Euronext und Deutsche Börse passen Ziele an
Europas Börsenbetreiber passen Strategien an
Euronext will mehr internationale Unternehmen an ihre sieben Börsenplätze locken
phh Frankfurt
Es läuft bei Europas Börsenbetreibern: Sowohl die Deutsche Börse als auch die Euronext haben anlässlich ihrer Geschäftszahlen zum dritten Quartal ihre Jahresprognosen angehoben. Während der designierte neue Deutsche-Börse-Chef Stephan Leithner dabei die Ziele für die Strategie „Horizon 2026“ präzisierte, gab auch Euronext-Chef Stéphane Boujnah am Donnerstagabend in Paris ein Strategie-Update.
Bis 2027 sollen die Umsätze der Euronext organisch pro Jahr durchschnittlich um mehr als 5% wachsen. Gleiches gilt für den bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda). Die Deutsche Börse peilt für die kommenden beiden Jahre ein durchschnittliches organisches Nettoerlöswachstum von 8% an – ohne das Treasury-Ergebnis. Beim Ebitda-Wachstum stellt die Deutsche Börse zwischen 2022 und 2026 jährlich durchschnittlich 11% in Aussicht.
Deutsche Börse und Euronext wollen sich breiter aufstellen
Eine tragende Säule in den Strategieplänen ist das Vorhaben, die Börsenbetreiber unabhängiger vom schwankungsanfälligen Börsengeschäft zu machen. Die Deutsche Börse spricht in diesem Zusammenhang immer von sogenannten wiederkehrenden Erlösen (Recurring Revenues), hinter denen vor allem Software- und Datengeschäft steht. Das finale Puzzlestück für die Deutsche Börse war hierbei die Rekordübernahme des dänischen Spezialsoftware-Anbieters Simcorp, der gerade integriert wird.
Bei der Deutschen Börse soll der Anteil der wiederkehrenden Erlöse am Gesamterlös bis Ende 2026 auf 65 bis 70% steigen. Die Euronext spricht von volumenunabhängigen Aktivitäten, zu denen Kapitalmarkt- und Datenlösungen zählten. Diese Geschäfte würden inzwischen 59% des Umsatzes ausmachen. Vor zehn Jahren habe ihr Anteil noch bei 44% gelegen.
Euronext lockt internationale Unternehmen
Beide Börsenbetreiber wollen auch weiter zukaufen. Allerdings nicht um jeden Preis, wie sowohl Leithner als auch Boujnah betonen. Den etwas größeren Handlungsspielraum dürfte allerdings die Euronext haben, deren Nettofinanzschulden derzeit nur beim 1,5-Fachen des adjustierten Ebitda liegen. Der Verschuldungsgrad der Deutschen Börse soll nach der Simcorp-Übernahme bis Jahresende unter dem Faktor 2,25 liegen.
Wachstumspotenzial sehen die beiden Börsenbetreiber aber auch im Kerngeschäft, beispielsweise im Clearing-Geschäft. Offensivere Ziele im Geschäft mit Börsengängen formuliert die Euronext. CEO Boujnah kündigte an, mehr internationale Unternehmen an eine der sieben Euronext-Börsen in Amsterdam, Brüssel, Dublin, Lissabon, Mailand, Oslo oder Paris locken zu wollen. Gelingen soll das über ein neues Team speziell für internationale Listings.
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