Fitch befürwortet Gläubigerhaftung

Ratingagentur: Bail-in-Bonds erhöhen Transparenz - Neben Steuerzahlern profitieren auch Anleihebesitzer

Fitch befürwortet Gläubigerhaftung

Nicht nur Steuerzahler würden profitieren, wenn Banken bestimmte Gläubigergruppen an Verlusten beteiligen müssten. Auch die Besitzer erstrangiger Anleihen erhielten mehr Sicherheit, wenn die Institute zusätzlich sogenannte Bail-in-Bonds emittieren müssten, meint Fitch.Von Stefanie Schulte, FrankfurtDie Bonitätsprüfer heben die Daumen: So genannte Bail-in-Anleihen, wie sie die europäische Expertengruppe um den finnischen Notenbankchef Erkki Liikanen plant, würden Bankengläubigern mehr Klarheit geben als bisher, argumentiert Fitch. Nicht nur Anleihebesitzer wüssten damit genauer, wo sie ständen, wenn eine Bank in Schieflage gerate, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Kommentar der Ratingagentur. Auch andere Gegenparteien – zu denen im Bankgeschäft unter anderem die Vertragspartner bei Derivaten zählen – könnten sich dank der neuen Bondkategorie sicherer fühlen, wenn sie Positionen gegenüber angeschlagenen Banken hielten.Bail-in-Bonds, die die Banken laut Vorschlag der Liikanen-Kommission künftig im großen Stil emittieren sollen, zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Eigentümer auch dann an Verlusten beteiligt werden können, wenn eine Bank formal nicht pleite ist. Bisher konnten sich private Gläubiger zurücklehnen, wenn ein Staat eine Bank mit Steuergeldern rettete, um eine systemische Krise zu verhindern. Durch die neue Anleiheform mit Gläubigerbeteiligung sollen im Krisenfall Staatshilfen möglichst ganz vermieden werden.Die Liikanen-Kommission verweist hier auf die hohen Kosten vergangener Bail-outs in der EU. Laut Daten der EU-Kommission wurden von 2008 bis Oktober 2011 Staatshilfen im Volumen von 4,5 Bill. Euro gewährt, wovon der Großteil auf Garantien für Bankverbindlichkeiten sowie auf direkte Kapitalzuschüsse entfiel.Allerdings hat das Konzept der Bail-in-Bonds laut Fitch auch potenzielle Schwächen. So könnte der Markt für die neuen Refinanzierungsinstrumente dünn ausfallen. Die voraussichtlich sehr hohen Zinsen, die die Käufer der Bonds verlangten, könnten zudem Institute mit eher margenarmen, einlagenfinanzierten Geschäftsmodellen vor Probleme stellen. Die Bail-in-Anleihen könnten diese Häuser mehr kosten, als sie im Kreditgeschäft einnehmen. Die betroffenen Banken müssten diese negativen Margen entweder in Kauf nehmen oder aber versuchen, die zusätzlich geforderten Mittel in Form von Eigenkapital statt über Bail-in-Bonds aufzunehmen. Diese Alternative soll den Instituten eingeräumt werden, wie die Liikanen-Gruppe der EU-Kommission empfiehlt.Dass Bail-in-Bonds für die Banken teuer werden könnten, streiten auch Mitglieder der Liikanen-Gruppe nicht ab. Tatsächlich würden dadurch nur die heutigen Marktverzerrungen durch implizite Staatsgarantien ausgeräumt, argumentiert der Wissenschaftler Jan Pieter Krahnen, der deutsche Vertreter in dem Gremium.Die Ratingagentur Moody’s bewertet die Deutsche Bank und zahlreiche andere europäische Großbanken derzeit um drei Stufen höher, als nach ihrer Meinung normalerweise angebracht wäre, weil sie davon ausgeht, dass die Staaten die Institute im Krisenfall stützen würden (siehe Grafik). Laut Krahnen haben Banken dadurch Refinanzierungsvorteile von 1 bis 5 Prozentpunkten.Da die Bail-in-Bonds laut Krahnen in Europa ein Volumen von 1,5 Bill. Euro erreichen könnten, müssten Investoren in großer Zahl gefunden werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Liikanen-Gruppe Banken daran hindern will, derartige Papiere selbst zu kaufen, um neue systemische Verflechtungen zu verhindern. Bislang haben nur wenige Banken in Europa erfolgreich Hybridinstrumente mit Bail-in-Charakter platziert. Bedingte Pflichtwandelanleihen, eine der möglichen Ausgestaltungsformen, haben Credit Suisse, Lloyds Banking Group und die niederländische Rabobank auf den Markt gebracht.