Faule Kredite haften an Italiens Banken
Von Thesy Kness-Bastaroli,MailandAusfallgefährdete Kredite von 360 Mrd. Euro sind das primäre Problem der italienischen Banken. Sie bewirkten, dass die Eigenkapitalrendite des Bankensektors zwischen 2011 und 2014 negativ war und erst 2015 mit 3,4 % wieder einen positiven Wert erzielte. Die kürzlich von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) veröffentlichte Studie “Italienische Banken, Bilanzen, Bad Loans und Bail-in” zeigt auf, dass Rom zwar verschiedene Maßnahmen zur Problemlösung ergriffen hat, der Erfolg bislang aber gering war. Denn keine einzige Bank hat von dem zu Jahresbeginn eingeführten und von der EU abgesegneten GACS, dem Garantiemechanismus für notleidende Kredite, Gebrauch gemacht. Die Regeln sind komplex, die Anwendung ist kostspielig. Auch liegt der Verkaufspreis für die notleidenden Kredite (Non-Performing Loans, NPL) in der Regel unter dem Buchwert der Kredite. Zweiter RettungsfondsDer vor wenigen Wochen gegründete Bankenrettungsfonds Atlante konnte bislang nicht bei Problemkrediten eingreifen, da sein Kapital (4,25 Mrd. Euro) zum guten Teil für die Finanzierung von Kapitalaufstockungen zweier konkursreifer Volksbanken verwendet wurde. Nun wird fieberhaft an der Bildung eines zweiten Bankenrettungsfonds – Atlante 2 – gearbeitet. Angeblich haben sich bislang Poste Vita, die Versicherungstochter des Postkonzerns, und die Cassa Depositi e Prestiti (CDP) zur Finanzierung bereit erklärt. Der neue Fonds soll mit bis zu 2 Mrd. Euro ausgestattet sein. GACS und Atlante könnten die erzielbaren Preise für die Ausplatzierung und Verbriefung von NPL verbessern, meinen die LBBW-Experten. Auch durch die zaghafte Konjunkturbelebung könnte der Zustrom von neuen NPL zurückgehen. Da im laufenden Jahr bislang erst vier Ausgliederungen von Problemkrediten erfolgten, sei es unwahrscheinlich, dass der Wert der verkauften NPL 2016 trotz GACS und Atlante den Vorjahresvergleich übertreffe.Die im Vorjahr verabschiedete Reform der Volksbanken sollte zur Konsolidierung im Bankensektor führen. Bislang findet erst eine einzige – im Gang befindliche – Fusion statt. Zweifellos bremsen die Problemkredite auch Fusionen von Banken.Die Regierung hat auch das Konkursrecht reformiert, doch liegen die Fristen, um faule Kredite einzutreiben, mit fünf (vorerst sieben) Jahren weiterhin über dem EU-Niveau. Weitere Änderungen sind nötig. Die Europäische Zentralbank hat das Bankhaus Monte dei Paschi di Siena (MPS) aufgefordert, den Abbau von Problemkrediten im Volumen von 10 Mrd. Euro zu beschleunigen. Hoffnungen werden nun auf Atlante 2 gesetzt. Wie aus banknahen Kreisen bestätigt, wird diesbezüglich auch mit J.P. Morgan verhandelt. Sollte MPS diese NPL ausgliedern, so könnte die Bank auch für ausländische Investoren attraktiv werden. Doch den Analysten von Equita zufolge wird der Staat nicht darum herumkommen, eine MPS-Kapitalerhöhung von bis zu 3 Mrd. Euro zu finanzieren oder zumindest zu garantieren. Dies ist laut dem LBBW-Bericht durchaus mit den EU-Regeln vereinbar. Furcht vor KleinanlegernFraglich ist dennoch, ob ein Lastenausgleich von Eigentümern und Nachranggläubigern der 5 Mrd. Euro MPS-Nachrangpapiere stattfinden wird. Diese befinden sich großteils in den Händen von Privatinvestoren. Rom befürchtet Unruhe unter den Kleinanlegern, die sich negativ auf das von der Regierung eingeleitete Referendum über die Verfassungsreform sowie auch auf die Stimmung gegenüber Europa auswirken könnte. Daher steht ein Fonds zur Diskussion, der dem Ausgleich missbräuchlicher Vertriebspraktiken dient. Tatsache ist, dass Italiens Banken – oftmals mit sehr aggressiven und keineswegs orthodoxen Vertriebsmethoden – rund 200 Mrd. Euro bei Privatanlegern platziert haben.Es steht nicht nur die Zukunft der MPS auf dem Spiel. Zahlreiche italienische Kleinbanken kämpfen mit ihren notleidenden Krediten. Der IWF hat Rom aufgefordert, ähnlich rigorose Kontrollen bei Kleinbanken durchzuführen, wie es die EZB bei 13 italienischen größeren Banken tat. Die NPL-Quote an den Gesamtausleihungen liegt in Italien mit 17 % weit über dem EU-Schnitt von 5 %. Allerdings liegt auch die Deckungsquote mit 45 % leicht über dem EU-Schnitt von 41 %.