Fondsgebühren im Sinkflug

Anleger agieren kostenbewusster als je zuvor - Morningstar analysiert Entwicklung in Europa seit 2013

Fondsgebühren im Sinkflug

Von Christiane Lang, FrankfurtFondsgebühren sind seit Jahren ein heißes Thema. Verbraucherschützer prangern zu hohe Gebühren an, und viele Aufsichtsbehörden, allen voran die europäische ESMA, haben nach entsprechenden Untersuchungen Verbesserungen eingefordert. Vor allem werden sich die europäischen Anleger zunehmend bewusst, wie wichtig es angesichts niedriger Zinsen und volatiler Aktienmärkte ist, die Kosten eines Investments niedrig zu halten, um die Rendite zu optimieren. In den vergangenen Jahren haben Investoren daher Fonds mit niedrigen Kosten bevorzugt, wie die Analysefirma Morningstar in ihrer aktuellen “European Fee Study” schreibt.Das Wachstum von Indexfonds habe diese Entwicklung beschleunigt. Dort sei der Gebührenwettbewerb unerbittlich, heißt es. Aber auch die aktiven Manager stellten sich zunehmend dem Konditionenwettbewerb. Viele hätten die Gebühren gesenkt, entweder um mit der Konkurrenz mithalten oder ihr Marktanteile abjagen zu können. Hinzu komme, dass in einigen europäischen Ländern wie in Großbritannien und in den Niederlanden Kickbacks verboten und die Vertriebskosten in diesen Ländern aus dem Fondskostenblock herausgefallen seien. Zuverlässiger IndikatorFür Anleger, betont die Ratingagentur, sei die Gebührenhöhe ein zuverlässiger Indikator für künftige Erträge. Kostengünstige Fonds hätten größere Chancen zu überleben und würden teure Produkte in der Regel outperformen.Die Studie untersucht die Entwicklung der Fondsgebühren in Europa von 2013 bis Ende Oktober 2020 bei zehn Aktienfonds- und zwei Rentenfondskategorien. Betrachtet wurden Fondstranchen für Privatanleger und Institutionelle, jedoch keine Fonds für spezielle Beratungsmandate. Die untersuchten Fonds decken 26 % aller Gelder in Langzeitfonds in Europa ab.Wie die Untersuchung ergeben hat, sind die durchschnittlichen laufenden Kosten über alle diese Fondskategorien hinweg seit 2013 vermögensgewichtet um 31 % von 1,01 % auf 0,69 % gesunken. Die einfach gewichteten Durchschnittskosten – das sind die durchschnittlichen Preise, welche die Fondshäuser für ihre Produkte unabhängig von der Größe erheben, – sind dagegen weniger stark gefallen. Sie sind über alle Kategorien um 19 % von 1,45 % auf 1,17 % gesunken. Jedoch haben die Fondshäuser die Fees für passive Produkte im Schnitt prozentual deutlich stärker gesenkt, nämlich um 30 % von 0,46 % auf 0,32 %, die Preise für aktive Fonds dagegen nur um 17 % von durchschnittlich 1,63 % auf 1,35 %.Das zeige, so Morningstar, dass Anleger zunehmend in günstigere Fonds investierten und teurere ignorierten oder sogar verkauften. Und es spiegele gleichzeitig den starken Trend zu ETFs wider.Bei Indexfonds funktioniere der Wettbewerb am besten, heißt es. Vermögensgewichtet sanken die Kosten seit 2013 in dieser Kategorie um 44 % von 0,35 % auf 0,19 %. Bei aktiven Fonds sind die Kosten in den vergangenen knapp acht Jahren deutlich langsamer zurückgegangen, und zwar um 18 % von 1,37 % auf 1,12 %. Der Rückgang der von den Anlegern gezahlten Gebühren für aktive Produkte zeige, dass sie sich zunehmend günstigere aktive Fonds suchten oder in ETFs umschichteten, meint Morningstar. Renten-ETFs erleben BoomBetrachtet man die einzelnen Assetklassen, hielten sich die Kostenrückgänge bei Aktien- und Rentenfonds mit jeweils rund 30 % die Waage. Bis 2017 sind die Kosten für Aktienfonds schneller gefallen als für Rentenfonds. Seit 2017 ist es aber umgekehrt.Grund dafür ist laut Morningstar einerseits das immer schnellere Wachstum der passiven Rentenfonds. Dies sei angesichts des Renditerückgangs an den Rentenmärkten, der die Anleger verstärkt auf Gebühren achten lasse, nicht überraschend.Auf der anderen Seite habe sich der Wettbewerb bei passiven Rentenprodukten kräftig aufgeheizt und zu einem regelrechten “Gebührenkrieg” geführt, schreibt Morningstar. Viele ETF-Anbieter hätten die Preise gesenkt oder sehr günstige Fonds neu lanciert, um die Vorherrschaft von iShares anzugreifen. In der Folge aber habe iShares ebenfalls die Gebühren für mehrere große Anleihe-ETFs gesenkt.Der Ratingagentur zufolge wird der Trend zu sinkenden Gebühren weitergehen: Denn Fonds und Fondstranchen, deren Gebühren im unteren Quartil ihrer jeweiligen Kategorie liegen, generieren demnach durchgängig höhere Nettozuflüsse als teurere Fonds. Und innerhalb des günstigsten Quartils gibt es eine Bewegung von aktiven zu passiven Fonds. So verbuchen der Studie zufolge seit 2019 auch die aktiven Fonds des günstigsten Quartils Nettoabflüsse, während die passiven Produkte Zuflüsse verzeichnen. Sonderfall ESG-FondsEin besonderer Fall sind Fonds, die nach den ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) gemanagt werden. Sie sind der Studie zufolge im Durchschnitt günstiger als konventionelle Fonds. Allerdings gilt das nur für aktive ESG-Fonds. Die untersuchten passiven ESG-Fonds hingegen schlagen stärker zu Buche als herkömmliche ETFs. Grund sei, dass viele passive Nicht-ESG-Fonds in beliebten Kategorien wie U.S. Large Cap Blend Equity extrem niedrige Gebühren verlangten, erläutert Morningstar. So würden etwa für ETFs, die den Standardindex S&P 500 abbilden, laufende Gebühren von lediglich 0,05 % erhoben.Die aber im Schnitt insgesamt günstigeren Kosten für ESG-Fonds dürften Anleger beruhigen, die sich fragen, ob ESG-Produkte teurer und unrentabler sind als Nicht-ESG-Fonds. Studien zeigen seit langem, dass nachhaltige Fonds nicht schlechter abschneiden als herkömmliche. Vor allem in der Coronakrise haben nachhaltige Produkte die konventionelle Konkurrenz outperformt.