Freund und Feind attackieren Verbriefungen

TSI-Kongress weiß nicht, was mehr zu fürchten sei, "die Eindämmung früher oder die Förderung jetzt"

Freund und Feind attackieren Verbriefungen

Von Ulli Gericke, BerlinZum zehnten Mal findet der alljährliche TSI-Kongress der True Sale International in diesen Tagen in Berlin statt. In diese Zeit fiel die Weltfinanzkrise, die maßgeblich durch fehlstrukturierte US-amerikanische Immobilienverbriefungen befeuert wurde – was anschließend zu einem regelrechten Regulierungstsunami führte. Umso bedenklicher ist, wenn TSI-Geschäftsführer Hartmut Bechtold bei der Eröffnung des diesjährigen Kongresses unkt, dass er angesichts der aktuellen Brüsseler Diskussionen über den angemessenen Regulierungsrahmen nicht mehr wisse, “was ich mehr fürchten soll, die Eindämmung der vergangenen Jahre oder die Förderung jetzt”. Gleichbehandlung gefordertTatsächlich sind die Pläne des damaligen EU-Finanzmarktkommissars Jonathan Hill zu aufsichtsrechtlich bevorzugten STS-Verbriefungen (simpel, transparent, standardisiert) auch zwölf Monate später noch hoch umstritten. Derzeit gebe es nur wenige Gespräche über mögliche Verbriefungstransaktionen, dafür umso mehr Diskussionen über Regulierungsfragen, hieß es am Vorabend des Kongresses. “Wir brauchen die Verbriefungen für die wirtschaftliche Erholung in Europa”, mahnte Michael Theurer, liberaler Abgeordneter im Europäischen Parlament, wobei er zugleich einräumte, “wer Geschäft will, muss auch ein gewisses Risiko in Kauf nehmen”.Arnd Verleger, Vorstandsmitglied der Santander Consumer Bank, sieht die ganze Diskussion pragmatisch: Sein Haus, das auch in jüngerer Vergangenheit diverse Transaktionen abgewickelt hat, könne mit den aktuellen Rahmenbedingungen leben – “wir würden uns aber freuen, wenn das Ganze weniger aufwendig wäre”. Etwas befremdlich erscheint ihm allerdings das Handeln der EZB. Während die Zentralbank bei ihm im Haus den Eindruck hinterlasse, keine synthetischen Verbriefungen zu mögen, sei der Mutterkonzern in Spanien nur mit Syntheten unterwegs – und der wird bekanntlich auch von der EZB beaufsichtigt.Aus Sicht der Investoren bemängelte Detlef Scholz, Head of Europe bei DBRS Rating, dass Verbriefungen von längerlaufenden Häuslebauerkrediten oder Infrastrukturdarlehen durch die Regulierung teurer würden, als es ein Portfolio mit direkt vergebenen Häuserkrediten wäre – das freilich in einer erneuten Krisensituation schneller illiquide werde. Mit Transparenz oder Sicherheit, wie es STS erfordere, habe dies nichts zu tun, kritisiert Scholz, der eine Gleichbehandlung privater mit öffentlichen Krediten forderte. Derivate-Regulierung fehlt”Wir müssen aufpassen, dass wir die Regulierungsschraube nicht überdrehen”, mahnt Theurer, der befürchtet, dass der Markt bei einer zu strikten Regulierung ins außereuropäische Ausland ausweicht. Ähnlich argumentiert der parlamentarische Finanzstaatssekretär Michael Meister, wenn er eine gleich strenge Aufsicht dies- und jenseits der europäischen Grenzen genauso als noch unerledigt klassifiziert wie die Frage, wie Derivate in den Griff zu bekommen seien. Bankenpräsident Michael Kemmer ritt derweil eine heftige Attacke gegen Basel IV. Diese geplanten neuen Regularien seien eine “hochgefährliche Geschichte” und eine “Bedrohung” speziell für deutsche Banken.Unabhängig von den aktuellen Diskussionen um STS-Verbriefungen zeigte sich der Praktiker Verleger überrascht, wie groß das Interesse von Investoren selbst bei riskanten Verbriefungen ist. Dabei habe es sich bei den Zeichnern allerdings nicht um regulierte Versicherungen gehandelt, sondern um Hedgefonds. “Der Yield stimmte – wir waren mit dem Ergebnis sehr zufrieden.” Selbst Fintechs verbriefenDoch nicht nur herkömmliche Banken sind mit Verbriefungen auf dem Markt, sondern inzwischen auch Fintechs. Das Start-up Kreditech etwa emittierte eine erste Transaktion2014, erinnerte CFO René Griemens, wobei die Investoren amerikanische Hedgefonds gewesen seien. Kreditech finanziert in fünf Ländern außerhalb Deutschland Mitbürger, die ansonsten nur eingeschränkten oder gar keinen Zugang zu Krediten hätten. Dabei setzen die Hamburger auf eine selbstlernende Scoring-Software, die auch Daten aus sozialen Netzwerken verarbeitet. “Der Track Record zeigt, dass das funktioniert.”