FCA wagt sich bei Blockchain vor
London will bei der Blockchain-Entwicklung die erste Geige spielen und strebt die schnelle Zulassung von solchen Diensten an.bg Frankfurt – Der britische Regulator FCA (Financial Conduct Authority) hat mit Fortschreiten seines “Project Innovate” eine Bereitschaft zur Zulassung von Diensten signalisiert, die auf der Datenbanktechnologie Blockchain beruhen. Damit würde die Behörde als Eisbrecher fungieren, könnten solche Anwendungen des “Distributed Ledger” in der Finanzwelt doch erstmals mit aufsichtlichem Segen erfolgen. FCA-Direktor Chris Woolard zufolge könnte einer gewissen Anzahl von Unternehmen eine solche Erlaubnis im Rahmen der “Regulatory Sandbox” erteilt werden. Bei dieser Sandkasten-Methode erhalten Unternehmen eine temporäre Zulassung für das Testen neuer Technologien und erhalten dabei schnelle Rückmeldung vom Regulator, unter anderem zum Risikomanagement.Die Auswahl von Kandidaten zur Sandbox-Zulassung hatte die FCA Mitte August abgeschlossen, nun befindet sie sich damit in der ersten Phase der Umsetzung. Teilnehmer müssen alle vier Wochen einen Statusbericht bei der Behörde einreichen, die mit ihrem Ansatz den schnellen Test IT-gestützter Prozesse fördern will. Davon versprechen sich die britischen Regulatoren kompetitive Vorteile für die von ihnen beaufsichtigten Institute, können diese doch, sofern es grünes Licht gibt, neue Verfahren zügiger einführen als Banken in Kontinentaleuropa. In Deutschland hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dem Sandkasten-Ansatz eine Absage erteilt. Bei erlaubnispflichtigem Geschäft könne man aus juristischen Gründen nicht mit zweierlei Maß messen, heißt es. In Großbritannien hat man sich hingegen entschieden, nah an die Fintech-Szene heranzurücken, und ist deren Bedürfnis nach unbürokratischen Verfahren mit einer speziellen Beratungseinheit entgegengekommen. Mit dem Argument, beim Sandboxing würden nur begrenzte Erlaubnisse gewährt, versucht die FCA eine Abgrenzung zum voll erlaubnispflichtigen Geschäft herzustellen. Compliance erleichternWoolard zufolge kann die Blockchain-Verwendung einen Kundennutzen stiften sowie Compliance-Prozesse erleichtern. Britische Behörden argumentieren gerne vom Kunden her: Die Wettbewerbsaufsicht CMA hatte kürzlich in Analogie zu EU-Initiativen ein “Open Banking” Programm für den Retail-Sektor verfügt. Bis 2018 soll Kunden unter anderem der komplett digitale Kontenwechsel erleichtert werden, um Hürden für den Markteintritt neuer Anbieter zu beseitigen und insgesamt den technologischen Wandel in der Branche voranzutreiben.Ins selbe Horn stößt die FCA, die Fintechs ermuntern will, Blockchain-Anwendungen zu erkunden. 40 Fintechs sind für “Project Innovate” im ersten Rutsch zugelassen, knapp 180 hatten sich beworben. Einige der Start-ups werden sich Blockchain-Tests widmen – woran sie genau forschen, das will Woolard bald bekannt geben. Die FCA will zudem feststellen, inwieweit sie Blockchain-Lösungen im eigenen Haus für aufsichtliche IT (“Regtech”) einsetzen kann.Gängige Prototypen-Forschung im Finanzsektor findet derzeit in den Bereichen Payment, Bond-Handel, syndizierte Kredite, Systeme zur Kundenauthentifizierung (KYC), Compliance sowie im Post Trade statt. Das im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr tätige US-Start-up Ripple, das mit dem Interledger-Protokoll eine Blockchain-Variante des dezentralen Registers verwendet, hat kürzlich erste Transakaktionen zwischen Deutschland (Reisebank) und Kanada (ATB Financial) sowie Japan (Mizuho) und Großbritannien (Santander) abgewickelt.Banken und die Betreiber von Kapitalmarkt-Infrastruktur sind sehr aktiv, die Möglichkeiten verschiedener Blockchain-Architekturen auszuloten, versprechen sie sich doch in so manchem Bereich hohe Effizienzgewinne. Insbesondere im Nachhandel soll viel zu holen sein, allein der US-Repomarkt soll Goldman Sachs zufolge ein Einsparpotenzial von rund 50 Mrd. Dollar hergeben. Die Beratungsgesellschaft Greenwich Associates schätzt, dass in diesem Jahr 1 Mrd. Dollar in die Erforschung der Blockchain investiert werden – in Singapur werden derzeit hohe Summen bewegt, um den Standort als globales Drehkreuz für Blockchain-Anwendungen zu etablieren. Im Euroraum sind die auf den Brexit-Vollzug zusteuernden Briten am aktivsten. Die Bank of England richtet einen Fintech-Inkubator ein, der sich speziellen Blockchain-Konzepten widmen soll. Damit ist die Notenbank am Puls der Zeit – ausgeschrieben ist derzeit die Stelle eines Ökonomen, der Research-Aktivitäten zur Ausgabe einer zentralbankgesteuerten digitalen Währung koordinieren soll. Notenbank-Chef Mark Carney hat aber deutlich gemacht, dass die Einführung einer solchen digitalen Währung nicht unmittelbar bevorsteht. Zweifel an SkalierbarkeitExperten sind allerdings noch uneins, ob Blockchain-Apps die hohen Sicherheitsstandards am Kapitalmarkt erfüllen können. An solchen Lösungen tüfteln Banken wie die UBS. Sie meldete kürzlich ein Patent an für einen Prozess, der die Identität von Teilnehmern einer Transaktion geheim halten kann – ein wichtiges Anliegen der Branche. Die ESMA hatte als europäischer Wertpapier-Regulator im Juni eine Konsultation zu den Implikationen der Blockchain (Distributed Ledger Technology, DLT) mit speziellem Fokus auf Post Trade gestartet. Die ESMA betrachtet mögliche Auswirkungen eines breiten Blockchain-Einsatzes auch mit Blick auf Finanzstabilitätsrisiken. Zudem sei offen, ob die DLT skalierbar ist für den Einsatz am Wertpapiermarkt und ob sich Interoperabilität mit bestehenden Systemen herstellen lässt, heißt es im Diskussionspapier. Die Kommentarfrist läuft bis 2. September.