EU-Aufsicht relativiert Liquiditätsrisiken von Fonds

ESMA sieht weitgehend passende Rückgabefristen für alternative Vehikel - Allerdings Probleme in Teilsegmenten

EU-Aufsicht relativiert Liquiditätsrisiken von Fonds

jsc Frankfurt – Die europäische Fondsbranche bietet institutionellen Investoren laut EU-Aufsicht in den meisten Fällen Vehikel mit ausreichender Liquidität an: Zwar bergen einige Anlagestrategien noch Risiken, insgesamt aber sind Produkte, die als alternative Investmentfonds (AIFs) reguliert sind, weitgehend solide aufgestellt, wie ein Bericht der Wertpapieraufsicht ESMA nahelegt. Die Liquidität der Portfolios in alternativen Fonds, die ähnlich wie Publikumsfonds (Ucits) eine wesentliche Kategorie in Europa darstellen, stimmt mit den Rückgabefristen der Fondsanteile weitgehend überein – das Liquiditätsrisiko ist also moderat.Die Vehikel im Wert von 5,8 Bill. Euro per Ende 2018, dem Zeitpunkt für die Untersuchung, umfassen je nach Land und Fondskategorie eine schillernde Palette an Strategien und Konzepten. Die Vehikel richten sich meistens an institutionelle Investoren, allerdings sind einige Produkte auch für private Anleger bestimmt. Weil der Anteil an Produkten mit täglich handelbaren Aktien und Anleihen insgesamt hoch ist und etliche Fonds die Rückgabe von Anteilen einschränken oder leicht veräußerbare Mittel als Puffer halten, erscheinen Liquiditätsrisiken beherrschbar. Nicht ausgewiesen ist allerdings das Risiko eines Preisverfalls an den Börsen, der sich ergäbe, wenn viele Investoren zeitgleich ihre Mittel abzögen und Fonds in großen Stil Vermögen verkaufen müssten.Zwar geht die ESMA nicht auf einzelne Länder ein, für Deutschland deutet sich jedoch ebenfalls ein solides Ergebnis an. Vor allem die verbreitete Kategorie der Spezialfonds für institutionelle Investoren zählt hierzulande zum Segment der AIFs – der Bericht sieht für die Kategorie der “sonstigen Fonds”, wozu gerade deutsche Wertpapier-Spezialfonds zählen, insgesamt nur geringe Liquiditätsrisiken. Immobilienfonds, die zweite wesentliche AIF-Kategorie in Deutschland, könnte in Europa im Falle einer Anlegerflucht nicht mehr alle Anteile auflösen, wie eine Liquiditätslücke der Produkte nahelegt (siehe Grafik). Schwierigkeiten hatten zuletzt Immobilienfonds in Großbritannien. In Deutschland existieren nach einer Pleitewelle vor einem Jahrzehnt mittlerweile Mindesthalte- und Kündigungsfristen, die Liquiditätsrisiken zwar nicht ganz beseitigt, wohl aber deutlich reduziert haben. Einige Länder sind laut Bericht aber noch strenger und schreiben für Immobilienfonds stets eine geschlossene Struktur vor.Risiken sehen die Aufseher in Dachfonds, die Geld wiederum in andere Fonds investieren: Hier können etliche Anleger ihre Mittel sofort abziehen, allerdings sind viele Fondsanteile nicht binnen Tagesfrist veräußerbar. Geringe Liquiditätslücken sehen die Aufseher derweil bei Hedgefonds, wo vielmehr eine hohe Verschuldung ein Problem darstellt. Fonds für Infrastrukturvorhaben und Private Equity wiederum investieren ähnlich wie Immobilienfonds zwar in illiquide Werte, allerdings können Anleger wegen der Fondsstruktur ihre Anteile fast nie direkt zurückgeben, so dass die Lücke hier ebenfalls gering ist. Neue Vorgaben für Stresstests Neben alternativen Fonds sind zuletzt auch Publikumsfonds wegen etwaiger Liquiditätsrisiken in den Blick geraten, etwa durch das Debakel von Fonds der Schweizer GAM oder der britischen Woodford. Das EU-Recht sieht bereits Liquiditätsstresstests für Ucits- und AIF-Vehikel vor, die ESMA hat die Vorgaben im vergangenen Jahr konkretisiert. Fondsgesellschaften müssen demnach mindestens jährlich die Vehikel testen, nach Empfehlung der Aufseher besser noch öfter, typischerweise quartalsweise. Als Datengrundlage können etwa historische Entwicklungen oder hypothetische Annahmen dienen. Im Rahmen der Tests soll auch eine mögliche Anlegerflucht einkalkuliert werden, die zum Beispiel in Abhängigkeit vom Anlegertyp oder vom Gewicht einzelner Investoren simuliert werden könnte. Die ESMA strebt dabei möglichst einheitliche Standards in Europa an. Die neuen Leitlinien der Behörde greifen ab Ende September 2020.