EU-Gericht hebt EZB-Urteil zu Carige auf
bl Mailand
Die vierte erweiterte Kammer des Gerichts der Europäischen Union in Luxemburg hat die Entscheidung der EZB, die Genueser Banca Carige unter Zwangsverwaltung zu stellen, für nichtig erklärt (T-501+502/19). Das Gericht gab mit dem gestern veröffentlichten Urteil zwei Klagen der Aktionärin Francesca Corneli statt, die zum Zeitpunkt der Klage 200000 Carige-Aktien hielt, entsprechend 0,000361% des damaligen Kapitals. Welche Konsequenzen das Urteil haben wird, ist unklar. Die EZB hat zwei Monate und zehn Tage Zeit, um das Urteil vor dem Gerichtshof der EU anzufechten.
Die EZB hatte Carige Anfang Januar 2019 unter Zwangsverwaltung gestellt und drei Zwangsverwalter eingesetzt, nachdem im Dezember 2018 eine Hauptversammlung den Vorschlag der damaligen Führung der Bank, eine von der EZB geforderte Kapitalerhöhung vorzunehmen, abgelehnt hatte. Der Carige-Vorstand war daraufhin geschlossen zurückgetreten. Carige wurde später vom Einlagensicherungsfonds Fitd der italienischen Privatbanken und der genossenschaftlichen Trientiner Cassa Centrale Banca gerettet. Diese nahm jedoch ihre Option, bis Ende 2019 vom Fitd fast alle Carige-Anteile zu übernehmen, nicht wahr. Die Genueser Bank steht inzwischen unmittelbar vor der Übernahme durch die Bank Bper, die zum 28. November wirksam werden soll.
Nach Angaben des Gerichts sind spätere Entscheidungen der EZB zur Verlängerung der Zwangsverwaltung nicht Gegenstand der Beschwerde, da sie nach Einreichung des Antrags auf Nichtigerklärung der ursprünglichen Entscheidung eingegangen sind. Die klagende Aktionärin teilte mit, dass sie auch andere Kleinaktionäre und Anteilseigner über ihre Initiative informiert habe, insbesondere den früheren Großaktionär Malacalza Investimenti, der vor der Zwangsverwaltung und einer späteren Kapitalerhöhung 27,8% des Kapitals hielt. Die Kleinaktionärin hoffte auf Unterstützung ihrer Klage. Eine Bestätigung des jetzt ergangenen Urteils könnte Folgen auch für eine Klage von Malacalza Investimenti haben, die Schadenersatz in Höhe von 482 Mill. Euro fordert. Das Urteil in diesem Fall wird für das kommende Jahr erwartet.