Frankfurt als Brexit-Gewinner
Die Banken stellen sich auf eine Konjunktureintrübung und eine lang anhaltende Niedrigzinsphase ein. Derweil sehen sie in den EU-Ausstiegsplänen der Briten zunehmend eine Chance für den hiesigen Finanzplatz. Neun von zehn befragten Managern erwarten, dass im größeren Stil Funktionen an den Main wandern. lee Frankfurt – Während die Politik noch um den EU-Ausstieg Großbritanniens ringt, wächst in den Banken die Überzeugung, dass der Finanzplatz Frankfurt davon profitieren wird. Wie aus dem aktuellen “Bankenbarometer” hervorgeht, für das die Beratungsgesellschaft EY im August dieses Jahres 120 Kreditinstitute in Deutschland befragt hat, erwarten 88 % der Bankmanager, dass der Finanzplatz Deutschland vom Brexit profitiert. In der Vorjahresbefragung waren es nur 79 % gewesen. Ausschlaggebend dafür sei die Verlagerung von Personal und Funktionen von London an den Main, unterstrich Robert Melnyk, Leiter des Bereichs Banken und Kapitalmärkte bei EY. So sei der Anteil der Manager, die dies “im größeren Umfang” erwarten, von 78 % im Vorjahr auf 89 % gestiegen.Für das eigene Institut erwartet die große Mehrheit der Befragten (78 %) indes keine Auswirkungen durch den Brexit – was damit zu erklären sein dürfte, dass es sich beim Gros der teilnehmenden Institute um Genossenschaftsbanken (44 %) und Sparkassen (40 %) handelt. Gleichwohl hat sich auch in dieser Frage die Einschätzung verändert: Vor einem Jahr waren noch 89 % der Befragten der Auffassung, dass sich für ihr Institut nichts ändert. Der Anteil der Befragten, die aufgrund des britischen EU-Ausstiegs mit einer Überprüfung des eigenen Geschäftsmodells rechnen, stieg derweil von 1 % auf 14 %. Beschäftigungssaldo negativDoch die zusätzlichen Stellen der Brexit-Institute allein werden aus der hiesigen Bankenlandschaft keine Wachstumsbranche machen. Wie aus der Befragung hervorgeht, setzt sich vielmehr der Stellenabbau der vergangenen Jahre fort. So erwarteten 22 % der befragten Manager, dass ihr Institut in den kommenden zwölf Monaten Personal abbaut. Das ist doppelt so viel wie in der Vorjahresbefragung, die im April 2018 durchgeführt wurde. Zugleich stieg der Anteil derjenigen, die mit einer Erhöhung des Personalbestands rechnen, von 12 % auf 19 %. Betroffen vom Stellenabbau dürften EY zufolge vor allem die Bereiche mit direkten Kundenkontakt sein.Insgesamt habe sich die Lage im deutschen Bankensektor aufgrund der konjunkturellen Abschwächung und der ausbleibenden Zinswende deutlich eingetrübt, resümiert Melnyk. Im vergangenen Jahr hatten noch 97 % der befragten Manager die aktuelle operative Geschäftsentwicklung ihres Instituts als “eher positiv” (74%) oder “sehr positiv” (23%) eingeschätzt. In der aktuellen Befragung waren es nur noch 83 %, wobei der Anteil der Befragten mit einer “sehr positiven” Einschätzung auf 25 % stieg. Vor diesem Hintergrund rechnet fast jede zweite Bank damit, dass die Kreditvergabepolitik der Banken in den kommenden Monaten restriktiver wird.In der in diesem Jahr erstmals parallel befragten Fintech-Branche ist die Stimmung besser. Hier schätzen 83 % der befragten Manager aus 30 Fintech-Unternehmen die aktuelle Lage “eher positiv” und 17 % sogar “sehr positiv ein”. Vor diesem Hintergrund wollen 70 % der Fintechs ihre Beschäftigtenzahl erhöhen, nur 3 % planen einen Abbau von Stellen. Optimistische FintechsAuch die Zukunftsaussichten schätzen die Fintech-Manager deutlich positiver ein. Während fast ein Viertel der Bankmanager damit rechnet, dass sich das operative Geschäft ihres Instituts in den kommenden zwölf Monaten negativ entwickeln wird, erwarten lediglich 3 % der Fintech-Manager eine “eher negative” Entwicklung. Die Zuversicht der Start-ups fußt auf einer optimistischeren Konjunktureinschätzung. Während 68 % der Manager bei Banken und Sparkassen davon ausgingen, dass sich die Wirtschaftslage in den kommenden zwölf Monaten eintrüben werde, rechneten damit nur 40 % der Fintech-Manager. – Wertberichtigt Seite 6