Estlands Rolle als Geldwäsche-Hub

13 Mrd. Dollar sollen vor allem aus Russland geflossen sein

Estlands Rolle als Geldwäsche-Hub

Bloomberg/fir Frankfurt – Banken, die in Estland tätig sind, haben möglicherweise erheblich größere Geldsummen gewaschen als zunächst angenommen. Die estnische Polizei schätzt mittlerweile, dass Bankangestellte in ihrem Land zwischen 2011 und 2016 an verdächtigen Geld- und Wertpapiertransfers hauptsächlich aus Russland beteiligt waren, die ein Volumen von mehr als 13 Mrd. Dollar hatten. Firmen in GroßbritannienDie Transaktionen erfolgten über vier getrennte Systeme, bei denen Konten von Gebietsfremden verwendet wurden, wie Madis Reimand, Leiter der Financial Intelligence der estnischen Polizei, die Finanzverbrechen aufklärt, in einem Telefoninterview mit Bloomberg News erklärt. Ihm zufolge sind seit 2012 russische Aktien und Anleihen im Wert von mehr als 7,3 Mrd. Euro übertragen worden. Konten von Unternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich hätten eine “wichtige Rolle” gespielt, sagte er. “Unser Problem mit solchen Transaktionen aus dem Osten und generell mit großen internationalen Systemen ist, dass es in der Praxis unmöglich ist herauszufinden, an welche frühere Verbrechen Vermögenswerte zweifelhafter Herkunft gebunden sind”, führte Reimand aus. “Diese Transaktionen sind offensichtlich nicht transparent und daher verdächtig.”Das Baltikum, lange Zeit Transitraum für illegale russische Gelder in die Europäische Union, ist in den vergangenen Jahren von einer Reihe von Finanzskandalen heimgesucht worden. Zwei Banken wurden in diesem Jahr wegen Geldwäschevorwürfen geschlossen, während die dänische Finanzaufsicht die Danske Bank wegen Verstößen in ihrer estnischen Sparte gerügt hat. Um ihren Ruf zu retten, erwägen Lettland und Estland Beschlagnahmungen von Vermögen. Auch verbieten sie die Nutzung von Mantelgesellschaften. Dänische Medien hatten Danske Anfang April vorgeworfen, es mit Kontrollen im Estland-Geschäft nicht so genau genommen zu haben, was es erleichtert haben soll, von 2007 bis 2015 dubiose Gelder aus russischen, moldawischen und aserbaidschanischen Quellen in den regulären Finanzkreislauf zu überführen. Estlands Finanzaufsicht erwägt Angaben von Februar zufolge, ein Ermittlungsverfahren gegen Danske zu eröffnen. Die Esten fühlten sich von der Bank getäuscht, der sie vorwerfen, Angaben über Klienten zurückgehalten zu haben, wie es heißt. So soll sie mit Informationen über einen Kunden mit Verbindung zum Cousin des russischen Präsidenten, Igor Putin, und über Personen, die offenbar russischen Geheimdiensten nahestehen, hinter dem Berg gehalten haben. Im Baltikum sind die estnische Versobank und die lettische ABLV nach Verstößen gegen Geldwäsche-Gesetze geschlossen worden. Letztere klagt vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EU) gegen die Europäische Zentralbank (EZB) und die europäische Bankenabwicklungsbehörde SRB. Die ABLV, drittgrößte Bank Lettlands, war nach Vorwürfen von US-Finanzbehörden, in Geldwäschefälle von Kunden aus Russland und der Ukraine verwickelt zu sein, in Liquiditätsnöte geraten. Das Institut steht dennoch auf dem Standpunkt, es habe möglicherweise gerettet werden können, weshalb es nicht gerechtfertigt gewesen sei, die Schließung zu veranlassen. Um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung künftig etwas zu erschweren, hat die EU am Donnerstag verschärfte Regeln auf den Weg gebracht. Mussten bislang bei der Einreise in sowie bei der Ausreise aus der EU Barmittel bzw. bestimmte Wertpapiere ab 10 000 Euro beim Zoll angemeldet werden, so können Behörden im Verdachtsfall auch bei Beträgen unterhalb dieser Schwelle aktiv werden.