Finanzplatzinitiative findet weltweit Gehör
Frankfurt Main Finance (FMF) begeht in diesem Monat sein zehnjähriges Jubiläum, nicht ohne Stolz, auf das Geleistete, nicht ohne Selbstkritik, was hätte besser gemacht werden können, und nicht ohne Respekt vor dem, was absehbar noch vor uns liegt, aber doch auch mit Zuversicht und wohlbegründeter Hoffnung.FMF ist seit nunmehr einem Jahrzehnt die Stimme des Finanzplatzes. Damit ist nicht nur die Stadt Frankfurt gemeint, sondern auch die gesamte Region. Die Initiative zur Gründung des Vereins ging vom damaligen Ministerpräsidenten Roland Koch und der früheren Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt Petra Roth aus. Beide wollten einen offensichtlichen Mangel beheben. Denn es fehle, so analysierte im August 2008 die “Börsen-Zeitung” treffend, anders als in Frankreich oder in Großbritannien, an einer wirkungsvollen, übergreifenden Vermarktung des nationalen Finanzzentrums. Es fehlte diesem wichtigen, für eine entwickelte Volkswirtschaft so bedeutungsvollen Industriezweig in Deutschland ein eigenständiges und vernehmliches Sprachrohr.Zweck des Vereins, wie ihn das Gründungsdokument formuliert, war folgerichtig und in erster Linie, die Position Frankfurts und des Rhein-Main-Gebiets als Wirtschaftsstandort und insbesondere als Standort für Finanzdienstleistungen im internationalen Wettbewerb zu stärken. Ein Auftrag, den die Verantwortlichen über die Jahre zielgerichtet verfolgt und bis heute nicht aus den Augen verloren haben.”Frankfurt Main was?” So konnte der bereits erwähnte Beitrag dieser Zeitung die wohl gängige Reaktion auf die Frage nach Frankfurt Main Finance zuspitzen – im Jahr der Gründung zutreffend und provokant. Heute, zehn Jahre später, lässt sich mit Fug und Recht behaupten und mit Zahlen belegen, dass die Finanzplatzinitiative weltweit Gehör findet, als kompetenter Ansprechpartner in allen Belangen der Finanzindustrie geschätzt wird und dies für die Positionierung des Standorts zu nutzen weiß.Das kam nicht von selbst. Ein Beispiel: Frankfurt Main Finance war vorbereitet, als der Brexit die europäische Landkarte der Finanzbranche buchstäblich über Nacht durcheinanderwirbelte. In den ersten Stunden, nachdem das offizielle Ergebnis des Referendums in Großbritannien feststand, war von den betroffenen europäischen Finanzplatzinitiativen als Erste FMF redefähig und hatte die Aufmerksamkeit der Weltpresse für sich. Interviews wurden im Viertelstundentakt gegeben.Das brachte FMF in die Position eines gefragten Ansprechpartners. Bis heute wurde FMF allein im Zusammenhang mit dem Brexit in mehr als 90 Ländern der Erde in knapp 6 500 Artikeln in fast 2 000 verschiedenen Medien zitiert. Der erzielte Medienäquivalenzwert liegt bei rund 100 Mill. Dollar. Keine leichte AufgabeIn den ersten Jahren, die auf die Gründung folgten, galt es dagegen zunächst, den Verein zu etablieren, die Arbeitsabläufe einzurichten, Themen zu besetzen und die Finanzkrise aufzuarbeiten. Wichtig war es, überhaupt Gehör zu finden, relevant zu sein und dafür Gelder einzusammeln. Das ging nur über die Verbreiterung der Mitgliederbasis. Es ist niemals eine leichte Aufgabe, für ein öffentliches Gut private Gelder einzusammeln. In unserer Gründungszeit umso mehr.Wir erinnern uns alle, August 2008: Die Finanzkrise stand vor ihrem Höhepunkt, dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers. Die Finanzindustrie war damit beschäftigt, Risiken zu verringern und Ausgaben tunlichst zu vermeiden. Umso mehr gilt unser Dank den Mitgliedern, den zwölf Gründungsmitgliedern und den rund 50 seither hinzugestoßenen. Ohne sie gäbe es uns nicht. Danke!Die Finanzkrise und ihr Verlauf gaben die Themen nicht nur für die Medien, sondern auch für FMF vor. Bis heute ist es wesentliches Anliegen der Finanzplatzinitiative, damals verlorenes Vertrauen in die Finanzbranche wiederzugewinnen, auf die unverzichtbaren Leistungen der Finanzindustrie für die Wohlfahrt eines Staates und ihre gesellschaftliche Relevanz hinzuweisen ebenso wie junge Talente für die Branche zu interessieren.Weitere Themen kamen hinzu: Zuerst: RMB Clearing, dann Fintech, Regtech, Insurtech, Legaltech – die Ansiedlung, Förderung und Finanzierung junger Start-up-Unternehmen in der Region, die die Digitalisierung auf die Prozesse all dieser Branchen übertragen. So gelang es nicht zuletzt dank des Einsatzes von FMF, Frankfurt quasi noch in letzter Minute zum Fintech-Cluster neben Berlin zu machen. Selbstredend hat die Region das Vertrauen gerechtfertigt und seither einiges an verlorenem Terrain aufgeholt. Wurden wir am Anfang noch gefragt, ob wir wohl wüssten, dass Fintechs den etablierten Banken Konkurrenz machen würden, so ist heute Coopetition, die Verbindung aus Kooperation und Wettbewerb, in aller Munde. Ihr gehört die Zukunft, ebenso wie der Nachhaltigkeit. Dem Frankfurter Green-Finance-Cluster leihen wir ebenso gerne unsere Stimme, wie vielen anderen wertvollen Initiativen.Die beiden jüngst vergangenen Jahre waren jedoch geprägt vom Brexit, von den möglichen Auswirkungen des Ausscheidens Großbritanniens aus der Europäischen Union und damit unmittelbar verbunden der sich wandelnden Rolle Frankfurts als dem wichtigsten Finanzzentrum innerhalb der EU. Der Brexit brachte Frankfurt in direkte Konkurrenz zu anderen Finanzstandorten in Europa, nachdem London die Rolle des führenden Finanzzentrums innerhalb der EU absehbar abgeben würde. Eine der unmittelbaren Folgen des Brexit war eine Selbstbesinnung Frankfurts und der Region auf die Stärken und Vorteile, die diese Stadt und ihre Umgebung ausmachen.Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Institutionen der Wirtschaftsförderung, mit den politisch Verantwortlichen in Stadt und Land, ebenso wie mit Beratern, Anwälten und allen anderen Akteuren am Standort ist über die Jahre enger und effizienter geworden. Davon profitieren die Arbeit von FMF und der Finanzplatz. Wer dabei oft vergessen wird, ist die Aufsicht. Ja, die deutsche Aufsicht ist eine Stärke des Finanzplatzes. Kompetent, klar, fordernd und zuverlässig wird sie international wahrgenommen.Bei allem wohlbegründeten Selbstbewusstsein des Finanzplatzes war es eine kluge Entscheidung, im Werben um die Verlagerung von Arbeitsplätzen von London an den Main nicht aggressiv oder gar spaltend aufzutreten. Frankfurt will Brücken bauen, nicht einreißen. “Welcome to Frankfurt” und “Let’s build a new London Bridge” waren die Mottos unserer Kampagne, mit der um die Ansiedlung von Banken nach dem Brexit geworben wurde und wird. Diese Ausrichtung hat sich bewährt. Ein riesiger ErfolgBis heute haben sich 25 Banken entschieden, Geschäft in Frankfurt auf- oder auszubauen, Arbeitsplätze werden folgen. Die Bedeutung der Finanzmetropole nimmt zu. Ein riesiger Erfolg, ohne Zweifel. Ein Erfolg aber, der gesichert und nach Möglichkeit erweitert werden muss. Eine Aufgabe, bei der FMF seine Rolle übernehmen wird.Ein Jubiläum ist nicht nur ein Anlass zu feiern, sondern auch Gelegenheit, Danke zu sagen. Der Dank von FMF gilt all unseren Mitstreitern und Kritikern. Der Dank gilt auch Eintracht Frankfurt. Mit den drei Frankfurt Main Finance Cups in den Jahren 2014 bis 2016 gelang uns erstmals, eine breitere Öffentlichkeit in der Region zu erreichen, und – eine Herzensangelegenheit – vielleicht auch infolgedessen kamen Finanzplatz und Eintracht endlich wieder ein gutes Stück näher zusammen. Wenn es nun auch der Eintracht gelingt, eine dauerhaft führende europäische Rolle zu spielen, kaum auszudenken.Schließen möchte ich mit dem Wort von Johann Wolfgang von Goethe, einem der berühmtesten Söhne Frankfurts: “Es ist nicht genug zu wollen – man muss auch tun.”—-Dr. Lutz Raettig, Präsident von Frankfurt Main Finance