EU bündelt Kräfte gegen Geldwäsche

Sechs Staaten fordern einheitlichen Rechtsrahmen und europäische Aufsicht - Fokus auf Hochrisikofälle

EU bündelt Kräfte gegen Geldwäsche

Im Kampf gegen Geldwäsche ist der Weg hin zu einer europäischen Aufsicht geebnet. Deutschland und fünf andere EU-Staaten konkretisieren ihre Forderung nach einheitlichen Regeln und einer Aufsicht auf EU-Ebene, die genügend Ermittler hat, um tätig zu werden, wo nationale Behörden nicht angemessen agieren.fir/ahe/fed Frankfurt/Brüssel – Sechs Euro-Staaten, darunter die Schwergewichte der Eurozone, sorgen im Kampf gegen Geldwäsche für Dynamik. In einem “gemeinsamen Positionspapier”, das der Börsen-Zeitung vorliegt, stellen sie in ungewöhnlich klaren Worten konkrete Forderungen – und da es sich um die fünf größten und wirtschaftsstärksten Euro-Mitgliedstaaten sowie Lettland handelt, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, wann sich ihre Forderungen in Gesetzen wiederfinden.Enttäuscht wegen der Probleme und Defizite nationaler Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung sprechen sich die Finanzministerien Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Spaniens, der Niederlande und Lettlands für einen “europäischen Aufsichtsmechanismus, inklusive eines zentralen Aufsehers, der mit den nationalen Behörden zusammenarbeitet” aus. Denn bisher, so das Positionspapier, sei die Zusammenarbeit der nationalen Behörden oft komplex und ineffizient. Noch dazu gebe es Fehlanreize. So bestehe etwa “die Gefahr, dass gerade die Finanzinstitute und Mitgliedstaaten, die Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufdecken, Reputationsschäden erleiden”.Eine Anti-Geldwäsche-Aufsicht auf europäischer Ebene soll sich demnach hauptsächlich auf Hochrisikobanken konzentrieren und auf Fälle, in denen sich nationale Behörden als unzulänglich oder ungeeignet erweisen. In solchen Situationen und “wenn hohe Risiken offensichtlich sind”, soll sie die Aufsicht von Banken direkt übernehmen können, fordern die sechs EU-Staaten. Außerdem soll eine europäische Anti-Geldwäsche-Aufsichtsbehörde mit der Kompetenz ausgestattet werden, nationalen Aufsehern direkte Anweisungen zu erteilen. Damit hätte sie Einwirkungs- und Durchgriffsmöglichkeiten, die derzeit keiner europäischen Institution in der Geldwäschebekämpfung möglich sind. Die ist in erster Linie Aufgabe nationaler Behörden, wenngleich im Frühjahr in der europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA die Zuständigkeit zur Bekämpfung von Geldwäsche gebündelt wurde. Allerdings fehlt ihr die Durchsetzungskraft mangels Sanktionsmöglichkeiten und Personal. Auf lediglich zehn Kräfte soll die Zahl der Mitarbeiter anwachsen, die sich dieser Tätigkeit widmen. Anfang des Jahres waren es zwei. Mehrere Optionen Ob die EBA mit mehr Befugnissen ausgestattet oder eine gänzlich neue Behörde als europäisches Spitzeninstitut auserkoren werden soll, bleibt offen. Alle Optionen müssten ausgelotet werden, heißt es in dem Positionspapier. Im ersten Fall wären weitere Gesetzesänderungen vonnöten, um die EBA mit einem klaren und starken Mandat auszustatten und ihr die nötige Unabhängigkeit zu verleihen, beispielsweise durch ein übernationales Führungsgremium.Die EBA war zuletzt in die Kritik geraten, weil der mit Gesandten der nationalen Finanzaufsichtsbehörden besetzte Board of Supervisors entschieden hatte, gegen dänische und estnische Finanzaufsicht vorzugehen, denen im Zusammenhang mit der Geldwäscheaffäre der Danske Bank schwere Verfehlungen vorgeworfen wurden. Die EBA selbst war es, die zu der Erkenntnis kam, dass die beiden nationalen Aufseher gegen EU-Recht verstoßen hatten.Die ernüchternden Erfahrungen aus der Geldwäschebekämpfung nehmen die Autoren des Positionspapiers zum Anlass, auf die Erfüllung mehrerer Bedingungen zu dringen. Um eine wirksame Aufsicht unter Mitwirkung nationaler Institutionen zu gewährleisten, müsse eine zentrale EU-Behörde über genaue und aktuelle Daten zu Geldwäscherisiken verfügen sowie über die Aktivitäten der nationalen Aufseher gut informiert sein. Zudem müssten ihr genügend Inspektoren zur Verfügung stehen. “Mit diesen Vorkehrungen sollte dieser europäische Aufseher in der Lage sein, seinen Pflichten in unabhängiger Weise nachzukommen und sich mit den nationalen Behörden zu koordinieren”, lautet das Resümee. Basis einer Anti-Geldwäsche-Aufsicht sollten nicht wie bisher EU-Richtlinien sein, die den Nationalstaaten Spielräume bei der Umsetzung in nationales Recht einräumen, sondern EU-Verordnungen, die unmittelbar bindend sind.Bereits in den vergangenen Wochen hatten die EU-Finanzminister das Thema Geldwäschebekämpfung erörtert und dabei auch die Bereitschaft signalisiert, Tätigkeiten auf eine europäische Behörde zu übertragen. Der Europaabgeordnete Markus Ferber begrüßt den jüngsten Vorstoß: “Beim Kampf gegen Geldwäsche im europäischen Finanzsektor liegt einiges im Argen. Die Kooperation zwischen den zuständigen Behörden funktioniert hinten und vorne nicht – nicht innerhalb der Mitgliedstaaten und schon gar nicht grenzüberschreitend.” Nun müsse aber sichergestellt werden, dass eine neue Behörde wirklich unabhängig sei und klare eigene Befugnisse habe. “Nur so lässt sich verhindern, dass die Mitgliedstaaten unbequeme Ermittlungsergebnisse unter den Tisch kehren können, wie dies bei der EBA-Untersuchung im Danske-Fall geschehen ist.” Unterstützung aus LuxemburgGrundsätzliche Unterstützung kam auch vom luxemburgischen Finanzminister Pierre Gramegna. Sein Land sei nicht gefragt worden, sich an der Initiative der sechs Länder zu beteiligen, sagte er vor Journalisten in Luxemburg. Es sei aber klar, dass man das Geldwäsche-Problem auf EU-Ebene angehen müsse.