INVESTMENTFONDSTAGE DER BÖRSEN-ZEITUNG

Fintechs raten Fondsbranche zum Sprung ins kalte Wasser

Digitalvertrieb mit klassischer Beratung verbinden

Fintechs raten Fondsbranche zum Sprung ins kalte Wasser

jsc Frankfurt – Die Fondsbranche robbt sich aus Sicht junger Technologiefirmen in der Finanzindustrie (Fintechs) zu langsam an digitale Vertriebskanäle heran. So wie in der Automobilbranche klassische Konzerne wie Daimler vom US-Hersteller Tesla mit Elektrofahrzeugen herausgefordert würden, so könne auch die Finanzbranche gegenüber Neueinsteigern an Boden verlieren, sagte Stefan Greunz, Head of Business Development des Fintechs Wikifolio, das Musterportfolios von Einzelpersonen über Zertifikate zugänglich macht, am Mittwoch auf den Investmentfondstagen der Börsen-Zeitung in Frankfurt. Noch sei das Volumen neuer Akteure nicht groß genug, damit sich etablierte Adressen weiter als bislang vorwagten. Die Gesellschaften seien dabei oft zu komplex und unbeweglich, wie er auf einer Podiumsdiskussion ausführte. “Die Innovation kommt nicht von innen.”Innerhalb der Organisationen gebe es häufig Widerstände gegen digitale Lösungen, befand Kim Felix Fomm, Chef des Portfoliomanagements von Liqid Investments, das eine automatische Vermögensverwaltung für sehr wohlhabende Anleger bietet und zum Multi-Family-Office HQ Trust gehört. Die Befürchtung sei, dass neue Instrumente das klassische Geschäft kannibalisieren könnten. Etablierte Anbieter “schauen seit Jahren zu, was passiert”.Dabei seien digitale Werkzeuge eine mögliche Ergänzung im klassischen Geschäft, sagte Olaf Zeitnitz, Chef von VisualVest, die einen digitalen Fondsvertrieb und automatische Verwaltung bietet und zu dem etablierten Anbieter Union Investment gehört. So könne etwa ein Finanzberater einem Kunden den Umgang mit automatischen Instrumenten erklären, ehe der Anleger selbst das Digitalangebot eigenständig nutze. Ohnehin sei der Bedarf an digitalen Hilfen in der klassischen Beratung sinnvoll, so dass eine “Hybridwelt” aus alten und neuen Vertriebswegen und Instrumenten denkbar sei.Der Vertrieb über soziale Netzwerke variiert bislang. Für Liqid sei vor allem Facebook interessant, da sich hier Werbung gezielt an sehr vermögende Kunden adressieren lasse, sagte Fomm. VisualVest wiederum richte sich an sehr junge und unerfahrene Sparer und trete etwa über bestimmte Themenseiten an junge Eltern heran oder über das Karrierenetzwerk Xing an Berufseinsteiger, erklärte Zeitnitz. Fintech-Manager Greunz beschrieb das Wikifolio-Netzwerk als rege genutzte Plattform, auf der sich Privatleute über Anlagestrategien austauschten. Ein Tipp dort sei vielen oft mehr Wert als eine Analystenmeinung, sagte er.