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"Europa, Japan und China bevorzugen"

Interview mit Gerhard Wiesheu

"Europa, Japan und China bevorzugen"

Herr Wiesheu, kann sich der langjährige Aufschwung 2019 behaupten oder droht eine Rezession?Das zuletzt hohe Wachstum der Weltwirtschaft dürfte sich abschwächen, aber wir werden im kommenden Jahr auf solidem Wachstumskurs bleiben. Eine Rezession ist nicht zu erwarten.Aber die politischen Risiken nehmen zu. Weltweit ist doch wieder mehr Protektionismus angesagt?Wir alle wissen, dass aus dem Handelskonflikt erhebliche Risiken erwachsen können. Doch bin ich überzeugt, dass man sich annähern wird und gemeinsam nach Lösungen sucht. Dies gilt insbesondere auch für den Konflikt zwischen den USA und China.Wohin steuert Europa vor dem Hintergrund des Brexits und der Entwicklung in Italien?Solange es der politische Wille ist, wird es ein gemeinsames Europa geben und auch den Euro. Daher glaube ich nicht, dass es im Fall von Italien zu einer großen Eskalation kommt. Vielmehr dürften Italien und die EU sich auf einen Kompromiss einigen, der für beide Seiten tragbar ist.Und was ist mit dem Brexit?Auch hier ist ein Kompromiss mit vernünftigen Übergangsfristen wahrscheinlich.Was passiert, wenn es doch zu einem Hard Brexit kommt?Dann dürfte es zu einer Flucht in sichere Anlagen wie Bundesanleihen kommen. Die Aktienmärkte könnten korrigieren und das Pfund dürfte Probleme bekommen. Das stellt für uns ein Risikoszenario dar, von dem wir allerdings nicht ausgehen.Hat Japan die Deflation überwunden?Ja, Japan hat die Deflation ganz klar überwunden und befindet sich in einem positiven Konjunkturzyklus. Hinzu kommt die politische Stabilität mit dem langjährigen Ministerpräsident Abe, zumal die nächsten Wahlen erst in drei Jahren anstehen. Und mit dem Partnerschaftsabkommen zwischen Japan und der EU entsteht das weltweit größte Freihandelsabkommen, das rund ein Drittel des globalen Bruttoinland-produkts umfasst.Wie beurteilen Sie die Chancen des japanischen Aktienmarktes?Der japanische Aktienmarkt ist moderat bewertet und Japan ist weltweit führend in Zukunftsbranchen wie Robotics und künstlicher Intelligenz. Neben China ist Japan für 2019 eines der aussichts-reichsten Länder weltweit.Drohen nicht Rezessionsgefahren durch weitere Zinserhöhungen der US-Notenbank?Die Fed dürfte ihren Leitzinssatz Ende dieses Jahres noch einmal erhöhen und auch noch zwei- bis dreimal im kommenden Jahr. Dann sollte sie aber nicht weiter straffen. Die US-Zinskurve ist noch immer weit von der Inversität entfernt. Eine Rezession in den USA erwarten wir nicht, zumal die Fed bei Zinserhöhungen recht vorsichtig agiert.Und was wird die EZB machen?Der Nettoerwerb von Anleihen wird auslaufen und die EZB wird sich hin zur Normalität bewegen. Ende 2019 erwarten wir den Einlagensatz wieder bei 0%. Die Straffung dürfte also sehr moderat ausfallen und die EZB wird das Zinsniveau nur sehr langsam nach oben bewegen.Was bedeutet dies für Bunds und europäische Staatsanleihen?Anleger dürften 2019 mit Bundesanleihen den aktuell extrem niedrigen Kupon nicht verdienen. Bunds und Staatsanleihen sind wenig attraktiv. Aufgrund der Gefahren am Anleihemarkt sollten Anleger zumindest in Euro die Duration zurückfahren.Und bei US-Treasuries?Locken höhere Renditen, wobei für den Euro-Anleger aber auch hohe Kosten der Währungssicherung zu berücksichtigen sind.Was erwarten Sie für den Dollar?Die USA sind hoch verschuldet und die wirtschaftliche Dynamik dürfte in den Vereinigten Staaten abnehmen. Daher gehen wir von einer mittelfristigen Abschwächung des Dollars bis auf ein Niveau von 1,30 Dollar je Euro Ende 2019 aus.Wie beurteilen Sie die Aussichten an den Aktienmärkten?Wir raten, Europa, Japan und China zu bevorzugen. Die Bewertungen sind hier moderat und die Unternehmensgewinne dürften weiter ansteigen. Aufgrund ihrer hohen Bewertung sind wir für US-Aktien weniger positiv gestimmt.Aber der chinesische Aktienmarkt hat 2018 deutlich verloren.Das stimmt und durch den starken Rückschlag sind chinesische Titel nun wieder richtig interessant. Denn die chinesische Wirtschaft wächst weiter und China ist im Technologiesektor hervorragend positioniert. Langfristig sollten Investoren daher in China auf jeden Fall engagiert sein.Und wie beurteilen Sie die Perspektiven für den Dax?Die Bewertung ist inzwischen moderat und die Unternehmensgewinne dürften im kommenden Jahr um 8 bis 10% wachsen. Daher dürfte 2019 ein Plus im Dax von rund 10% drin sein.—-Gerhard Wiesheu, Partner und Vorstand, Bankhaus Metzler