HYBRIDE BEDROHUNGEN IM FINANZSEKTOR

Fake News sind nur der Anfang

Video- und Tonfälschungen greifen um sich - Finanzbetrug per Whatsapp

Fake News sind nur der Anfang

fir Frankfurt – Die rasante technologische Entwicklung ermöglicht Betrügern neue Vorgehensweisen mit altbekannten Maschen. Fake President, wenn also sich als Firmenchefs ausgebende Kriminelle via E-Mail zuvor ausgespähten Mitarbeitern Zahlungsanweisungen erteilen, ist neuerdings nicht nur per Stimmensimulation am Telefon, sondern auch über Whatsapp zu erleben. Rüdiger Kirsch, Betrugsexperte bei Euler Hermes, sind zwei Fake-President-Textangriffe über Whatsapp bekannt, die sich in der zweiten Jahreshälfte 2019 ereigneten. So haben Schwindler nach einem Telefonat per Textnachricht einen Kfz-Zulieferer aus Süddeutschland um 180 000 Euro erleichtert und eine halböffentliche Einrichtung in Westdeutschland um 65 000 Euro. “Das ist etwas, womit wir in Zukunft mit Sicherheit noch mehr zu tun haben werden”, sagt Kirsch. In den vergangenen fünf Jahren seien bei dem Kreditversicherer durch Fake President verursachte Schadensmeldungen in Höhe von fast 200 Mill. Euro aufgelaufen, berichtet er. Acht Fälle waren es 2019, die Whatsapp-Abzocke berücksichtigt.Als Nächstes könnten dann über die Messenger-App gefälschte Sprach- oder Videonachrichten verschickt werden, fürchtet Euler Hermes. Der Versicherer hatte hierzulande den ersten Schadensfall unter Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) bekannt gegeben (vgl. BZ vom 5.9.2019). Mit Hilfe einer Stimmenimitations-Software gab sich ein Betrüger am Telefon als deutscher Vorstandschef eines Energieunternehmens aus und brachte den Chef der britischen Niederlassung dazu, 220 000 Euro zu überweisen. Das Geld war futsch. “Es dauert vielleicht noch ein halbes oder dreiviertel Jahr bis zur Perfektion: die täuschend echt klingende Stimmensimulation”, so Kirsch.Solche als Deep Fakes bezeichnete Stimmen-Betrügereien auf KI-Basis gibt es auch als Videos. Fluteten bislang vor allem mit entsprechender, für jedermann erhältlicher Software kreierte Pornoclips das Netz, erstreckt sich das Phänomen in Einzelfällen schon auf die politische Sphäre. Beispielsweise in Gabun. Dort hatten vor einem Jahr Militärs einen Putsch gegen Präsident Ali Bongo nicht nur mit seinem angeschlagenen Gesundheitszustand begründet, sondern mit Vorwürfen der Opposition, seine Neujahrsrede im Fernsehen sei ein Deep Fake, Bongo in Wahrheit schon tot. Der Putsch scheiterte, der Präsident wurde alsbald in der Öffentlichkeit gesichtet. Eine Untersuchung der Aufzeichnung der Ansprache förderte keine Manipulationsbeweise zutage.Seit 2017 erstmals Deep Fakes in Erscheinung getreten seien, entwickelten sie sich technologisch rapide, weiß die Tech-Firma Deeptrace, die ihnen den Kampf angesagt hat. Digitale Kommunikationskanäle, seien es Text, Audio oder Video, laufen Deeptrace zufolge Gefahr, untergraben zu werden. Als besonders heikel gilt der mögliche Einsatz von Deep Fakes im Wahlkampf, sei es doch ein Leichtes, Politiker damit zu diskreditieren. Die Spionin, die aus der KI kamEin Fake-Profil auf Linkedin erregte Mitte 2019 Aufsehen. Eigentlich nichts Besonderes, hätte es sich nicht nur um einen der vielen gefälschten Accounts in dem Karrierenetzwerk gehandelt, sondern um den ersten bekannten Fall, in dem mit Hilfe eines KI-generierten Profilfotos der nicht existenten Katie Jones Netzwerkpartner offenbar gezielt geködert werden sollten. Nachdem die Nachrichtenagentur AP den Fake entlarvt hatte, verschwand der Account, über den Katie als Russland-Expertin eines Washingtoner Thinktanks Dutzende Kontakte geknüpft hatte, so auch zu einem hochrangigen Mitarbeiter des US-Außenministeriums und zu einem Ex-Militärattaché. Unklar ist, wer dahinter steckt. Experten glauben an eine Geheimdienstoperation zur Kontaktanbahnung. So warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz vor chinesischen Nachrichtendiensten, die soziale Netzwerke wie Linkedin zu solchen Zwecken nutzten.