EU einigt sich über Benchmarks

Rat und Parlament vereinbaren strengere Anforderungen als Lehre aus Libor-Skandal

EU einigt sich über Benchmarks

Indizes und Indikatoren, die als Orientierungsgröße für Finanzprodukte dienen (Benchmarks), werden künftig in der Europäischen Union strenger beaufsichtigt. Die EU zieht damit Lehren aus den Skandalen um manipulierte Geldmarktleitsätze.fed Brüssel – In der Nacht zum Mittwoch verständigten sich Vertreter des EU-Parlaments und des Rats als Sprecher der nationalen Regierungen auf die wichtigsten Elemente einer neuen EU-Verordnung über Benchmarks. Zwar müssen noch einige technische Fragen geklärt werden. Ein formeller Beschluss im Rat und damit praktisch der Abschluss des Gesetzesverfahrens noch in diesem Jahr gilt aber nach dem politischen Durchbruch als sicher. Genehmigung nötigDie gestrige Vereinbarung werde Erstellung und Management dieser Leitsätze verbessern, zeigte sich die EU-Kommission zuversichtlich. “Benchmarks sind entscheidend für die Funktionsfähigkeit von Finanzmärkten”, unterstrich der zuständige EU-Kommissar Jonathan Hill. Die neuen Regeln würden dazu beitragen, Vertrauen zurückzugewinnen. Die EU-Verordnung zielt darauf, die Gefahr der Manipulation zu senken, indem jene, die Benchmarks anbieten, einer vorherigen Genehmigung bedürfen und überwacht werden. “Kritisch” vs. “nicht kritisch”Zentrales Element der EU-Vorgaben ist die Differenzierung in “kritische” und “nicht kritische” Benchmarks. Unter die erstgenannte Kategorie fallen beispielsweise die Geldmarktleitsätze wie Libor oder Euribor, die in der Vergangenheit absichtlich beeinflusst wurden – für sie werden künftig sehr strikte Regeln gelten. Hingegen sind die Anforderungen für die “nicht kritischen” Benchmarks in der Schlussphase des Gesetzesverfahrens gegenüber den ursprünglich von der EU-Kommission vorgesehenen Vorgaben abgeschwächt worden. Die Frage der Abgrenzung bestimmte die Schlussverhandlungen im sogenannten Trilog bis zuletzt. Die luxemburgische Ratspräsidentschaft unterstrich am Mittwoch, dass nun Formulierungen gefunden worden seien, die erlaubten, dass Benchmarks einem Rechtsrahmen unterworfen würden, der ihrer jeweiligen “Größe und Natur” entspreche. Finanzminister Pierre Gramegna deutet damit an, dass die Indizes tendenziell umso strenger beaufsichtigt werden, je größer das Volumen der von ihnen abhängigen Finanzprodukte ist.Ein zweiter Streitpunkt, der erst in der Schlussrunde gelöst werden konnte, ist die Drittlandsregelung. Hier wurde, wie es der Luxemburger Ratsvorsitz beschreibt, ein Kompromiss gefunden, der es Anbietern aus Drittstaaten einerseits erlaubt, Indizes innerhalb der EU zu nutzen – und zwar nach einem neu geschaffenen Anerkennungs- und Genehmigungsverfahren. Andererseits soll auf diese Weise sichergestellt werden, dass europäische Verwalter von Benchmarks nicht benachteiligt werden. Die Verabschiedung der EU-Verordnung über die Referenzgrößen werde Indizes verlässlicher und weniger anfällig für Manipulationen machen, unterstrich Minister Gramegna. Abgestimmt mit IoscoDie neuen EU-Regeln korrespondieren mit weltweiten Prinzipien. Sie sind abgestimmt mit den Grundsätzen der Internationalen Organisation für Wertpapieraufsichtsbehörden (Iosco). Der Rechtstext formuliert Qualitätsanforderungen an Administratoren und Kontributoren – also an jene, die Daten sammeln und zu Indizes verarbeiten, und jene, die die nötigen Daten liefern. Eine wesentliche Rolle bei der Überwachung bekommt die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) zugewiesen, die gemeinsam mit den nationalen Ämtern die Einhaltung der EU-Vorgaben überwachen soll.