EU-Abwicklungsabgabe soll kleine Banken schonen

Arbeitspapiere sehen geringe Pauschale bei niedriger Bilanzsumme vor - DSGV fordert Freibetrag

EU-Abwicklungsabgabe soll kleine Banken schonen

fed/bn Brüssel/Frankfurt – In der hitzigen Debatte über die Beiträge der Banken zum einheitlichen Abwicklungsfonds der Eurozone liegt mittlerweile eine Variante auf dem Tisch, die kleinen Banken entgegenkommt. In einem internen Arbeitspapier der EU-Kommission, das der Börsen-Zeitung vorliegt, wird vorgeschlagen, dass Banken, die unter bestimmten Schwellenwerten bleiben, lediglich eine Pauschale von 5 000 Euro, 10 000 Euro oder 15 000 Euro pro Jahr in den gemeinsamen Topf einzahlen müssen. In einem zweiten, kurz danach verfassten Arbeitspapier ist von der Möglichkeit einer stärkeren Spreizung dieser Pauschale zwischen einem jährlichen Minimum von 2 500 Euro und maximal 60 000 Euro die Rede.Als “kleine Bank” (“small bank”) eingestuft werden und daher mit einem solchen Pauschalbeitrag zum Abwicklungsfonds beitragen sollen Institute, bei denen erstens die Summe ihrer gesamten Vermögenswerte die Marke von 1 Mrd. Euro nicht überschreitet – und zweitens die Gesamtverbindlichkeiten unter Herausrechnung des Eigenkapitals und abzüglich der gesicherten Einlagen unter 300 Mill. Euro bleiben. Für die genaue Höhe der Pauschale ist entscheidend, ob diese Kennziffer nur knapp oder aber sehr deutlich unter 300 Mill. Euro liegt. Eine weitere Voraussetzung ist, dass das Geschäftsmodell der Bank von der Abwicklungsbehörde nicht als außerordentlich risikoreich eingestuft worden ist. Nach Einschätzung der EU-Kommission in einem der Arbeitspapiere würde unter den genannten Bedingungen die Hälfte aller Banken als “klein” klassifiziert werden, ihr Beitrag zum Euro-Abwicklungsfonds würde sich also nach den Pauschalen bemessen. Risikofaktor von 0,8 bis 1,5Alle anderen Banken sollen einen Beitrag zum Abwicklungsfonds leisten, der sich nach einem Sockelbetrag richtet, der anschließend um einen Risikofaktor adjustiert wird. Neu ist in den aktuellen Arbeitspapieren, dass dieser Risikoanpassungsfaktor in einer Spanne zwischen 0,8 und 1,2 oder zwischen 0,8 und 1,5 liegen soll. Das würde bedeuten, dass selbst Banken mit ausgesprochen risikoarmem Geschäftsmodell mindestens gut die Hälfte des Beitrags leisten müssten, der auf Institute gleicher Größe aus dem gleichen Herkunftsland, aber mit hochriskanten Aktivitäten, zukäme.Der Sockelbetrag soll den Anteil der Verbindlichkeiten der betroffenen Bank an den gesamten Verbindlichkeiten aller Banken in diesem Mitgliedstaat widerspiegeln – wobei in beiden Fällen Eigenkapital und gesicherte Einlagen zuvor aus der Kalkulation herausgerechnet werden. Der Risikoanpassungsfaktor wiederum orientiert sich am Engagement in Risikotiteln (risk exposure), an der Stabilität und Differenzierung der Finanzquellen, an der Bedeutung der Bank für das Finanzsystem und die Wirtschaft sowie an sonstigen Risiken. Zu den konkreten Bemessungsgrößen zählen etwa die Leverage Ratio, die Tier-1-Kapitalquote, das Verhältnis risikogewichteter Aktiva zu den gesamten Vermögenswerten oder die Liquidity Coverage Ratio.Kommt nach Kalkulation aller ind ividuellen Beiträge aller Banken in Summe nicht der Betrag zusammen, der als Zielgröße für ein bestimmtes Jahr vorgesehen ist, sollen alle Einzelbeiträge proportional angehoben werden. Oder umgekehrt: Wurden den Banken Beiträge in Rechnung gestellt, die über den jährlichen Zielwert hinausgehen, so werden die einzelnen Beiträge in diesem Jahr proportional gesenkt. Die kleinen Banken mit ihren Pauschalen sollen von dieser abschließenden Anpassung aber ausgenommen werden.Ende Juli sollen die Vorarbeiten in der zuständigen Expertengruppe abgeschlossen sein. Die EU-Kommission will dann ihren endgültigen Vorschlag über die Berechnung der einzelnen Bankenabgaben für den Single Resolution Fund im September präsentieren. Die Finanzminister müssen sich anschließend über diese Durchführungsverordnung beugen, denn da es sich um einen “Council Implementing Act” handelt, haben sie das letzte Wort.Unbeschadet der jüngsten Vorschläge für kleine Banken sieht der Europaabgeordnete Fabio De Masi (Linke) die Sparkassen “bestraft”. Der Sockelbeitrag sei “widersinnig und zu hoch”, kritisiert das Mitglied im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments. “Beiträge sollten sich nur nach Geschäftsrisiko und systemischer Relevanz richten”, fordert De Masi.Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) forderte am Montag einen Freibetrag von 500 Mill. Euro auf die Bemessungsgrundlage, wie wenige Tage zuvor der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Der risikounabhängige Sockelbetrag sei deutlich zu hoch, die Bestimmung und Gewichtung der Risikofaktoren nicht ausreichend, erklärte zudem DSGV-Präsident Georg Fahrenschon. BVR-Präsident Uwe Fröhlich hatte kritisiert, mit dem Abwicklungsfonds würden erstmals Bankrisiken auf europäischer Ebene vergemeinschaftet und das Haftungsprinzip insoweit konterkariert. Ordnungspolitisch sei der Vorschlag zur Finanzierung des Fonds “eine glatte Fehlleistung”.