EU-Wertpapieraufsicht soll Libor überwachen

Entwurf der EU-Kommission sieht Verlagerung der Benchmark-Aufsicht auf ESMA vor - Regulierer legen Prinzipien vor

EU-Wertpapieraufsicht soll Libor überwachen

Die EU-Wertpapieraufsicht ESMA in Paris soll künftig Manipulationen des Interbankenzinssatzes Libor verhindern. EU-Finanzmarktkommissar Michel Barnier will nach einem Entwurf alle wesentlichen Indizes von der ESMA überwachen lassen. Das Nachsehen beim Libor hätte der Finanzplatz London.ste/bn London/Frankfurt – Die Europäische Union erwägt, die Aufsicht über den von einem Manipulationsskandal erschütterten Interbankenzinssatz Libor (London Interbank Offered Rate) der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA zu übertragen. Aus dem Entwurf einer Verordnung der Europäischen Kommission, der in einigen Wochen veröffentlicht werden soll, geht der Vorschlag hervor, die Regulierung des für weltweite Finanztransaktionen im Wert von mindestens 300 Bill. Dollar relevanten Interbankenzinssatzes von Großbritannien nach Paris zu verlegen.Bestimmte Interbankenreferenzzinssätze hätten Bedeutung für Teilnehmer, Verwalter und Nutzer über Grenzen einzelner Staaten hinweg, wird in dem 84 Seiten umfassenden Papier argumentiert. Dies bedeute, dass eine Überwachung durch die Aufsichtsbehörde eines Mitgliedstaats nicht effizient sei, was die Risiken dieser Benchmark angehe. Im Falle wichtiger Referenzsätze wie Euribor und Libor sei es daher von Nöten, dass ESMA die Überwachung verantworte.Dem Entwurf zufolge soll ESMA als für EU-weit wichtige Benchmarks zuständige Behörde nicht nur von dazu autorisierten Stellen Daten zur Ermittlung einer Benchmark anfordern können, sondern etwa auch über den Verhaltenskodex ihres Verwalters bestimmen können. Das Papier sieht überdies vor, dass der Verwalter einer EU-weit wichtigen Benchmark die zu seiner Bestimmung verwendeten Daten nach ihrer Publikation so weit wie möglich veröffentlicht, es sei denn, eine Publikation zöge ernsthafte Nachteile für die an der Ermittlung beteiligten Adressen nach sich oder würde “die Verlässlichkeit oder Integrität der Benchmark beeinträchtigen”. Widerstand programmiertDer Vorsitzende des einflussreichen Ausschusses für Wirtschaft und Währung im Europäischen Parlament, Sharon Bowles, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er wäre überrascht, wenn die Verlagerung vollzogen werde. Großbritannien werde eine solche direkte Beaufsichtigung durch eine EU-Behörde als “aufdringlich” empfinden. Es gilt als unwahrscheinlich, dass das Regelwerk zur Regulierung von Benchmarks wie dem Libor vor 2014 in Kraft treten wird.Die britische Regierung brachte im vergangenen Herbst bereits eine Reform des Libor-Ermittlungsverfahrens, der Administration und Aufsicht auf den Weg (vgl. BZ vom 29.9.2012). Der Chef der neuen Finanzaufsichtsbehörde FCA, Martin Wheatley, legte einen Zehnpunkteplan vor, mit dem das “defekte System” der Libor-Ermittlung und -Kontrolle vollständig überholt werden soll. Zur Begründung für die Entscheidung, an dem täglich in London ermittelten Zinssatz festzuhalten, verwies er darauf, dass der Libor in den Finanzmärkten weltweit tief verwurzelt sei. Es sei nicht erkennbar, dass das Libor-System nicht reparabel, eine bessere Alternative verfügbar und ein sofortiger und problemloser Übergang auf dieses System möglich sei. Die FCA ist seit April die vorläufige Regulierungsinstanz für den Libor. Nach einem neuen Administrator, der den britischen Bankenverband BBA ablöst, wird noch gesucht. EU legt Prinzipien vorESMA und die europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA veröffentlichten am Donnerstag einen Bericht mit Prinzipien für das künftige Benchmark-Ermittlungsverfahren in der EU. Diese Grundsätze gäben allen Beteiligten innerhalb der EU Klarheit darüber, was von ihnen erwartet werde, so der ESMA-Vorsitzende Steven Maijoor. Die finale Fassung verlangt von den Benchmark-Anbietern Notfallpläne für den Fall unzureichender Daten für die Eingaben zur Zinssatzermittlung. Zudem sollen die zur Ermittlung genutzten Daten eine zuverlässige Basis wie Vermögenswerte oder Preise darstellen und auf nachvollziehbaren Transaktionen basieren. Die sofortige Annahme der Prinzipien werde helfen, Vertrauen in diese Finanz-Benchmarks wiederherzustellen, so ESMA-Chef Maijoor. ESMA und EBA wollen die Anwendung der Prinzipien nach 18 Monaten überprüfen. An transaktionsbasierten Alternativen werde gearbeitet, hieß es.Regulierer in den USA wie der Chef der Rohstoffderivateaufsicht CFTC, Gary Gensler, haben sich für die Abschaffung des Libor und für die Etablierung eines auf Markttransaktionen beruhenden Zinssatzes ausgesprochen. Die Libor-Ermittlung basiert bislang auf einer Einschätzung des benötigten Kreditbedarfs im Interbankenhandel. Auf mittlere Sicht führe kein Weg an Alternativen zu Euribor und Libor vorbei, “die so weit wie möglich auf tatsächlichen Transaktionen in liquiden Märkten basieren”, sagte jüngst Elke König, Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.