Banken leicht gesunken. So lag die sogenannte NPL-Quote (NPL steht für Non-Performing Loans) im zweiten Quartal bei 2,3% nach 2,5% im Auftaktquartal.
Aus Sicht der Aufseher muss die Entwicklung vor dem Hintergrund auslaufender Unterstützungsmaßnahmen im Kampf gegen die Coronakrise sorgfältig beobachtet werden. „Wir haben immer empfohlen, Banken sollten vorsichtig sein und nicht voreilig handeln, indem sie Rückstellungen auflösen und jetzt Profitabilität schaffen, was sie später bereuen könnten“, sagte Enria. Noch im vergangenen Jahr hatte die Branche angesichts der Corona-Pandemie eine regelrechte Welle an faulen Krediten befürchtet. Bislang hat sich die Sorge in dem Ausmaß aber nicht bestätigt. Daher geht bei vielen Banken die Vorsorge für Risikokredite zurück.
Die EZB ist seit Herbst 2014 für die Aufsicht über die Großbanken des Euroraums zuständig. Aktuell überwacht sie 114 Institute, darunter in Deutschland die Deutsche Bank und die Commerzbank.