EZB skizziert Ende des „Zwangssparens“
jsc Frankfurt
Die enorme Sparleistung der privaten Haushalte in der Coronakrise lässt nach Prognose der EZB deutlich nach: Während das neu angehäufte Geldvermögen auf Bankkonten in der Eurozone im zweiten Quartal spürbar nachgelassen hat und nahezu auf Vorkrisenniveau zurückfiel, sind Privatleute umgekehrt in der Kreditaufnahme nicht mehr so zurückhaltend wie bisher in der Pandemie, hält der aktuelle Wirtschaftsbericht der EZB fest. Die Sparquote sinkt im Hauptszenario der Experten auf das vor der Pandemie übliche Niveau und ist laut Prognose bereits im zweiten Quartal gefallen.
Damit neigt sich die Phase der unfreiwilligen Zurückhaltung im Konsum während der Pandemie – des „Zwangssparen“, wie die EZB das Phänomen nennt – allmählich dem Ende zu. Allerdings zeigen sich die Experten unsicher, wie sich die Sparquote konkret entwickeln wird. Zwar erscheint es denkbar, dass die Privatleute einen Teil der angesparten Mittel wieder ausgeben, so dass die Sparquote zeitweilig unter das Niveau vor der Pandemie sinkt. Allerdings haben laut Bericht vor allem ältere Menschen sowie Haushalte mit höherem Einkommen besonders viel gespart, also Bevölkerungsgruppen, die nach Erwartung der Experten nur einen geringen Teil des entgangenen Konsums nachholen werden (vgl. BZ vom 3. August). Auch ist denkbar, dass einige Menschen die zusätzlichen Ersparnisse bewusst zurückhalten werden, um angesichts der steigenden öffentlichen Verschuldung für spätere Steuererhöhungen gewappnet zu sein. In einem Alternativszenario kalkulieren die Experten mit einer weiter leicht erhöhten Sparneigung.
Die Bundesbank hat im Verlauf der Krise in Deutschland bis Ende des ersten Quartals dieses Jahres, im jüngsten Berichtszeitraum, ebenfalls eine enorm hohe Sparleistung festgestellt (vgl. BZ vom 17. Juli). Wird das frische Geldvermögen von 515 Mrd. Euro, das die privaten Haushalte in Deutschland von Anfang 2020 bis Ende März 2021 neu beiseitegelegt haben, mit der langjährigen Entwicklung vor der Pandemie verglichen, ergibt sich ein Überschuss im niedrigen dreistelligen Milliardenbereich. Ein Großteil der Ersparnisse entfiel in der Krise zunächst auf die Kategorie des Bargelds und der Einlagen, doch im weiteren Verlauf waren zeitweilig auch andere Anlageklassen stärker gefragt, etwa Einzelaktien oder Fonds.