SCHLUSSNOTE

Europäischer Aktien-Blues

Ein Blick auf führende Indizes in Europa und in den USA dürfte Investoren, die auf Europa gesetzt haben, die Tränen in die Augen treiben. Allerdings keine Freudentränen. Denn anders als der S & P 500 liegen die Blue-Chip-Benchmarks Euro Stoxx 50 und...

Europäischer Aktien-Blues

Ein Blick auf führende Indizes in Europa und in den USA dürfte Investoren, die auf Europa gesetzt haben, die Tränen in die Augen treiben. Allerdings keine Freudentränen. Denn anders als der S & P 500 liegen die Blue-Chip-Benchmarks Euro Stoxx 50 und Stoxx Europe 50 deutlich unter ihren Höchstständen. Europa macht auf China, ließe sich überspitzt sagen. Lag doch der Schanghaier Leitindex SSE Composite Mitte September über 45 % unter dem 2015 erreichten Zwischenhoch und um über die Hälfte unter dem 2007 erreichten Rekord. Der Euro Stoxx 50 liegt nur gut 10 % unter dem Zwischenhoch von 2015, aber auch gut ein Drittel unter dem Top, das bereits im Jahr 2000 erreicht wurde.Ein Langzeitvergleich ab Anfang 2000 zeigt, dass die europäischen Blue Chips ein ausgeprägtes Performance-Problem haben. Das Bild ist etwas weniger düster, als es die reinen Indexstände nahelegen, wenn die Dividenden einberechnet werden: Dann hat auch der Euro Stoxx 50 in 2015 das Hoch aus dem Jahr 2000 übertroffen.Auf vergleichbarer Basis – in Euro, und unter Einrechnung der Dividende – liegen europäische Blue Chips aber weit zurück. Der Schanghaier Aktienmarkt lag Mitte September gemessen am SSE Composite 187 % über dem Stand von Anfang 2000. Chinesische Aktien erzielten damit eine jährliche Performance von fast 5,8 %, mehr noch als jene der US-Titel: Der S & P 500 erreichte in diesem Zeitraum ein Plus von 164 % oder annualisiert knapp 5,3 %. Europäische Blue Chips haben seit Anfang 2000 eine jährliche Wachstumsrate von 1,8 % (Euro Stoxx 50) beziehungsweise 1,2 % (Stoxx Europe 50) erreicht. Nach Abzug der Inflation und von Transaktionskosten bleibt da real nichts übrig. Dass überhaupt eine positive Rendite resultiert, liegt einzig an den Dividenden. Die reine Kursentwicklung hätte mit minus 28 % beziehungsweise minus 33 % miserabel ausgesehen. Der Langfristvergleich zeigt, welche phänomenale Entwicklung chinesische Wertpapiere insbesondere seit dem Jahr 2006 genommen haben, und wie stark ihre Performance bis heute von der Kursblase der Jahre 2006/07 zehren kann. Doch auch wenn erst ab der Finanzkrise gemessen wird, liegt der SSE Composite rund 96 % höher. Der Euro Stoxx 50 erreicht ein Plus von 53 % und der Stoxx Europe 50 von 56 %.Während der demografische Faktor eine Erklärung für das schwache Abschneiden europäischer Titel sein kann, spielt auch die Größe der Unternehmen hinein. Werden auch Mid und Small Caps einbezogen, schneidet Europa besser ab. Die breitere Benchmark Stoxx Europe 600 weist seit Anfang 2000 einen Gesamtertrag von 92 % aus, das ist gegenüber dem S & P 500 (164%) zumindest respektabel. Annualisiert beträgt der jährliche Return über 3,6 %. Kleinere Unternehmen schneiden in Europa also an der Börse deutlich besser ab. Und im breiteren Stoxx Europe 600 fällt der belastende Einfluss von Banken und Energieversorgern geringer aus. Interessant ist auch, dass nicht alle Blue-Chip-Indizes in Europa so schlecht abschneiden. Der Dax weist seit Anfang 2000 einen vergleichbaren Ertrag von 85 % und der Swiss Market Index einen von 184 % aus. Gezieltes Investieren und Vorsicht bei der europäischen Südschiene zahlen sich also aus.