VOR DEM BREXIT-VOTUM

Entwarnung für Fondshäuser auf beiden Seiten des Kanals

Auch im Falle eines EU-Austritts läuft der Vertrieb

Entwarnung für Fondshäuser auf beiden Seiten des Kanals

jsc Frankfurt – Für die europäische Fondsbranche wäre ein Austritt Großbritannien aus der Europäischen Union (EU) verkraftbar. Die Neuordnung des Fondsvertriebs brächte Assetmanager nicht ins Wanken, wie Marktbeobachter schreiben. Sie grenzen sich damit von dem britischen Fondsverband Investment Association ab, der noch im Januar vor dem britischen Parlament von einer “massiven Zerrüttung” gesprochen hatte, da Fondsgesellschaften im Falle eines Austritts künftig eher in Frankfurt statt in London expandierten.Knackpunkt ist der grenzüberschreitende Fondsvertrieb in der EU: Ein Austritt könnte zur Folge haben, dass britische Fonds nicht mehr in anderen europäischen Ländern vertrieben werden können – und EU-Fonds umgekehrt nicht mehr innerhalb Großbritanniens. Viele britische Gesellschaften sind jedoch über Töchter im EU-Ausland vertreten, etwa in Luxemburg oder Irland, wie die Schweizer Großbank UBS in einem Bericht festhält. Die britischen Adressen Aberdeen Asset Management and Henderson müssten demnach maximal 7 bis 8 % ihrer verwalteten Fondsvermögen neu registrieren, während Schroders lediglich 1,5 % der Mittel anpassen müsste. Für Jupiter, Ashmore und Man Group wären die Folgen gering. Kleine Fondshäuser ohne Niederlassung im EU-Ausland könnten aber stärker betroffen sein, mahnen die Autoren. Einigung wahrscheinlichInsgesamt hält die UBS die Folgen für die britische Branche für moderat. Dies sieht auch die Ratingagentur Moody’s so und argumentiert, dass die britische Gesetzgebung auch nach einem Austritt bestehen bliebe und eine Einigung mit der EU somit möglich wäre. Umgekehrt dürften ausländische Fonds die Zulassung für Großbritannien erhalten, schreiben die Analysten. Auch seien einige ausländische Fondshäuser schon in Großbritannien vertreten und könnten somit weiterhin auf der Insel operieren. Zahlen zum Absatz der deutschen Branche in Großbritannien fehlen bisher, und auch einzelne Gesellschaften in Deutschland halten sich mit genauen Angaben zurück. Pfund hat wenig GewichtDie Auswirkungen eines britischen EU-Austritts auf die Märkte lassen sich nur schwer kalkulieren – vor allem, weil die Folgen für Wirtschaft und Politik unklar sind. Eine Abwertung des Pfund und eine Schwächephase an den britischen Börsen erscheinen aber plausibel. Ein Austritt könnte somit die verwalteten Vermögen der Branche und das Vertrauen der Anleger belasten. Das würde sich auch auf die Profitabilität der Branche auswirken, glaubt Moody’s.In Deutschland spielen Fonds mit Fokus auf Großbritannien jedoch kaum eine Rolle: Auf Aktienfonds entfallen lediglich 741 Mill. Euro per Ende April, während reine Pfund-Rentenfonds mit gerade einmal 24 Mill. Euro in der Statistik auftauchen, wie der deutsche Fondsverband BVI aufschlüsselt. Im Portfolio breit investierender Fonds wiegt das Land ebenfalls nicht schwer, wie bekannte Indizes zeigen: 7 % entfallen im MSCI World auf britische Werte; im europäischen Stoxx Europe 600 ist Großbritannien nur eines von 18 Ländern. Einige große Mischfonds weisen in ihrer Portfolioübersicht einstellige Prozentwerte für Großbritannien aus, während mehrere offene Immobilienfonds im niedrigen zweistelligen Bereich liegen. Für die deutsche Branche sind die Risiken somit überschaubar.