Bürokratieentlastungsgesetz IV

Finanzinstitute dürfen Unterlagen wegen Cum-ex erst später vernichten

Sonderregelung für regulierte Finanzunternehmen im Bürokratieentlastungsgesetz IV: Die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist lässt auf sich warten.

Finanzinstitute dürfen Unterlagen wegen Cum-ex erst später vernichten

Mehr Bürokratie wegen Cum-ex

Finanzinstitute dürfen Unterlagen erst später vernichten

wf Berlin

Die Finanzbranche muss bei der Bürokratieentlastung noch Geduld haben. Der federführende Rechtsausschuss des Bundestags beschloss am Mittwoch in Berlin mit dem überarbeiteten Entwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes IV eine Sonderregelung für den Finanzsektor. Danach tritt die von zehn auf acht Jahre verkürzte Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege und Rechnungen für Unternehmen unter Aufsicht der BaFin erst mit einem Jahr Verzögerung in Kraft. Dies betrifft Kreditinstitute, Versicherer und Wertpapierinstitute. Für den Entwurf stimmten die Regierungsfraktionen sowie die CDU/CSU bei Gegenstimmen der Linken und Enthaltung der AfD. Das Gesetz insgesamt soll die Wirtschaft um 944 Mill. Euro im Jahr entlasten. Das Plenum will das Bürokratieentlastungsgesetz IV in dieser Woche im Bundestag beschließen, der Bundesrat am 18. Oktober.

Linken-Parteivorsitzende Janine Wissler kritisierte, das Gesetz ermögliche die „legale Vernichtung“ von „Beweisen für Verbrechen, die die Steuerzahler Milliarden gekostet haben“. Das Aktionsbündnis Finanzwende hatte vergangene Woche – damit erst sehr spät im Gesetzgebungsprozess – eine Unterschriftensammlung gegen die Fristverkürzung gestartet und vor dem Bundestag protestiert. Geschäftsführerin Anne Brorhilker befürchtet die Vernichtung von Beweismitteln für Cum-cum-Geschäfte, bei denen es um Steuererstattungen für ausländische Anleger geht. Die Finanzwende spricht von einem Steuerschaden von 28,5 Mrd. Euro. Rechtsprechung gibt es dazu noch nicht.

Nach Handels- und Steuerrecht

Die Sonderregelung für Finanzunternehmen war erst in den parlamentarischen Beratungen von den Ampel-Fraktionen ergänzt worden. Begründet wird der Schritt damit, laufende Cum-ex-Ermittlungsverfahren nicht zu beeinträchtigen. Dort gibt es Urteile in Strafverfahren wegen doppelter Erstattung einmal gezahlter Steuer. Im Einzelnen geht es bei der Fristverkürzung um verschiedene Aufbewahrungsvorschriften: für Unterlagen nach Handelsgesetzbuch, für Steuerunterlagen nach der Abgabenordnung sowie für Rechnungen nach Umsatzsteuergesetz.

Für Fritz Güntzler (CDU), Steuerexperte der Unionsfraktion im Bundestag, schafft die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Unternehmen Entlastungen. „Bei Cum-ex-Fällen sehe ich keine Probleme“, sagte Güntzler der Börsen-Zeitung. Cum-ex sei ab 2013 technisch nicht mehr möglich gewesen. Alle Unterlagen seien am 1. Januar 2023 fristgerecht vernichtet worden – außer eine Betriebsprüfung betreffe einen der Täter. Für regulierte Institute bleibt den Finanz- und Ermittlungsbehörden nun bis Ende 2025 Zeit, um Verfahren einzuleiten. Die Aufbewahrungsfrist laufe auch künftig nicht ab, soweit und solange die steuerliche Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen sei, erläuterte Güntzler. Großbanken seien regelmäßig anschlussgeprüft. Sie dürfen während der Betriebsprüfung keine Steuerunterlagen vernichten. Stießen die Finanzbehörden während der Betriebsprüfung auf Ungereimtheiten, übermittelten sie diese der Straf- und Bußgeldstelle.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.