Fragenkataloge statt Sandkästen

Der Bankenverband will die Zusammenarbeit von Geldhäusern und Technologiefirmen erleichtern

Fragenkataloge statt Sandkästen

Wenn Banken Fintech-Kooperationen eingehen, um ihren Kunden zusätzliche Dienstleistungen zu bieten, vergehen wegen regulatorischer Bedenken oft Monate bis zur Markteinführung. Um diesen Prozess zu beschleunigen, hat eine Arbeitsgruppe von Banken und Fintech-Firmen eine neue Leitlinie erarbeitet. Von Anna Sleegers, FrankfurtDer Verband der privaten Banken will mit neuen Leitlinien einen Beitrag leisten, um die Zusammenarbeit von Banken und jungen Technologieunternehmen zu beschleunigen. Die Leitlinien seien von einer Arbeitsgruppe erstellt worden, denen Vertreter von je fünf Banken und Fintech-Unternehmen aus dem Mitgliederkreis angehören, sagte Dirk Jäger, Geschäftsführer des Bankenverbands am Mittwoch in Frankfurt.Die von Fintechs angebotenen Apps mit Zusatzdienstleistungen für Privatkunden gewinnen Jäger zufolge angesichts des dauerhaft schwierigen Zinsumfelds für die Banken zunehmend an Bedeutung. Umso ernüchternder sei die Lücke, die klaffe zwischen der aus technischer Sicht erforderlichen Dauer des Anbindungsprozesses und der Zeit, die tatsächlich vergeht, bis ein elektronisches Haushaltsbuch oder andere Angebote in Betrieb genommen werden. “Aus technischer Sicht benötigt der Onboarding-Prozess für einfache API-Schnittstellen im Schnitt etwa sechs Wochen, aus regulatorischer Sicht dagegen zwischen sechs und zwölf Monaten”, so der Experte für Bankenaufsicht.In anderen Ländern gelangen Innovationen nach Einschätzung des Bankenverbands auch dank sogenannter regulatorischer Sandboxes, also Sandkästen für neue Technologien, sehr viel schneller an den Markt. Nicht jeder geht dabei so weit wie der Finanzplatz Singapur, dessen Sandkasten eine Schnellzulassung für Finanztechnologie vorsieht, um Start-up-Firmen anzuziehen.Aber auch in vielen europäischen Finanzzentren wie London oder Stockholm bemühen sich die Aufsichtsbehörden, der Fintech-Branche das Leben leichter zu machen. Die britische FCA erlaubt etwa auch Unternehmen ohne Banklizenz, in einem kontrollierten Umfeld mit lizenzpflichtigen Dienstleistungen zu experimentieren.In Deutschland hat man sich gegen regulatorische Sonderwege für Fintechs entschieden. 2018 schmetterte der Bundesrat das Vorhaben mit dem Verweis auf mögliche Risiken für die Verbraucher ab und begründete dies auch damit, dass für die gesamte Finanzbranche einheitliche Wettbewerbsbedingungen gelten sollten. Diese Entscheidung schützte die Banken vor allzu aggressivem Wettbewerb. Wenn sie neue Anwendungen von Fintechs ohne Banklizenz in ihr Angebot integrieren wollen, stehen sie dafür nun vor neuen Problemen. Da die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) für die Auslagerung von bankspezifischen Dienstleistungen nur grundsätzliche Prinzipien aufstellt und die konkrete Umsetzung den Banken überlässt, herrsche in der Branche große Unsicherheit, sagte Frank Mehlhorn vom Bankenverband. Das Problem: Als Inhaber der Banklizenz bleiben die Banken im Zweifel in der Haftung. Um ihr Risiko zu minimieren, schrieben sie den potenziellen Kooperationspartnern daher lange Anforderungskataloge. Mehlhorn berichtet von Fintech-Unternehmen, die bis zu 700 Fragen beantworten sollten. “Ein junges Unternehmen mit nur ein paar Mitarbeitern und wenig Erfahrung ist damit natürlich maximal überfordert”, sagt er.Abhilfe schaffen soll nun ein von der Arbeitsgruppe entwickeltes Risiko-Reifegradmodell. Es baut auf einem kurzen Fragekatalog auf, der unter anderem die Gewährleistung der Geschäftskontinuität, interne Kontrollen und verschiedene Aspekte der Informationssicherheit beleuchtet. Diese nicht leistungsspezifischen bankaufsichtlichen Aspekte umreißen Mehlhorn zufolge die wesentlichen Anforderungen, die Fintechs in der Zusammenarbeit mit Banken erfüllen müssen.Jede Frage ist mit einer Punktzahl hinterlegt, die im Anschluss nach der bankinternen Bewertung gewichtet wird, um das Projekt in eine Matrix einzuordnen. Wichtig sei, dass das Ergebnis auch dem Fintech-Unternehmen transparent gemacht werde. Auf diese Weise würden sich beide Seiten über die Risiken und Anforderungen einer Kooperation klar, was für eine effiziente Zusammenarbeit wichtig sei, unterstrich Mehlhorn.