EZB rügt Institutssicherung

Sparkassen-Finanzgruppe muss Entscheidungswege ihres Systems begradigen und Governance verbessern

EZB rügt Institutssicherung

Nach der Privatisierung der HSH Nordbank und der Rekapitalisierung der Nord/LB fordert die Europäische Zentralbank von der Sparkassen-Finanzgruppe Veränderungen in deren Sicherungssystem. Entscheidungen sollen schneller fallen, auch mit der Governance hadert die Aufsicht, wie zu erfahren ist. Von Bernd Neubacher, FrankfurtDie Europäische Zentralbank (EZB) dringt auf Reformen in der Institutssicherung der Sparkassen-Finanzgruppe, wie die Börsen-Zeitung von vier mit der Situation vertrauten Personen erfahren hat. Demnach hat die europäische Bankenaufsicht nach der Privatisierung der HSH Nordbank sowie der Rekapitalisierung der Nord/LB Defizite in der Governance sowie in den Entscheidungsstrukturen des öffentlich-rechtlichen Sicherungssystems diagnostiziert. Sie fordert daher Strukturen, die im Falle von Schieflagen raschere Beschlüsse über Stützungsaktionen ermöglichen. Die Europäische Zentralbank (EZB) und der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) äußern sich dazu auf Anfrage nicht. Anpassungen dauernOffiziell ist die Prüfung noch nicht abgeschlossen, wie es in Finanzkreisen heißt. Die Angelegenheit hat indes bereits den Supervisory Board, das oberste Entscheidungsgremium der bei der EZB angesiedelten Bankenaufsicht, passiert. Nun soll der DSGV zu den Beanstandungen eine Stellungnahme einreichen. Dass diese die Aufseher umstimmen wird, ist aller Erfahrung nach nicht zu erwarten. Vielmehr dürfte es anschließend darum gehen festzulegen, wie die Sparkassen-Finanzgruppe ihre Strukturen an die Vorstellungen der Aufsicht anpasst. Fristen sollten dabei eher mit Blick auf die mittlere Zukunft gesetzt werden. Kurzfristigen Änderungen dürften ebenjene dezentralen Strukturen im Verbund entgegenstehen, an welchen die Aufseher Anstoß genommen haben.Auf DSGV-Präsident Helmut Schleweis, der im vergangenen Jahr bereits die Debatte um den Aufbau eines Sparkassen-Zentralinstituts initiierte, kommt mit der Reform des Sicherungssystems das nächste Großprojekt zu, bei dessen Bewältigung nicht in Monaten, sondern eher in Jahren zu rechnen ist. Die Akzeptanz ihres Sicherungssystems ist für die Sparkassen-Finanzgruppe essenziell. Schließlich ist sie die Voraussetzung für die Verbundprivilegien, die es den öffentlich-rechtlichen Instituten unter anderem ermöglichen, sich untereinander eigenkapitalschonend mit Kapital und Liquidität auszuhelfen, ohne sich etwa um Großkreditgrenzen kümmern zu müssen. Die Mängelliste geht auf eine Routineprüfung zurück, wie in Finanzkreisen betont wird. Allerdings dürfte kaum von der Hand zu weisen sein, dass dabei Erfahrungen der Aufseher mit den Fällen HSH Nordbank sowie Nord/LB eingeflossen sind.Das Sicherungsprozedere ist vielschichtig: Die “Rahmensatzung für das als Einlagensicherungssystem anerkannte institutsbezogene Sicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe”, in welcher der Verbund das Vorgehen im Stützungsfall niedergelegt hat, hat knapp 70 Seiten mit 122 Paragrafen. Das Sicherungssystem der Finanzgruppe besteht aus nicht weniger als 13 verschiedenen Systemen der regionalen Sparkassen- und Giroverbände, der Landesbanken und Girozentralen sowie der Landesbausparkassen. Neben einer Verknüpfung dieser Töpfe sieht das System einen regionalen sowie einen systemweiten Ausgleich vor.In der EZB hat man, wie zu erfahren ist, den Eindruck gewonnen, dass die Entscheidungswege in diesem Sicherungssystem nicht optimal sind und auch die Verbindung der einzelnen Sicherungstöpfe zu wünschen übrig lässt, da die jeweils Verantwortlichen nicht immer an einem Strang zögen, was dem Zweck von Sicherungssystemen, im Ernstfall umgehend eingreifen zu können, zuwiderlaufe. So hatte etwa 2015 Rolf Gerlach, damals Präsident des Sparkassen- und Giroverbands Westfalen-Lippe (SVWL), mit einer Abwanderung des SVWL aus der Institutssicherung gedroht, weil er mit dessen Lastenverteilung haderte. Zudem mangele es an einer Instanz, die einen Überblick über die Situation im gesamten Sparkassenlager samt Landesbanken und Bausparkassen habe, falls etwa ein Konjunktureinbruch auf breiter Front Folgen nach sich zu ziehen drohe, wird bemängelt. Die Geduld strapaziertZwar hat die Finanzgruppe die Schieflagen beider Landesbanken gemeistert – die HSH Nordbank wurde privatisiert und heißt nun Hamburg Commercial Bank, die Nord/LB wurde rekapitalisiert, mit 1,1 Mrd. Euro aus der Sparkassen-Finanzgruppe, vor allem aber mit einer 1,7 Mrd. Euro schweren Barkapitalzufuhr durch Niedersachsen, das auch Garantien für Kreditportfolios gab, und Sachsen-Anhalt. Offenbar aber ist dabei das Bild eines Verbunds entstanden, der an einem Krisenwochenende nicht handlungsfähig ist, sondern dazu eher eine Krisenwoche benötigt.Die Gremien des DSGV hatten im Februar vergangenen Jahres der Stabilisierung der Nord/LB mit einstimmigen Beschlüssen den Weg geebnet. Die Rekapitalisierung sollte sich allerdings auch wegen des nötigen Plazets der EU-Kommission bis Weihnachten in die Länge ziehen, so dass die leckgeschlagene Landesbank über weite Strecken des Jahres mit einer Kapitalquote weit unter dem aufsichtsrechtlichen Minimum segelte und damit die Geduld von Aufsehern und Beobachtern in nicht geringem Maße strapazierte.