EU will Clearing-Abhängigkeit von London reduzieren
Reuters London
Die EU will die Abhängigkeit des Finanzsektors von britischen Clearinghäusern im Derivate-Geschäft beenden. Banken und andere Marktteilnehmer sollen künftig den Regulierungsbehörden nachweisen müssen, dass sie bei der Abwicklung von Derivate-Transaktionen nicht übermäßig auf Londoner Clearinggesellschaften angewiesen sind, wie aus einem Gesetzesentwurf der EU-Kommission hervorgeht. Danach müssen Marktteilnehmer künftig ein aktives Konto mit einem noch festzulegenden Mindestmaß an Aktivität bei einer Clearingstelle in der EU unterhalten. Durch den EU-Austritt Großbritanniens sind neue Vorschriften notwendig geworden. Die bislang geltenden Übergangsregelungen laufen am 30. Juni 2025 aus.
Britische Dominanz
Bislang dominieren auch nach dem Brexit weiterhin britische Clearinghäuser wie das zur Londoner Börse LSE gehörende Clearinghaus LCH das Geschäft mit der Abwicklung von auf Euro lautenden Finanzderivaten. Clearinghäuser übernehmen eine wichtige Scharnierfunktion in der Finanzwirtschaft: Sie kümmern sich um die Abrechnung und Abwicklung von Wertpapiergeschäften und stehen zwischen Verkäufer und Käufer. Sie sind durch einen Ausfallfonds abgesichert. So soll gewährleistet werden, dass Transaktionen auch dann abgewickelt werden, wenn eine Seite in Konkurs geraten sollte.
Es sei angemessen, von finanziellen sowie nichtfinanziellen Gegenparteien zu verlangen, dass sie direkt oder indirekt Konten mit einem Mindestmaß an Aktivität bei Clearingstellen unterhalten, die in der EU ansässig sind, heißt es in dem Gesetzesentwurf. Das geforderte Mindestmaß an Aktivität soll von der EU-Börsenaufsicht ESMA und anderen Aufsichtsbehörden in der EU festgelegt werden.
Laut Entwurf zielt der Schritt unter anderem darauf ab, die Finanzstabilität zu schützen. Übermäßigen Engagements bei einigen wenigen Clearinghäusern außerhalb der EU soll ein Riegel vorgeschoben werden. „Darüber hinaus sollte die ESMA geeignete Einführungszeiträume für die schrittweise Umsetzung dieser Anforderung angeben“, heißt es in dem Entwurf weiter.
Kosten und Nutzen im Blick
Zu der geplanten Regelung sind öffentliche Konsultationen geplant. Überdies soll die ESMA eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellen. Vorgesehen ist bisher, dass der Gesetzesentwurf am 7. Dezember veröffentlicht wird. Das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten müssen den Regelungen noch zustimmen. Große internationale Bankenkonzerne hatten die EU davor gewarnt, bei der Regulierung zu scharf vorzugehen. Zu strenge Vorschriften könnten sich für Banken in der EU schädlich erweisen. Denn diese seien auf einen Zugang zu globalen Liquiditätspools in London angewiesen. Auch könnte ein zu hartes Vorgehen dazu führen, dass Clearinggeschäfte in die USA abwandern, hatte es geheißen.