ESMA will Wettbewerbsnachteil beseitigen

Anpassung des Tick-Size-Regimes für Aktien aus Drittländern - Deutsche Handelsplätze auch betroffen

ESMA will Wettbewerbsnachteil beseitigen

dm Frankfurt – Die Europäische Marktaufsicht ESMA will im Handel von Aktien einen Wettbewerbsnachteil für EU-Handelsplattformen beseitigen. Sie hat dazu eine Befragung im Markt gestartet, die bis zum 7. September läuft. Es geht dabei um die Berechnung der sogenannten Tick Size, also um die Größe der geringsten Preisveränderung, zu der Kurse gestellt werden können. Das Vorhaben der ESMA kommt Börsen und Handelsplattformen wie CBOE Europe oder Turquoise, aber auch deutschen Handelsplätzen entgegen, die ausländische Aktien handeln, die ihren liquidesten Handelsplatz außerhalb der Europäischen Union haben.Mit der Einführung der Finanzmarktrichtlinie Mifid II haben nämlich einige Handelsplattformen Marktanteile im Handel von solchen Aktien verloren. Besonders augenfällig wurde dies im Handel mit schweizerischen Titeln. Dies lag daran, dass die EU-Plattformen unter Mifid II Tick Sizes in der Kursstellung anwenden mussten, die auf Basis der Liquidität (Anzahl Transaktionen pro Tag) in EU-Märkten kalkuliert wurden. Dadurch blieb die hohe Liquidität in den außerhalb der EU liegenden Heimatmärkten unberücksichtigt, was zu größeren Tick Sizes geführt hat. EU-Handelsplattformen konnten damit nur noch schlechtere Kurse stellen als etwa der Schweizer Börsenbetreiber Six. Dieser gewann dadurch deutlich Marktanteile. Schweizer Titel im NachteilLaut ESMA betraf dies etliche große Aktientitel, darunter Geberit, SGS, UBS, Roche oder Zurich. Mitte Januar war für den Warenprüfkonzern SGS etwa in der EU eine Tick Size von fünf Einheiten angewendet werden, während die Six mit einer Größe von einem Franken kalkulierte. Die ESMA favorisiert nun eine Ausnahmeregel für Drittstaaten-Titel, und zwar durch die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde und auf einer Fall-zu-Fall-Basis. Der direkte Einbezug von Liquidität aus Drittländern dürfte aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht umsetzbar sein. Laut der Marktaufsicht sind derzeit rund 10 000 Finanzinstrumente als Drittstaaten-Finanzinstrumente zu bezeichnen. Die Ausnahmeregel, die im Rahmen eines technischen Standards RTS 11 umgesetzt werden soll, sei aber nur für Instrumente vorgesehen, die mindestens einmal am Tag gehandelt werden. Dadurch reduziere sich die Anzahl betroffener Instrumente auf rund 1 500. Durch den bevorstehenden Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union dürfte die Zahl der Drittstaaten-Instrumente noch einmal deutlich steigen. Die ESMA schätzt, dass rund 18 % aller Aktien, deren Handelsaktivitäten derzeit von der ESMA erfasst werden, durch den Brexit betroffen sein dürften. Insgesamt dürften dabei für rund 1 900 Aktien ebenfalls Ausnahmeregeln gefunden werden, da sie auch auf Handelsplattformen in der verbliebenen EU gehandelt werden. Mehr Klarheit zu ETFDie europäische Marktaufsicht hat zudem entschieden, dass Hinterlegungsscheine (Depositary Receipts) nicht davon erfasst werden. Die Aufsicht habe bisher keine greifbaren Erkenntnisse, dass diese durch das Tick-Size-Regime nachteilig betroffen wären. Die Aufsicht will zudem wissen, ob Marktteilnehmer mehr Klarheit benötigen, wie das Tick-Size-Regime auf börsengehandelte Fonds (ETF) anzuwenden ist.