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Europas Aktien im Kommen

Inzwischen bestehen kaum noch Sorgen um die Eurozone. Analysten erwarten eine Aufholjagd europäischer Aktien. Wie Anleger mit ETF davon profitieren können. Von Anna-Maria Borse Europa meldet sich zurück. Schon seit einigen Monaten zeigt sich ein...

Europas Aktien im Kommen

Inzwischen bestehen kaum noch Sorgen um die Eurozone. Analysten erwarten eine Aufholjagd europäischer Aktien. Wie Anleger mit ETF davon profitieren können.Von Anna-Maria BorseEuropa meldet sich zurück. Schon seit einigen Monaten zeigt sich ein Stimmungsumschwung: weg von den USA, wo Donald Trump alles andere als überzeugt, hin zu Europa. Zuletzt sorgte der Sieg von Emmanuel Macron in Frankreich für Erleichterung – und nochmals steigenden Optimismus. Zwar stehen noch Wahlen in Deutschland und eventuell auch Italien an, ebenso die Parlamentswahlen in Frankreich, ein Auseinanderbrechen der Eurozone scheint aber vom Tisch. So plädieren viele Analysten spätestens seit der Stichwahl in Frankreich für europäische Aktien: “Die Chancen stehen gut, dass die Börsenkurse nun weniger durch politische Risiken belastet werden”, kommentierte etwa der Vermögensverwalter Allianz Global Investors. In dem Maß, in dem die politische Unsicherheit nachlasse, könnten europäische Aktien weiter zulegen und dabei besser als globale Titel abschneiden. “Dafür sprechen nicht zuletzt die erhöhten Gewinne und gestiegenen Auftragseingänge der Unternehmen.” Befürchtungen um Frankreich schrumpfenDer vom Behavioral-Finance-Experten Sentix erhobene Sentix Euro-Break-up-Index hat bereits Ende April Entspannung angedeutet. Der Indikator, der aufzeigt, für wie wahrscheinlich private und institutionelle Investoren auf Sicht von zwölf Monaten ein Auseinanderbrechen der Eurozone halten, zeigt: Einen Euro-Zerfall erwarten nur noch 13,6 % der Anleger, nach 18,7 % im Vormonat – und 73 % in der Spitze im Jahr 2012. Für Frankreich sank die Austrittswahrscheinlichkeit auf 3,5 %, Ende Februar waren es noch 8,4 %. Griechenland und Italien bleiben mit 8,7 % und 7,4 % die am meisten genannten potenziellen Austrittskandidaten. Allerdings liegen auch hier die Werte deutlich unter den Spitzenniveaus: Für Griechenland haben diese im Juli 2012 über 70 % erreicht, für Italien waren es vor dem Referendum Ende 2016 immerhin 19,3 %. “Dass Italien jetzt fast in einem Atemzug mit Griechenland genannt wird, macht deutlich, dass die Sorgen durchaus noch vorhanden sind”, bemerkt Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner. “Interessant ist übrigens, dass bezüglich Portugal niemals ernsthafte Risiken gesehen wurden, anders als es die Anleiherenditen vermuten ließen.”Noch im vergangenen Jahr waren die Sorgen in und um Europa groß, Anleger wendeten sich ab – auch im ETF-Markt: 2016 wurden weltweit netto 39 Mrd. Euro aus der Eurozone und dem übrigen Europa in Form von ETF abgezogen, wie Statistiken des ETF-Anbieters Amundi zeigen. In diesem Jahr gab es wieder Zuflüsse, mit 8,3 Mrd. Euro bis Ende April lagen ­diese auch deutlich vor den Zuflüssen nach Nordamerika, Asien oder in die Schwellenländer. Das gilt auch für den April: “Vor dem Hintergrund hoher Aktien-Bewertungen und politischer Unsicherheiten in den USA haben ETF-Anleger ihr Geld im April in europäische Aktien umgeschichtet”, berichtet Amundi. Nicht nur die anziehende Konjunktur in Europa habe diese Entwicklung wohl unterstützt. “Offensichtlich bereiten auch die politischen Risiken den Anlegern gegen­wärtig weniger Kopfzerbrechen als noch zu Beginn des Jahres.” Nicht nur Stimmung gutDie Stimmungsindikatoren steigen und steigen: So kletterte das Verbrauchervertrauen in der Eurozone seit August vergangenen Jahres stetig nach oben. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie in der Eurozone erreichte im April 56,7 Punkte, den höchsten Stand seit 2011. Auch die harten Fakten stimmen: Nach BIP-Rückgängen 2012 und 2013 wächst die Wirtschaft seit 2014 wieder, nach 2 % und 1,7 % 2015 und 2016 prognostiziert der IWF für 2017 und 2018 1,7 % und 1,6 %. Besonders erfreulich: Auch die Mittelmeeranrainer profitieren. In Spanien ging es im vergangenen Jahr um 3,2 % nach oben, für 2017 rechnet der IWF immerhin noch mit 2,6 %. Zudem sinkt die Arbeitslosigkeit. Im März 2017 lag sie für den gesamten Euroraum bei 9,5 % – das war der niedrigste Stand seit 2009. In Spanien fiel die Arbeitslosenquote im März auf 18,2 %, ebenfalls ein Achtjahrestief. Zum Vergleich: 2013 waren es noch über 26 %. “Der zyklische Aufschwung gewinnt in der Peripherie scheinbar an Kraft”, schreibt die LBBW. Dies könne sich zu einem sich selbst verstärkenden Effekt entwickeln und würde ein Ende des Teufelskreises von schwachem Wachstum, höheren Schulden und schwachem Bankensystem darstellen. Breites AngebotMöglichkeiten, über ETF an der Entwicklung des europäischen Aktienmarktes zu partizipieren, gibt es viele. In Deutschland können Anleger der Plattform JustETF zufolge auf 272 europäische Aktien-ETF setzen, davon rund 100 Branchen-ETF. Alle großen Anbieter haben solche ETF im Angebot. Viele der Indexfonds haben Assets under Management in Milliardenhöhe angesammelt. Von den breit streuenden ETF ist der iShares Euro Stoxx 50 der Größte, er kommt auf ein verwaltetes Vermögen von mehr als 9 Mrd. Euro, auf den Plätzen 2 bis 4 folgen der Lyxor Euro Stoxx 50 mit 7,6 Mrd., der iShares Stoxx Europe 600 mit 5,9 Mrd. und der iShares MSCI Europe mit 5,8 Mrd. Euro. Unterschieden werden können die ETF nach den Indizes, die sie abbilden. Der Euro Stoxx 50 gibt die Entwicklung der 50 größten börsennotierten Unternehmen aus elf Ländern in der Eurozone wieder, ist also ein echter Blue-Chip-Index für Euroland. Ebenfalls die Eurozone deckt der MSCI EMU ab, mit derzeit 241 Titeln aus dem Large- und Mid-Cap-Bereich aus zehn Ländern ist er aber wesentlich breiter aufgestellt. Er wird dominiert von französischen und deutschen Aktien mit 32,6 % und 29,7 %, gefolgt von nieder­ländischen, spanischen und italienischen. Branchenseitig sind Finanztitel mit 20,2 % die Schwergewichte, danach kommen Industrietitel mit 15,4 % und zyklische Konsumwerte mit 14,2 %.Der Stoxx Europe 600 bildet hingegen die 600 größten Unternehmen aus ganz Europa ab, also inklusive Großbritannien, Norwegen, Schweiz, Schweden und Dänemark. Der MSCI Europe bezieht sich ebenfalls auf ganz Europa, und zwar auf Aktien aus 15 entwickelten Ländern. Aktuell enthält der Index 446 Titel. Hier dominiert Großbritannien mit 27,8 %, gefolgt von Frankreich mit 16,4 % und Deutschland mit 15 %. Es geht auch spezieller: Wer Großbritannien wegen der Brexit-Sorgen explizit nicht dabeihaben möchte, kann auf den MSCI Europe ex UK oder den Stoxx Europe ex UK setzen, etwa mit dem iShares MSCI Europe ex-UK. Wer nach wie vor Zweifel an der Eurozone hat, für den kommt der MSCI Europe ex EMU in Frage, Beispiele sind der Deka MSCI Europe ex EMU (DE000ETFL458) und der Amundi MSCI Europe ex EMU. Abgesehen davon gibt es zahlreiche ETF, die auf bestimmte europäische Branchen setzen, sowie ETF mit Faktorstrategien wie Value oder Growth, mit Fokus auf die zweite oder dritte Reihe (DE0005933998 oder IE00B3VWMM18) oder einzelne Regionen wie die skandinavischen Länder (FR0010655738).Da europäische Aktien-ETF hierzulande neben Dax-Trackern zu den beliebtesten ETF gehören und auch die Abbildung unkompliziert ist, sind die Kosten gering. Die günstigsten sind von HSBC und Source und bereits ab 0,05 % p.a. zu haben. Selbst die teuersten mit bestimmten Schwerpunkten kosten lediglich 0,65 % im Jahr.