DIE FONDSBRANCHE ZIEHT BILANZ

"Es war wie 2008"

Marktturbulenzen überschatten Neugeschäft der Fondsbranche - Verband BVI zeigt sich aber zuversichtlich

"Es war wie 2008"

Der Absatz von Fondsgesellschaften hängt am Börsengeschehen – der Kursrutsch im Schlussquartal hat daher in der Branche für Aufsehen gesorgt. Der Fondsverband BVI zieht mit Blick auf die Kurse bereits Parallelen zum Krisenjahr 2008. Doch so schlimm wie damals hat es die Branche nicht erwischt. jsc Frankfurt – Die deutsche Fondsbranche hat angesichts eines turbulenten Börsenjahrs ihr schwächstes Neugeschäft seit fünf Jahren erzielt. Von Anfang Januar bis Ende Dezember flossen den Gesellschaften knapp 90 Mrd. Euro zu und damit nur etwa halb so viel wie im Rekordjahr 2015 und wenig mehr als 2013, als 84 Mrd. Euro erreicht worden waren. Das schwache Jahr wurde begleitet von heftigen Turbulenzen an den Märkten, wie Tobias Pross, Präsident des deutschen Fondsverbands BVI, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Frankfurt sagte. Die Marktunruhe war ähnlich stark wie in der Finanzkrise in 2008, wie der Manager von Allianz Global Investors sagte. “Es fühlte sich nicht an wie 2008, aber es war wie 2008.”Vor allem das Schlussquartal traf Anleger deutlich: Der Dax gab in nur drei Monaten um 14 % nach und damit ähnlich stark wie die europäischen und weltweiten Aktienmärkte. Im Fondsneugeschäft zeigen sich tiefe Spuren: Aktien- und Rentenfonds kamen unter die Räder, selbst das Neugeschäft der sonst so gefragten Mischfonds ging zum Jahresende hin in die Knie (siehe Grafik). Geldmarktvehikel , die als vorübergehende Ablagestelle für Investoren dienen, sammelten im Schlussquartal hingegen Milliarden ein. Das verwaltete Vermögen der Branche sank wegen der sinkenden Kurse wieder knapp unter die Marke von 3 Bill. Euro zum Jahresende.Wie in den Vorjahren ruht das Neugeschäft der hiesigen Branche auf Spezialfonds, die für institutionelle Investoren wie Altersvorsorgeeinrichtungen und Versicherer aufgelegt werden. Allein im Dezember kamen hier 19,3 Mrd. Euro zusammen. Damit folgt die Branche trotz turbulenter Märkte einen vertrautem Muster: Gerade zum Jahresende hin legen institutionelle Anleger ihre Mittel in Spezialfonds an. Das Neugeschäft der Publikumsfonds summiert sich hingegen auf minus 1,2 Mrd. Euro im Dezember. BVI-Präsident Pross zeigte sich aber zuversichtlich, dass der Absatz von Mischfonds, der wesentliche Treiber im Massengeschäft mit privaten Sparern, wieder anziehen werde.Unterm Strich entwickelte sich das Neugeschäft deutlich besser als im Krisenjahr 2008: Als dem Finanzsystem ein Zusammenbruch drohte und in Deutschland mit der Liquiditätskrise offener Immobilienfonds ein wesentliches Produkt in Frage stand, nahmen die Anleger Reißaus und bescherten der Branche einen Negativabsatz von damals knapp 12 Mrd. Euro. Dabei ist die Branche seit Jahrzehnten sonst einen positiven Absatz gewöhnt: In den 1980er Jahren kam der provisionsbasierte Fondsvertrieb in Schwung, ehe später auch das Neugeschäft von Spezialfonds folgte. Selbst das Platzen der “Dotcom”-Blase kurz nach der Jahrtausendwende und die spätere Eurokrise haben den Absatz der Branche insgesamt nicht unter die Nullmarke gedrückt.Der Start des Anleihekaufprogramms der EZB im Jahr 2015 hat Märkte und Fondsneugeschäft beflügelt und der Branche ein Rekordjahr mit einem Absatz von 187 Mrd. Euro beschert. Die Phase steigender Aktienmärkte neige sich nun aber womöglich dem Ende zu, sagte Pross. Eine wesentliche Rolle spiele die Geldpolitik. “Wirtschaftsaufschwünge sterben nicht den Alterstod, sondern sie werden bekanntlich von einer Zentralbank umgebracht”, sagte er. Die zögerliche Haltung der EZB, die Leitzinsen wieder zu erhöhen, lege jedoch nahe, dass es noch nicht so weit sei. Kritik am “Gewinnverbot”Die Regulierung müsse stärker die Wettbewerbsfähigkeit der Fondsgesellschaften berücksichtigen, forderte BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. In Deutschland habe die Finanzaufsicht BaFin das EU-Regelwerk Mifid II besonders streng ausgelegt, indem sie für die Verwendung von Provisionen im Fondsvertrieb einen klaren Verwendungsnachweis verlange – de facto ein “Gewinnverbot”. Bereits während der Ausarbeitung der EU-Richtlinie habe es ähnliche Erwägungen der ESMA gegeben, die im Ergebnis gar einem Provisionsverbot gleichgekommen wären, sagte er. Die Vorgaben der BaFin hingegen seien im Vertrieb zwar spürbar, doch habe die Branche die Last nach Einführung von Mifid II Anfang 2018 schultern können. Unterm Strich seien die Vorgaben für den Fondsvertrieb zum Teil strenger als für Versicherungen, kritisierte er.Für eine nachhaltige Geldanlage sei es wiederum wichtig, dass alle Emittenten, darunter auch Staaten, zu einer Berichterstattung über ihr Engagement verpflichtet werden sagte Richter. Zugleich erneuerte er die Forderung, dass Regulierung nicht in die Entscheidung der Anleger eingreifen solle. Auch dürfe die Finanzberatung nicht mit “überbordenden” Vorgaben zur Nachhaltigkeit belastet werden.