ESMA warnt vor Lücke in Kryptoregelwerk Mica
ESMA warnt vor Lücke in Kryptoregelwerk
Übergangsfristen in Mica-Verordnung treiben Europas Aufsicht um – Appell an EU-Staaten
jsc Frankfurt
Europas Kapitalanlegern droht nach Ansicht der EU-Wertpapieraufsicht ESMA ein zeitweiliger Flickenteppich in der Regulierung von Kryptowerten: Weil die neue Verordnung namens Markets in Crypto Assets (Mica) Übergangsfristen vorsieht und die EU-Mitgliedstaaten die Regeln jeweils in die Praxis überführen müssen, droht eine ungleiche Regulierung zwischen verschiedenen Ländern sowie alten und neuen Kryptoangeboten, wie die ESMA in einem offenen Brief an den EU-Ministerrat festhält. Ein koordiniertes Vorgehen der EU-Länder müsse Priorität haben, schreibt dabei ESMA-Chefin Verena Ross an die spanische Wirtschaftsministerin Nadia Calviño, die derzeit als Präsidentin den zuständigen Rat für Wirtschaft und Finanzen (Ecofin) anführt.
Dabei warnt die ESMA davor, die Übergangsfrist voll auszuschöpfen: Die Mica wird überwiegend Anfang 2025 wirksam, sie ermöglicht den Mitgliedsländern aber, bestehende Kryptoeinheiten für eineinhalb Jahre, also bis Mitte 2026, von den EU-Regeln auszunehmen. Weil die meisten nationalen Vorgaben weniger umfassend seien als die Mica-Verordnung, drohe Anlegern ein Nachteil, schreibt Ross. Sie ruft die Mitgliedsländer auf, ihren Umgang mit Fristen möglichst früh anzuzeigen, idealerweise noch in diesem Jahr.
Kampf gegen Briefkastenfirmen
Darüber hinaus sollen die EU-Länder nach Vorstellung der ESMA bald festlegen, welche nationalen Aufsichtsbehörden für Kryptowerte zuständig sein werden. So müsse auch die vereinfachte Zulassung bereits bestehender Kryptoangebote rasch geregelt werden. In einem weiteren Schreiben warnt die ESMA die nationalen Aufsichtsbehörden etwa davor, Briefkastenfirmen in ihrem Land zu erlauben oder die Zulassung bestehender Kryptoangebote zu sehr zu vereinfachen. Die Aufseher sollen sich demnach schon jetzt auf die neuen Regeln vorbereiten, sich mit Marktteilnehmern austauschen und dubiose Firmen auch unter bestehenden nationalen Gesetzen angehen.
Mit der Mica entsteht ein europäischer Rahmen, der Kryptowerte näher definiert und Regeln etwa für Zulassung, Aufsicht, Produktinformation und Verwahrung mit sich bringt. Nicht nur gängige Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum, sondern auch Stablecoins und vermögenswertbezogene Einheiten fallen unter die EU-Verordnung. Einige Instrumente wie Non-Fungible Token (NFT) bleiben aber regelmäßig außen vor. Die ESMA arbeitet nun an Leitlinien und sogenannten technischen Standards, um die Details der Verordnung festzulegen. Mit dem Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) existiert in Deutschland bereits seit Mitte 2021 ein wichtiges Regelwerk.
"Komplex und opak"
Außerdem warnt die ESMA Marktakteure davor, sich bereits jetzt auf die neuen Regeln zu verlassen. Solange die Mica nicht in der Praxis wirksam sei, sollten sich Anleger und Investoren über nationale Schutzmechanismen im Klaren sein – "oder deren Fehlen". Die Struktur einiger globaler Kryptoanbieter sei "komplex und opak". Auch die üblichen Finanzrisiken verdienten einen genauen Blick.