EU-Vorgaben lassen nachhaltige Fonds explodieren
sto Frankfurt
Die neue EU-Regulierung zur Nachhaltigkeit der Finanzbranche bringt die deutsche Fondsbranche sichtbar in Bewegung. Wie der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) mitteilte, ließ die sogenannte EU-Offenlegungsverordnung von Mitte März das Volumen der nachhaltigen Fonds seit Ende 2020 innerhalb von drei Monaten um 107 Mrd. Euro auf einen neuen Höchststand von 254 Mrd. Euro explodieren. Das sind immerhin bereits 8% des gesamten Fondsmarkts, die der BVI erfasst. Ende 2020 waren es 5% gewesen.
Zuvor konnten die BVI-Mitglieder nach den Wohlverhaltensregeln des Verbands auf freiwilliger Basis ihre Produkte als nachhaltig oder nichtnachhaltig klassifizieren. „Danach durften sich Fonds nur dann als ökologisch, sozial, ethisch oder Ähnliches bezeichnen, wenn ihre Anlagepolitik festgelegten, in den Fondsdokumenten – zum Beispiel im Verkaufsprospekt – dargelegten Strategien folgt“, so der BVI.
Seit 10. März indes verlangt die EU-Offenlegungsverordnung von der Finanzbranche Transparenz über die Nachhaltigkeit der Produkte und der Geschäftstätigkeit. Neben weiterhin nichtnachhaltigen Fonds gibt es demnach zwei verschiedene nachhaltige Fondskategorien. Artikel-8-Fonds, auch hellgrüne Fonds genannt, berücksichtigen nachhaltige Aspekte in ihrer Anlagestrategie. „Dunkelgrüne“ Artikel-9-Fonds haben ein explizites Nachhaltigkeitsziel (Impact).
Dem BVI zufolge hat sich nunmehr die Zahl der gemeldeten nachhaltigen Anteilscheinklassen von rund 900 per Ende 2020 auf mehr als 1800 verdoppelt. Der größte Teil des als nachhaltig klassifizierten Fondsvermögens liegt mit 168 Mrd. Euro in Publikumsfonds, die sowohl von Privatanlegern als auch von institutionellen Investoren gekauft werden können. 86 Mrd. Euro liegen in Spezialfonds, die ausschließlich Institutionellen vorbehalten sind.
Es handelt sich dabei fast ausschließlich um Artikel-8-Fonds (93% der Publikumsfonds, 99% der Spezialfonds). Impact-Fonds sind also kaum im Angebot und spielen mit einem Gesamtvermögen von 12 Mrd. Euro eine untergeordnete Rolle. Der BVI führt dies darauf zurück, dass Impact Investing „ein relativ neues Phänomen“ ist und es nur wenige Anlagemöglichkeiten gibt.
Vergleicht man die Aufteilung der Anlageklassen, gibt es am meisten nachhaltige Aktienfonds (siehe Grafik). Allerdings ist der Anteil der Aktienfonds bei den Publikumsfonds insgesamt höher als bei den nachhaltigen Produkten.
Dem BVI zufolge dürfte das Volumen nachhaltiger Fonds noch höher sein als bislang ausgewiesen, da ein Drittel der Meldungen hierzu noch ausstehe. Allerdings ist es für den Anleger nicht so leicht zu erkennen, inwieweit der Nachhaltigkeitsgedanke eines Fonds tatsächlich im Portfolio umgesetzt wird, da die EU-Vorgaben keine konkreten Vorschriften für die Ausgestaltung der Anlagebedingungen umfassen. Dies hat bereits die deutsche Finanzaufsicht BaFin auf den Plan gerufen, die hierzu eigene Leitlinien erlassen will. Sie will damit Greenwashing verhindern (vgl. BZ vom 17. Mai).
Wertberichtigt Seite 6