Falsches Erwartungsmanagement

Sparkassen machen Fehler der Branche beim Aufbau von Paydirekt aus

Falsches Erwartungsmanagement

bn Frankfurt – Die Sparkassen haben Fehler der deutschen Kreditwirtschaft beim Aufbau des branchenweiten Online-Bezahlungsverfahrens Paydirekt ausgemacht. Notwendige Diskussionen seien nicht beizeiten geführt worden, erklärte Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), am Donnerstag auf dem “Banken-Gipfel 2018”. Neben einem falschen Erwartungsmanagement machte er überzogene Ergebniserwartungen aus: “Wir haben damals gedacht, wir könnten nach zwei Jahren Geld verdienen”, sagte er. Tatsächlich aber sei Paydirekt ein Fintech, und Fintechs würden gewöhnlicherweise in den ersten fünf bis sechs Jahren ihres Bestehens Geld verbrennen. Immerhin habe Paydirekt bereits zwei Millionen Nutzer sowie Tausende von Händlern für sich gewonnen, lobte Schleweis.Anfang 2016, wenige Monate nach Start des Joint Venture, hatte Paydirekt-Geschäftsführer Niklas Bartelt das Ziel formuliert, zum Weihnachtsgeschäft 2016 ein “signifikanter Player” zu sein. Davon ist die GmbH nach wie vor weit entfernt, auch wenn Kunden inzwischen in mehr als 9 100 Online-Shops mit Paydirekt bezahlen können, wie das defizitär arbeitende Gemeinschaftsunternehmen mitteilt.Die drei Säulen der Kreditwirtschaft haben daher dem Vernehmen nach erneut jeweils “nennenswerte Beträge” in Paydirekt investiert: Presseberichten zufolge jeweils rund 100 Mill. Euro. Die Diskussionen über die Strategie des Joint Venture sind damit freilich nicht verstummt. So tagte nach Informationen der Börsen-Zeitung beim DSGV erst zur Wochenmitte ein Lenkungsausschuss, um sich in Anwesenheit von Vorstandsmitglied Joachim Schmalzl sowie Vertretern von Landesbanken und Sparkassen auf Arbeitsebene mit digitalen Fragen auch zu Paydirekt zu befassen. Ruf nach Regulierungs-CheckHans-Walter Peters, Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, machte sich auf dem “Banken-Gipfel 2018” für eine Überprüfung der Regulierung stark. Glücklicherweise sei die Politik dieser Forderung gegenüber mittlerweile sehr aufgeschlossen, erklärte der persönlich haftende Gesellschafter der Privatbank Berenberg. Um seine Forderung zu begründen, verwies Peters auf das Regelwerk Mifid II. Dieses “Konvolut” umfasse 20 000 Seiten. Dabei zeigten sich in einer repräsentativen Umfrage des Bankenverbandes schon heute 86 % der Kunden, die Wertpapiergeschäfte tätigten, mit ihrem Vermögensberater zufrieden bis sehr zufrieden. In dieses gute Verhältnis greife Mifid II massiv ein.Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), kündigte unterdessen an, die genossenschaftlichen Banken würden sich im Zuge der Digitalisierung von filialzentrierten Instituten hin zu Omnikanalbanken entwickeln. Die Filiale wird demnach nur noch gleichberechtigt neben anderen Vertriebskanälen stehen. Als Kern der im Juni beschlossenen, rund 500 Mill. Euro schweren Digitalisierungsoffensive des Verbunds bezeichnete sie eine neue Vertriebsplattform, welche einen flexiblen Wechsel der Zugangskanäle, die Einbindung zugekaufter Lösungen über Schnittstellen sowie “fallabschließende Geschäftsprozesse” ermögliche.Mit Blick auf die wichtigen Entscheidungen im Leben müsse der Verbund künftig früher beim Kunden eingebunden sein: “Wir dürfen das nicht Google oder Facebook überlassen.” Zudem denke sie auch an eine stärkere Vernetzung unterschiedlicher Genossenschaften, etwa aus den Bereichen Banken, Energie, Wohnungswirtschaft oder Konsum. Als regionale Akteure, die großes Vertrauen genössen, könnten diese den großen, multinationalen Plattformen ein regionales, auf Kooperation angelegtes Angebot entgegensetzen.