Ertragsschwäche der Banken alarmiert die EZB

Aufsicht sieht in schwacher Profitabilität größtes Risiko für die Institute in Euroland - Zinsanstieg und IFRS 9 werden zum Thema

Ertragsschwäche der Banken alarmiert die EZB

Die schwache Ertragskraft im Bankensektor ruft die Aufsicht auf den Plan. Sie erkennt in der schwachen Profitabilität das bei weitem wichtigste Risiko für die Institute.bn Frankfurt – Die schwache Ertragskraft im Bankensektor alarmiert die europäischen Bankenaufseher. Die niedrige Profitabilität bleibe “die größte Herausforderung” für die Institute, erklärte Rolf Klug, stellvertretender Direktor der für mikroprudenzielle Aufsicht zuständigen EZB-Generaldirektion II, dieser Tage auf der 2. European Foreign Banking Conference 2015. Eine Art Risikolandkarte, welche der bei der EZB angesiedelte Single Supervisory Mechanism (SSM) auf Basis von EZB-Kalkulationen und Eingaben nationaler Aufseher erstellt hat, listet die Ertragsschwäche als Risiko mit der mit Abstand größten Bedeutung auf. Tendenz: steigend.Die schwache operative Ertragskraft der Banken habe im laufenden sowie im kommenden Jahr oberste Priorität für die Aufsicht, erklärte Klug. Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Analyse der Geschäftsmodelle der Banken durch die Aufseher zu. Dabei stelle die EZB in Frage, ob die Banken mit ihrem Geschäftsmodell wiederkehrend schwarze Zahlen zu schreiben in der Lage sind.Über die übrigen Prioritäten für das kommende Jahr werde noch diskutiert, erklärte Klug. Als Themen, welche eine Rolle spielen könnten, zählte er die Risiken wieder steigender Zinsen aufs Bankenbuch auf sowie die Interpretation des künftigen Bilanzierungsstandards IFRS 9. Der sieht vor, dass die Basis für die Bildung von Risikovorsorge nicht mehr der erlittene, sondern der erwartete Verlust aus einer Forderung sein soll. Ferner dürfte sich die EZB Klug zufolge die interne Einschätzung der Kapital- und Liquiditätsadäquanz (Internal Capital Adequacy Assessment Process/ICAP beziehungsweise Internal Liquidity Adequacy Assessment Process/ILAP) der Banken ansehen, denn dort hat sie je nach Nation große Unterschiede festgestellt. Weitere Themen sind die Risikoüberwachung und die Datenqualität der Banken, ferner deren IT-Infrastruktur. Neben der Ertragsschwäche der Branche, dem Risiko von Fehlverhalten und einer Abkehr von der Jagd nach Rendite zählt IT/Cybercrime derzeit zu den Risiken, bei welchen die Aufseher eine steigende Tendenz sehen (siehe Grafik). Deutliche AbschlägeVor allem niedrige Zinsen sowie regulatorische und aufsichtsrechtliche Kosten machen Europas Banken das Leben sauer. Als Instanz der Geldpolitik sowie der Bankenaufsicht sorgt in weiten Teilen freilich die EZB selbst für diese Rahmenbedingungen. Weitenteils sind die Probleme der Banken indes auch hausgemacht und gründen in veralteter IT, strategischer Ratlosigkeit, Altlasten, Rechtskosten oder trägen Apparaten. In Deutschland etwa vermögen es die Großbanken Deutsche Bank und Commerzbank schon seit längerem nicht mehr, ihre Kapitalkosten zu verdienen. Und an der Börse notieren Europas Branchenschwergewichte, von denen die 123 wichtigsten Banken der direkten Aufsicht durch die EZB unterstellt sind, in der Regel mit deutlichen Abschlägen auf den Buchwert.Neu ist das Problem der Ertragsschwäche nicht: Bei Präsentation des jüngsten Finanzstabilitätsberichts der Deutschen Bundesbank hatte Andreas Dombret, Mitglied im Vorstand der deutschen Zentralbank, schon im November 2014 gefordert, langfristig müssten “die deutschen Banken mehr verdienen, um im Wettbewerb bestehen zu können”. Wo zusätzliche Erträge herrühren sollen, vermögen allerdings auch die Aufseher nicht zu sagen. Banken sollten ihre Geschäftsmodelle überprüfen, um Potenziale für Kostensenkung und Synergien bei den Erträgen auszuloten, hatte Dombret der Branche geraten.Auf der Agenda der Aufseher stehen Klug zufolge im laufenden Jahr neben der Identifikation der größten Risiken im Euroraum sowie der bankaufsichtlichen Überprüfung und Bewertung (Supervisory Review and Evaluation Process/SREP) der Institute (vgl. BZ vom 10. September) der Entwurf von Ansätzen künftiger Stresstests, die Vielzahl nationaler Optionen und Wahlrechte für Banken sowie die Überprüfung der bankinternen Risikomodelle. 7 000 RisikomodelleBei den Bemühungen zur Harmonisierung der bankinternen Modelle dürften sich die Aufseher zunächst auf solche konzentrieren, deren Anwendung sich am stärksten auf die Kapitalquote einer Bank auswirkten, merkte Klug an. Seinen Angaben zufolge setzen derzeit 65 der 123 als bedeutend eingestuften Banken in der Eurozone rund 7 000 verschiedene interne Modelle zur Berechnung ihres Eigenkapitalbedarfs ein. Korbinian Ibel, Direktor der für Querschnittsaufgaben zuständigen EZB-Generaldirektion IV, hatte schon deutlich gemacht, dass ihre Harmonisierung Jahre dauern dürfte.Die von Klug mitverantwortete EZB-Generaldirektion II ist mit rund 200 Beschäftigten für 90 der 123 direkt der EZB unterstellten Banken zuständig. Zu ihnen zählen unter anderem die Institute aus Griechenland, Zypern und Irland. In Deutschland sind es die Aareal Bank, BayernLB, Deutsche Apotheker- und Ärztebank, Haspa, HSH Nordbank, Hypo Real Estate Holding, Landesbank Berlin, L-Bank, Landwirtschaftliche Rentenbank, Münchener Hypothekenbank, NRW.Bank, SEB AG, Volkswagen Financial Services sowie die WGZ Bank.