EZB-Bankenaufsicht setzt Prioritäten für 2016

Geschäftsmodelle und Ertragsschwächen im Niedrigzinsumfeld besonders im Fokus - Strukturelle Defizite aufspüren - Fünf Schwerpunkte identifiziert

EZB-Bankenaufsicht setzt Prioritäten für 2016

Die EZB-Bankenaufsicht setzt Leitlinien für ihre Tätigkeit in diesem Jahr. Ganz oben auf der Liste stehen Rentabilitätsanalysen der Ertragskraft auf Ebene der Einzelinstitute sowie über Geschäftsmodelle hinweg. Die beaufsichtigten Banken wissen jetzt, was der Regulator 2016 prioritär bei ihnen anfordern wird.bg Frankfurt – Die EZB-Bankenaufsicht hat mit Beginn des Jahres die geplanten Schwerpunkte ihrer Prüfungen dargelegt. Im zweiten Jahr der Bankenaufsicht im Euro-Währungsgebiet wollen sich die Regulatoren insgesamt fünf Schwerpunkten widmen, wobei das Risiko im Zusammenhang mit Geschäftsmodellen und Ertragskraft ganz oben auf der Rangliste steht. Gefolgt wird diese Top-Priorität von weiteren zentralen Aspekten, deren Relevanz jedoch in den Ländern des Euroraums unterschiedlich gelagert sei, heißt es in einer Mitteilung. Damit wollen die Aufseher verdeutlichen, dass Analysen und Maßnahmen verhältnismäßig und bankenindividuell vorgenommen werden, während die Setzung von Prioritäten gleichzeitig eine hinreichende Harmonisierung der Vorgaben sicherstellen soll. Die fünf Schwerpunkte beruhten auf der Einschätzung der wesentlichen Risiken, denen Banken im derzeitigen Umfeld ausgesetzt seien, heißt es erklärend in der Mitteilung. Reihe von InitiativenDie vier weiteren vorrangigen Prioritäten auf der Liste des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM) sind Kreditrisiken, Angemessenheit der Kapitalausstattung, Risk Governance und Datenqualität sowie Liquidität. Die Aufseher kündigen an, dass für jede der Prioritäten eine Reihe von Aufsichtsinitiativen durchgeführt wird. In manchen Fällen dauere die vollständige Umsetzung möglicherweise mehr als ein Jahr. “Die Prioritäten sind ein wichtiges Instrument, um die Aufsichtsmaßnahmen für alle Banken auf harmonisierte und angemessene Weise zu koordinieren und gleichzeitig zu gleichen Rahmenbedingungen und Wachstum beizutragen”, so Danièle Nouy, Vorsitzende des Aufsichtsgremiums der Europäischen Zentralbank (EZB).Dass die Aufseher die Ertragsschwäche der Banken in den Fokus rücken, kommt wenig überraschend, hatten sie das doch bereits im September auf Basis eigener Kalkulationen sowie Eingaben nationaler Aufseher als wichtigstes Risiko in den Vordergrund gestellt (siehe Grafik). Nun heißt es, beide Faktoren (Geschäftsmodelle sowie Ertragskraft) würden durch “das hohe Niveau der Wertminderungen von Vermögenswerten sowie die anhaltende Niedrigzinsphase belastet” – wobei die Europäische Zentralbank (EZB) als Instanz der Geldpolitik für einen Teil der Rahmenbedingungen selbst die Verantwortung trägt.Gestartet wird vom SSM nun eine thematische Überprüfung der Bestimmungsfaktoren für die Ertragskraft der Banken auf Unternehmensebene sowie über Geschäftsmodelle hinweg. Durch die Analyse der Bestimmungsfaktoren der Ertragskraft könnten Banken mit einer strukturell niedrigen Ertragslage leichter ermittelt werden, sagen die Aufseher. In diesem Zusammenhang werde untersucht, ob Rentabilität auch durch eine Lockerung der Kreditrichtlinien, eine stärkere Inanspruchnahme kurzfristiger Refinanzierung oder eine Erhöhung der Risikopositionen, die nicht der angegebenen Risikobereitschaft der Bank entspricht, erreicht werde. Anlass zur BesorgnisDas sind Maßnahmen, die zur aufsichtlichen Routine gehören, nun aber schwerpunktmäßig geprüft werden. Das gilt auch für den zweiten Punkt auf der Liste, die Kreditrisiken. Eine Lockerung der Kreditrichtlinien gebe in einigen SSM-Ländern “Anlass zur Besorgnis, insbesondere in jenen Ländern, die stark von der Krise betroffen sind”, heißt es in der erläuternden Darstellung zu den Aufsichtsprioritäten. Eine Task Force zu notleidenden Krediten beleuchte derzeit die Situation von Instituten mit einem hohen Bestand an notleidenden Krediten und werde entsprechende Folgemaßnahmen vorschlagen. Vorbereitungen laufenZudem werden in puncto Kreditrisiken die potenziellen Auswirkungen von IFRS 9 auf die Wertberichtigungspraktiken der Banken überprüft. Es soll auch festgestellt werden, wie sich die Banken auf die Einführung von IFRS 9 vorbereiten. Die Arbeiten zur Einführung des Nachfolgestandards zur IAS 39 sind im Finanzsektor bereits nach den Jahresabschlüssen im Frühjahr 2015 aufgenommen worden (vgl. BZ vom 30.5.2015). Banken werden von Investoren bereits aufgefordert, den Ergebniseffekt auf die Risikovorsorge zu beziffern. Einer Umfrage von EY zufolge beziffern 52 % der befragten deutschen Institute den Anstieg auf 0 bis 20 %, 45 % veranschlagen ihn auf 20 bis 50 % und 3 % sogar auf mehr als 50 %.Ferner zählt die EZB auch die Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung zu den Prioritäten für 2016. Themenschwerpunkte sind Qualität und Kohärenz der Verfahren der Banken zur Beurteilung der Angemessenheit des internen Kapitals (ICAAP), welche auch die internen Stresstestkapazitäten der Banken einschließen sowie die Durchführung von aufsichtlichen Stresstests – auch in diesem Jahr soll ein von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) koordinierter Stresstest durchgeführt werden, wenn auch nur in abgespeckter Variante. Zudem soll untersucht werden, wie gut die Banken auf Regulierungsstandards (TLAC, MREL) für bail-in-fähiges Kapital vorbereitet sind.Beim Schwerpunkt zu Risk Governance wird der SSM überprüfen, ob die Banken aufbauend auf den 2015 bereits abgefragten Daten den Grundsätzen für die effektive Aggregation von Risikodaten und die Risikoberichterstattung des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht entsprechen. Nachholbedarf wird einigen Instituten auch beim Management von Liquiditätsrisiken attestiert. Deshalb werde der SSM sein Augenmerk auf die Zuverlässigkeit der Verfahren der Banken – auch unter angespannten Bedingungen – zur Beurteilung der Angemessenheit der internen Liquidität (ILAAP) richten.