Finanzbildung ist Schulsache
Finanzbildung ist Schulsache
Schlüssel zu mehr Finanzwissen liegt in der Schule, so eine Studie von Union Investment
fir Frankfurt
Fachleute stellen den Deutschen kein gutes Zeugnis aus, wenn es um deren Finanzwissen geht. Sie verpassen ihnen die Schulnote 4, wie eine Umfrage im Auftrag von Union Investment unter 261 Lehrern, Politikern und Finanzberatern zeigt. Im Vergleich mit der vorherigen Erhebung im Jahr 2017 kommen die Bürger somit noch schlechter weg – damals hatten sie die Durchschnittsnote 3,8 erhalten.
Auffallend ist die Diskrepanz zur Selbsteinschätzung der Bürger. Das Marktforschungsunternehmen Ipsos hat im November und Dezember über die Experten hinaus auch gut 1.000 Menschen zwischen 14 und 85 Jahren befragt. Die geben sich selbst die Note 2,7, was geringfügig schlechter ist als 2017 mit 2,5.
Wissensbedarf über Altersvorsorge
Wissensbedarf herrscht nach Ansicht der Bürger vor allem in Sachen Altersvorsorge. Zwei Drittel wüssten dahingehend gern besser Bescheid. Auf den richtigen Umgang mit Schulden suchen 42% Antworten, dicht gefolgt von der Geldanlage mit Aktien oder Fonds. 40% wüssten gern mehr darüber.
Desinteresse am Thema
Als Gründe, warum Finanzbildung hierzulande so verbesserungswürdig ist, geben zwei von drei Finanzprofis an, dass das Thema in der Schule zu wenig Beachtung finde. 56% führen eine mangelnde Wissensvermittlung im Elternhaus an und 54% Desinteresse. Jeweils gut jeder Zweite nennt fehlende Eigenverantwortung junger Menschen sowie ungeeignete Lehrmethoden in der Schule. 44% sind der Meinung, dass zu viele oder widersprüchliche Informationen vorlägen.
Eigenes Schulfach erwünscht
Rund 70% der befragten Experten und 56% der Bürger sind überzeugt, dass die Kenntnisse der Bevölkerung über Geld und Finanzen erheblich verbessert werden könnten, würde die Thematik frühzeitig in der Schule vermittelt werden, nämlich bereits in den unteren Jahrgängen. Zwei Drittel der Lehrer und vier Fünftel der Finanzberater plädieren für ein Schulfach Finanzwissen. Von den befragten Politikern sind 60% dieser Ansicht, von den Bürgern nur 46%.
Jeder zweite Finanzberater und Lehrer sowie 60% der Politiker halten eine stärkere Medienpräsenz des Themas für die Lösung. Dieser Meinung ist hingegen nur jeder vierte befragte Bürger. Betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen für Mitarbeiter, etwa zur Altersvorsorge, halten 83% der Politiker und drei Viertel der Finanzberater für sinnvoll, aber nur 39% der Bevölkerung. In der Umfrage 2017 hatte es dafür sogar die größte Zustimmung gegeben. „Dieser Ansatz hatte bereits vor sieben Jahren etwas überrascht, könnte aber ein zusätzlicher Baustein sein, Finanzbildung in die Breite zu tragen“, wird Giovanni Gay zitiert, Vorstandsmitglied von Union Investment.
Schlechte Noten
Im Urteil der Fachleute, wie gut verschiedene Gruppen Finanzwissen vermitteln, kommt die Institution Schule mit der Note 4,7 am schlechtesten weg. Vor sieben Jahren war sie noch mit 4,0 bewertet worden. Die Arbeit der Politik wird mit 4,0 auch nicht gut angesehen. Die Arbeit der Eltern in der Wissensvermittlung zum Thema wird mit 3,7 beurteilt, die Medien erhalten eine 3,5. Finanzberater werden mit 3,0 benotet, und am besten schneiden Verbraucherorganisationen mit 2,7 ab.
Großer Handlungsbedarf
Hatten vor sieben Jahren die Experten sowohl die Eltern als auch die Schulen gleichermaßen in der Verantwortung gesehen (jeweils 70%), so sind nun 79% der Experten der Meinung, dass mit der Vermittlung von Finanzwissen die Schulen zu betrauen sind. 63% sehen die Eltern an vorderster Stelle. „Die Expertenmeinung zeigt, dass wir in Deutschland beim Thema Finanzwissen auf der Stelle treten und wie groß hier der Handlungsbedarf ist“, urteilt Gay.